Sogar das Bundesfinanzministerium hat Verständnis: "Vielfach als lästig" empfänden die Bürger die jährliche Steuererklärung, schreiben die Ministerialen nicht ohne ein Quäntchen Selbstkritik. Doch große Hoffnung, dass sich das mit dem am 18. Juni vom Bundesrat verabschiedeten Steuermodernisierungsgesetz ändern könnte, verbreiten sie nicht: Der Austausch mit dem Finanzamt lasse sich wohl "nicht in ein positiv besetztes ,Steuerzahlererlebnis‘ verwandeln". Immerhin soll die Steuererklärung ab 2018 weniger lästig werden, wenn schon eine materielle Steuerreform (also eine Änderung der konkreten Steuersätze) oder gar eine Steuervereinfachung frühestens nach der Bundestagswahl 2017 angefasst wird.

Freund Computer soll nun bewirken, dass die Steuererklärung einfacher und schneller klappt. Weniger Belege vorlegen, mehr vollelektronisch erstellte Steuerbescheide, so lautet die Maxime der Finanzverwaltung. Mittels noch ausgeklügelterer Risikomanagementsysteme sollen verdächtige Steuererklärungen aussortiert werden, die dann genauer gecheckt werden. Und Bürger sollen dem Fiskus bereits vorliegende Steuerdaten leichter durchwinken können. Auch künftig besteht noch keine Pflicht für alle, die Steuererklärung elektronisch über das Internetportal www.elster-online.de abzugeben.

Nach Meinung von Experten birgt das Gesetz für die Steuerbürger da- her einige Vorteile, aber auch einige Haken - und leider keine durchgreifende Vereinfachung. Ein ganz klares Plus sind die verlängerten Abgabefristen. Sie greifen erstmals für den Veranlagungszeitraum 2018. Wer seine Steuererklärung selbst macht, muss sie künftig nicht mehr schon Ende Mai, sondern erst Ende Juli abgeben. Wer dagegen einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein zurate zieht, braucht künftig sogar erst Ende Februar des zweiten Folgejahres abzugeben. Im Fall der Erklärung für 2018 wäre das also erst Ende Februar 2020.

Zwar kann die längere Frist durch vorherige Anforderungen der Finanzämter in Einzelfällen ausgehebelt werden. Doch kann andererseits ein begründeter Antrag auf Verlängerung gestellt werden, der 28. beziehungsweise 29. Februar ist nicht in Stein gemeißelt. Weiterhin gilt natürlich: Wer auf eine Steuererstattung hofft, ist gut beraten, so schnell wie möglich seine Abrechnung zu machen, dann fließt das Geld früher.

Auch wichtig: Künftig wollen die Finanzbeamten weniger Belege sehen als bislang. Spendenquittungen oder Nachweise zu Kapitalerträgen müssen nicht mehr mitgeschickt werden. Es reicht, wenn der Steuerbürger sie für Nachfragen des Fiskus parat hat. Diese Nachfragen sollen "risikoorientiert" erfolgen, wie es so schön heißt.

Steuerberater sehen das mit gemischten Gefühlen. Denn wenn der Steuerpflichtige dann auf Anforderung nichts vorlegen kann, bekommt er die entsprechenden Ausgaben wohl nicht anerkannt. Schon heute kann das Finanzamt Steuerbescheide ändern, wenn nachträglich sogenannte "neue Tatsachen" bekannt werden und sich die Steuer deshalb erhöht.

Hat man derzeit als Steuerzahler einen Beleg eingereicht, den der Fiskus aber nicht zur Kenntnis genommen hat, gilt das aktuell nicht als neue Tatsache - und das ist gut für Steuerzahler. "Je weniger Belege der Fiskus von vornherein vorliegen hat, desto höher ist die Gefahr solcher neuen Tatsachen, sodass der Fiskus dann den Bescheid ändern kann", warnt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine. Ratsam ist es, Belege so lange aufzubewahren, bis der Steuerbescheid bestandskräftig wird. Vorsichtige warten länger mit dem Wegwerfen.

Automatische Strafen



Wer trotz der verlängerten Fristen schludert, dem drohen künftig automatisch erstellte Zuschläge. Sie betragen 0,25 Prozent der Steuerschuld, mindestens 25 Euro pro Monat. Dies greift aber nicht bei Steuererstattungen oder wenn keine Steuer zu zahlen ist. Automatische Strafen riskieren nur Bürger, die ihre Erklärung nicht selbst anfertigen, also dies mithilfe von Steuerberatern oder Lohnsteuerhilfevereinen tun. Bei allen anderen Steuerzahlern bleibt es dabei, dass der Fiskus nach Ermessen Zuschläge erheben kann.