Wer mit physischem Gold hinterlegte Wertpapiere im Depot hat, kann Kursgewinne nach einem Jahr Haltedauer abgabenfrei kassieren. Doch in den Produktdetails lauern Steuerfallen. Von Stefan Rullkötter

Es schien für Anleger ein Sieg auf ganzer Linie zu sein. Im September 2015 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) zwei Grundsatzurteile in Sachen Goldanleihen verkündet. Danach sind Kursgewinne mit Xetra-Gold, eine von der Deutsche Börse Commodities emittierte Inhaberschuldverschreibung, nach Ablauf eines Jahres zwischen Kauf und Verkauf oder Einlösung der Wertpapiere steuerfrei (Az. VIII R 4/15 und VIII R 35/14). Die obersten Finanzrichter setzten das Papier börsengehandelten Rohstoffen, den sogenannten Exchange Traded Commodities (ETCs), gleich.

Damit beseitigte der BFH ein Jahre andauerndes Ärgernis für Investoren: Seit 2009 mussten Depotbanken auf Anweisung der Finanzverwaltung mit Xetra-Gold realisierte Kursgewinne mit 25 Prozent Abgeltungsteuer belegen. Anleger, deren Steuerveranlagungen noch offen waren, und jene, die Einspruch eingelegt hatten, jubelten, da sie die Abgaben vom Fiskus zurückfordern konnten.

Vier Monate später ist die anfängliche Euphorie über die Gerichtsentscheidungen der Verunsicherung gewichen. "Die Urteile sind nicht ohne Weiteres auf andere Goldanleihen übertragbar", sagt Rechtsanwalt Christian Fischler von KPMG Frankfurt am Main.

Die Ursache ist in der Begründung der Richtersprüche zu finden: Xetra-Gold wird steuerlich wie Goldbarren und -münzen behandelt, weil Anlegern neben der Börsenhandelbarkeit das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold pro Stück zusteht - unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen. Eine Auszahlung in bar, also eine Geldleistung, ist bei Xetra-Gold dagegen nicht vorgesehen.

Um den Lieferanspruch bei der in Deutschland am weitesten verbreiteten Goldanleihe jederzeit abzusichern, garantiert der Emittent Deutsche Börse zudem, seine Inhaberschuldverschreibung durch physisch eingelagertes Gold mit mindestens 95 Prozent abzudecken. Derzeit sind Xetra-Gold-Anteile im Börsenwert von rund zwei Milliarden Euro im Umlauf. Das entspricht rund 59 Tonnen Gold, das in physischer Form vorgehalten wird.

Von dem möglichen Tausch machen tatsächlich nur wenige Anleger Gebrauch. Seit dem Start von Xetra-Gold vor acht Jahren wurden lediglich rund vier Tonnen Gold ausgeliefert. Das entspricht rund sieben Prozent der im Umlauf befindlichen Xetra-Gold-Anteile.

Andere an der Börse gehandelte ETCs oder Zertifikate, deren Notiz an die Entwicklung des Goldpreises gekoppelt ist, weisen dagegen zum Teil andere Merkmale als Xetra-Gold auf. "Es muss deshalb jeweils produktbezogen geprüft werden, inwieweit die neue BFH-Rechtsprechung tatsächlich übertragbar ist", sagt Steuerexperte Fischler. Beispielsweise gibt es bei -Euwax-Gold eine Auslieferungsmöglichkeit erst ab 100 Gramm beziehungsweise einem Vielfachen davon. Eine rechtliche Transformation der BFH-Urteile auf dieses Produkt scheint somit nicht ohne Weiteres möglich.

Auch ausländische Investments wie ETFS Physical Gold und Gold Bullion Securities bieten zwar einen physischen Lieferanspruch. Eine nahezu vollständige Goldabsicherung über Lagerbestände wird aber nicht erreicht. Abzuwarten bleibt, ob die Finanzämter Gewinne aus diesen Goldanleihen als steuerfrei anerkennen werden.

"Die Finanzverwaltung muss sich jetzt neu positionieren", fordert Rechtsanwalt Fischler. Wünschenswert wäre ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu Goldanleihen, in dem Anforderungen an Lieferansprüche und Vorratshaltung des Edelmetalls exakt definiert werden, um sie mit physischen Goldanlagen gleichzusetzen.

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Steuernachteile nicht übersehen



Zudem sollten Xetra-Gold-Anleger beachten, dass die neue Rechtsprechung nicht in jeder Konstellation positiv ist: Kursgewinne, die innerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist realisiert werden, unterliegen nun nicht mehr der Abgeltungsteuer mit 25 Prozent, sondern dem persönlichen Steuersatz, der in vielen Fällen höher sein dürfte.

Noch gravierender in Zeiten fallender Goldpreise: Verluste, die außerhalb der zwölfmonatigen Spekulationsfrist zwischen Kauf und Verkauf realisiert werden, sind nun steuerlich unbeachtlich. In einer jahrelangen Goldbaisse sind Anleger so gezwungen, ihre Anteile regelmäßig zu veräußern, um den Verrechnungsanspruch nicht zu verlieren. Zudem sind auch steuerrelevante Verluste innerhalb der Jahresfrist nur noch beschränkt verrechenbar - etwa mit Verlusten aus vermieteten Immobilien innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist.