Wer mit physischem Gold hinterlegte Wertpapiere im Depot hat, kann Kursgewinne nach zwei neuen BFH-Entscheidungen nun steuerfrei realisieren. Von Stefan Rullkötter

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 2. September zwei für alle Goldanleger wichtige Grundsatzurteile veröffentlicht. Kursgewinne aus Xetra-Gold-Investments sind nach Ablauf eines Jahres zwischen dem Kauf und Verkauf oder der Einlösung dieser Wertpapiere steuerfrei (Az. VIII R 4/15 und VIII R 35/14). Die von der Deutschen Börse emittierten Inhaberschuldverschreibungen (ISIN: DE000A0S9GB0) gewähren dem Inhaber neben der Börsenhandelbarkeit das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold pro Stück - unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen. Der Clou: Um den Lieferanspruch bei Xetra-Gold jederzeit abzusichern, hat der Emittent seine Inhaberschuldverschreibung durch physisch eingelagertes Gold zu mindestens 95 Prozent gedeckt.

Der BFH bestätigte mit den Entscheidungen die erstinstanzlichen Urteile mehrerer Finanzgerichte. "Diese Inhaberschuldverschreibungen verbriefen keine Kapitalforderung, sondern einen Anspruch auf eine Sachleistung", befanden die obersten Finanzrichter. Die Kursgewinne aus den mit Gold hinterlegten Wertpapieren seien daher nach einem Jahr Mindesthaltedauer ebenso steuerfrei wie Verkaufsgewinne aus physischen Goldanlagen wie Barren oder Münzen.

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Finanzrichter contra Schäuble



"Die Finanzverwaltung muss sich jetzt neu positionieren, weil diese Urteile im Widerspruch zu einem Erlass des Bundesfinanzministeriums stehen", sagt Rechtsanwalt Christian Fischler von KPMG Frankfurt am Main. Der Fiskus unterstellt bisher pauschal für alle Goldzertifikate und Schuldverschreibungen (ETCs), deren Wertentwicklung an den Goldpreis gekoppelt ist, dass eine "Kapitalforderung" besteht. Seit 2009 müssen alle Depotbanken daher auch auf Kursgewinne aus Wertpapieren, die einen physischen Liefer-anspruch verbriefen, 25 Prozent Abgeltungsteuer abführen (BMF-Schreiben, Az. IV C 1 - S 2252/10/ 10013, Randziffer 57).

Nicht auszuschließen ist aus diesem Grund ein "Nichtanwendungserlass", der die neuen Urteile zu Einzelfallentscheidungen abstuft. Andere Betroffene müssten dann selbst klagen. Direkt davon profitieren aber alle Xetra-Gold-Anleger, deren Steuerveranlagung noch offen ist und die sich in Steuererklärungen oder in Einspruchsverfahren auf die BFH-Musterprozesse berufen haben, um eine Steuererstattung zu erreichen.

Die neue Rechtsprechung kann jedoch auch nachteilig sein. "Wurden Kursgewinne mit Xetra-Gold innerhalb eines Jahres erzielt, ist die 25-prozentige Abgeltungsteuer oft niedriger als der persönliche Steuersatz, der auf Basis der Urteile zur Anwendung käme", warnt Fischler. Außerhalb von zwölf Monaten realisierte Goldverluste wären sogar steuerlich wertlos.