WAS KOSTET DER MINDESTLOHN?

In einer Modellrechnung des Arbeitsministeriums werden für 2015 die zusätzlichen Lohnkosten inklusive Sozialbeiträgen auf 9,6 Milliarden Euro beziffert. Dabei wurde von Lohnerhöhungen für 3,7 Millionen Beschäftigte ausgegangen. Das wäre deutlich weniger als ein Prozent der Summe aller Arbeitnehmerentgelte in Höhe von über 1400 Milliarden Euro.



KOSTET DER MINDESTLOHN AUCH JOBS?

Darüber streiten die Wissenschaftler. Der Wirtschafts-Professor Enzo Weber vom Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit sagte Reuters, die Effekte auf die Beschäftigung seien schwer absehbar: "Der Mindestlohn erhöht die Kosten der Arbeitgeber, kann aber auch positive Auswirkungen auf Stellenbesetzungen und Jobstabilität haben. Es besteht sicherlich das Risiko, dass die Beschäftigungszuwächse gedämpft werden. Bisher nehme ich aber keine größeren Wirkungen auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit wahr." Generell wird für den Arbeitsmarkt 2015 mit einer Zunahme der Beschäftigung gerechnet.



WIE HOCH IST DER BÜROKRATISCHE AUFWAND?

Für neun Branchen, die als anfällig für Schwarzarbeit gelten, greifen strengere Vorschriften. Sie müssen Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit für mindestens zwei Jahre aufzeichnen. Wenn es Arbeitszeitkonten gibt, kann der Mindestlohn über einen Zeitraum von zwölf Monaten verteilt werden. Bei den Arbeitgeberverbänden sind auch Fragen zur Bezahlung von Praktikanten "ein gewaltiger Dauerbrenner".



FÜR WEN GILT DER MINDESTLOHN?

Die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro gilt für alle - mit einigen Ausnahmen. Minderjährige, Lehrlinge und die meisten Praktikanten sind davon ebenso ausgenommen wie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung. Auch für 450-Euro-Jobs greift der Mindestlohn. Für Minijobber außerhalb von Privathaushalten muss daher die Arbeitszeit erfasst werden.

- Praktika: Für Pflichtpraktika im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium gibt es keinen Mindestlohn. Andere Praktika, die länger als drei Monate dauern, fallen vom ersten Arbeitstag an in der Regel unter den Mindestlohn.

- Zeitungsausträger dürfen für drei Jahre bis Ende 2017 innerhalb fester Grenzen schlechter bezahlt werden. 2015 müssen sie auf mindestens 6,38 Euro pro Stunde kommen.

- Branchentarifverträge: Sechs Branchen mit weit über einer Million Beschäftigten mit tariflich vereinbarten Mindestlöhnen machen von einer Übergangsregelung Gebrauch. Der gesetzliche Mindestlohn darf bis Ende 2017 auf der Grundlage allgemeingültiger Branchenmindestlöhne unterschritten werden. Dies nutzen Fleischindustrie, Leiharbeit, Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau, Textil- und Bekleidungsindustrie, Friseurhandwerk, Großwäschereien.



WANN STEIGT DER MINDESTLOHN?

Der Mindestlohn soll erstmals 2017 angepasst werden und dann alle zwei Jahre steigen. Festgelegt wird er von einer Mindestlohnkommission, die erstmals 2016 über die Erhöhung im Folgejahr entscheidet. Die Kommission setzt sich je zur Hälfte aus Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber zusammen. Vorsitzender ist der frühere Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau (SPD). Seine Stimme kann den Ausschlag geben.



SPART DER STAAT SOZIALAUSGABEN?

Das lässt sich schwer sagen. Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit hat bereits 2013 mit Hilfe einer Simulation die fiskalischen Effekte eines Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro beziffert. Die Hartz-IV-Ausgaben könnten demnach um 400 Millionen Euro bis zu einer Milliarde Euro geringer ausfallen, weil ein kleiner Teil der rund 1,3 Millionen erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher mehr Geld verdient. Die Simulationsrechnung kam zudem auf Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer und den Sozialbeiträgen von 2,5 Milliarden Euro.

Reuters