Das Geschäftsmodell der Bausparkassenbranche wankt. Als erstes Institut benötigt die LBS West Hilfe der Eigentümer. Von Wolfgang Ehrensberger und Simone Gröneweg

Die Niedrigzinspolitik der EZB setzt das Geschäftsmodell der Bausparkassen immer stärker unter Druck. Mit der Westdeutschen Landesbausparkasse (LBS West) muss Medienberichten zufolge jetzt erstmals ein Institut von seinen Eigentümern, den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen (NRW), mit Kapital unterstützt werden. Noch vor Weihnachten wollen die beiden Sparkassenverbände in NRW demnach über eine Kapitalerhöhung von 300 Millionen Euro entscheiden. Damit soll sichergestellt werden, dass die LBS West auch künftig die strengeren Kapitalanforderungen der Aufsicht erfüllen kann.

Zwar wird der Vorgang in der Branche noch als Einzelfall und als Spätfolge des Zerfalls der West LB dargestellt, zu der die LBS West ursprünglich gehörte. Der habe es gerade der LBS West erschwert, Kapitalpuffer rechtzeitig zu bilden. Dennoch kämpfen die Bausparkassen seit Längerem an mehreren Fronten gegen den wachsenden Ertragsdruck durch die Niedrigzinsen. So versuchen zahlreiche Anbieter, Kunden mit hoch ver-zinsten Altverträgen loszuwerden. Mehr als 200 000 zuteilungsreife Verträge sollen bereits gekündigt sein. Einige Sparer wehren sich dagegen, sodass etwa 1000 Gerichtsverfahren laufen. Wer Recht hat, wird am Ende wohl ein Urteil des Bundesgerichtshofs klären müssen.

Experten wie Achim Tiffe halten das Geschäftsmodell der Bausparkassen für überholt. Baufinanzierungen würden auch ohne sie funktionieren, sagte der Rechtsanwalt und Sachverständige des Finanzausschusses beim Deutschen Bundestag zu €uro am Sonntag. "Die Idee, über lange Jahre gezielt für eine Immobilie zu sparen, passt nicht mehr in die heutige Zeit." Entscheidungen zum Immobilienkauf würden viel spontaner gefasst. Die Leute wollten in dieser Situation ein Darlehen abbezahlen und kein Geld in einem Bausparvertrag ansparen.

Institute verschlafen Trend



Zudem hätten die Institute auf die Niedrigzinsphase viel früher reagieren müssen, hätten Verträge und Zinsen früher anpassen müssen, sagt Tiffe. Wobei er nicht davon ausgeht, dass es den Bausparkassen extrem schlecht geht. "Wäre das der Fall, hätte die Aufsichtsbehörde schon eingegriffen und Vertragsanpassungen verlangt", erklärt er.

Darauf verweist auch der Verband der privaten Bausparkassen: "Die Nullzinspolitik der EZB drückt zweifellos die Erträge", so Verbandschef Andreas Zehnder. Von einer Notsituation könne aber keine Rede sein. Die größte Herausforderung stelle ein Szenario mit lang anhaltenden, extrem niedrigen Zinsen dar. "Es geht darum, erst gar nicht in eine kritische Situation zu geraten", betont Zehnder.

Laut Ivonn Kappel von der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen seien individuelle Lösungen nötig: So fusionierten derzeit die Landesbausparkassen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur größten LBS in Deutschland. Die LBS Bayern spart mit Stellenabbau. Auf Kostensenkung setzt auch Schwäbisch Hall, die größte der privaten Bausparkassen. Auf eine Kapitalzufuhr des Eigentümers DZ Bank sei man nicht angewiesen, sagte ein Sprecher.

Hilfe kommt unterdessen von der Politik. Nach einem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen Bauherren künftig bei Bausparkassen mehr gewöhnliche Baudarlehen erhalten, aber dann auch mit Mitteln aus dem kollektiven Spartopf. Weitere Neuerung: Waren für Bausparkassen bislang Aktien- und Spekulationsgeschäfte tabu, soll künftig die zulässige Aktienquote bei bis zu fünf Prozent der Zuteilungsmasse liegen.