Keine Einstellung des Verfahrens, keine Bewährungsstrafe, sondern Haft - wenn der Richterspruch die nächste Instanz übersteht. Hoeneß' Anwälte kündigten nach dem Urteil am Donnerstag umgehend Revision beim Bundesgerichtshof an. Mit dem Strafmaß blieb das Gericht allerdings deutlich hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück, die den FC-Bayern-Präsidenten fünfeinhalbjahre hinter Gitter bringen wollte. Staatsanwalt Achim von Engel sah angesichts der Summe von gut 27 Millionen Euro Steuern einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung.

Richter Rupert Heindl verhängte zwar eine Haftstrafe ohne Bewährung, einen schweren Fall wollte er allerdings nicht sehen. Zumal Hoeneß alles eingeräumt habe und sich im Grunde doch selbst verraten habe. Allerdings seien die ersten Angaben über seine Steuerschulden so lückenhaft gewesen, dass sie nicht für eine Strafverschonung reichten. "Nur mit den vorgelegten Unterlagen hat keine wirksame Selbstanzeige erstellt werden können", erklärte Heindl. Für den Schnellschuss trage Hoeneß selbst die Verantwortung, nachdem er von Recherchen eines Reporters aufgestöbert worden war. "Nachdem sie unter Druck standen, ist das ein Risiko, dass man halt eingeht", sagte der Richter.

Andere Finanzbehörden wären vielleicht nicht so streng mit Hoeneß Offenlegung umgegangen. Allerdings sei klar, dass er die Steuerhinterziehung vorsätzlich begangen hat und sich damit ins Unrecht begeben habe. "Und es gilt der Grundsatz: Es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht", mahnte der Richter.

RICHTER MOKIERT SICH ÜBER JURISTEN UND PRESSE

Hoeneß musste zuvor aber einige Minuten auf die Begründung für seine Haftstrafe warten, da sich Heindl zunächst ausführlich über die Berichterstattung der Medien und die Kommentare von Juristen über seine Kammer und den Prozess beklagte. Dass Zeitungen normale Bürger mit ihrer Meinung zu dem Verfahren zu Wort kommen ließen, empfand der Richter als skandalös, da die Befragte nicht juristisch gebildet seien.

Hoeneß selbst bleibt bis auf weiteres auf freiem Fuß, er darf auch zu Spielen seines Vereins ins Ausland reisen. Sollte allerdings die nächste Instanz das Urteil bestätigen, muss er in die JVA Landsberg am Lech einrücken. Sein Anwalt Hanns Feigen kündigte an, dass Hoeneß seine ausstehende Steuerschuld von gut 28 Millionen Euro inklusive Solidaristätszuschlag "unter Aufbietung aller Kräfte". In der nächsten Instanz will Feigen aber dafür kämpfen, dass Hoeneß' Selbstanzeige wirksam werde.

POLITIK LOBT JUSTIZ

Der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG, dessen Vorsitzender der frühere Fußballprofi ist, kam nach dem Urteil zu Beratungen zusammen. Das Ergebnis der Gespräche, an denen auch prominente Mitglieder wie Audi-Chef Rupert Stadler, Adidas-Chef Herbert Hainer und auch Volkswagen-Boss Martin Winterkorn teilnehmen, werde aber nicht mehr am Donnerstag veröffentlicht. Vor dem Münchner Justizpalast protestieren mehrere Dutzend Bayern-Fans gegen das Urteil. Noch lange nach dem Urteil sammelten sich hunderte Neugierige vor dem Justizpalast in der Münchner Innenstadt.

Aus der Politik fand das Urteil Zustimmung. Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner äußert sich über den Richterspruch zufrieden. "Das Urteil aus München wirkt gerecht, weil es um erhebliche Kriminalität gegen das Gemeinwesen geht und Tat nicht strittig ist", erklärt er auf Twitter. Die grüne Bundestagsabgeordnete Renate Künast twitterte: "Haftstrafe ohne Bewährung war unausweichlich. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Das Gericht hat seine Aufgabe im Rechtsstaat erfüllt."

Eine Sprecherin des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums sagte, von Frühjahr 2010 bis Ende Februar 2014 seien allein in dem Bundesland Mehreinnahmen für den Fiskus durch Selbstanzeigen von rund einer Milliarde Euro eingegangen. Der Fall Hoeneß hat die Debatte über den Umgang mit prominenten Steuersündern befeuert. Die Selbstanzeige wird öfter genutzt, um einer Strafverfolgung zu entgehen.

Reuters