Schlimmer kann es nicht kommen, dachte Alexandros Vougiouklakis, aber er täuschte sich. Sechs Jahre Rezession hat der Besitzer des Auto-Verwerters Antymet im Nordwesten von Athen durchgehalten. Dann schloss die Regierung am Montag die Banken. "Die Telefone haben seither aufgehört zu klingeln", sagt Vougiouklakis. "Wir sitzen im Büro herum und wissen nicht mehr, was wir tun sollen. Einen tieferen Einbruch unserer Geschäfte hätte es nicht geben können."

Nur noch 60 Euro täglich dürfen die Griechen seit Wochenbeginn an den Geldautomaten abheben - zu wenig, um größere Ausgaben zu stemmen. Das ganze Land hält vor dem für Sonntag angesetzten Referendum über neue Sparmaßnahmen den Atem an. Stimmt die Mehrheit dagegen, droht Griechenland der Abschied vom Euro, warnen Ökonomen und europäische Politiker. Ohne Reformen wollen die internationalen Gläubiger dem Land kein neues Geld geben. Eine Staatspleite wäre unausweichlich.

Auf Seite 2: "NÄCHSTE WOCHE WERDEN SICH DIE PROBLEME VERVIELFACHEN"





"NÄCHSTE WOCHE WERDEN SICH DIE PROBLEME VERVIELFACHEN"



"Diese Woche ist die Situation noch zu bewältigen", sagt der Chef des Unternehmerverbandes ESEE, Vassilis Korkidis. "Aber nächste Woche werden sich die Probleme vervielfachen." Er listet die Schwierigkeiten auf, die vor allem kleine und mittelständische Unternehmen treffen. So haben diese haben keinen Zugang zum elektronischen Zahlungsverkehr, was vor allem Importeure lähmt. Diese können noch nicht einmal Lkw bestellen, die Waren ins Land transportieren, da diese auf der Rückfahrt leer bleiben würden und die Spediteure solche unrentablen Fahrten vermeiden wollen. Vorabzahlungen an Lieferanten sind kaum zu machen. Beim Zoll stauen sich die Waren wegen nicht bezahlter Gebühren. Die griechischen Exporteure wiederum bekommen keine Kreditgarantien von ihren Banken. Selbst wenn Unternehmen bei Kasse sind, können sie ihre Lieferungen nicht bezahlen, da die Banken das Geld wegen der Kapitalkontrollen nicht ins Ausland überweisen dürfen.

Dabei sind die kleinen und mittelständischen Firmen das Rückgrat der griechischen Wirtschaft: Sie stellen mehr als 86 Prozent aller Arbeitsplätze - in einem Land, in dem jeder Vierte keinen Job hat. Mehr als die Hälfte dieser Betriebe kann die Mitarbeiter nicht mehr pünktlich bezahlen.

Auf Seite 3: KEIN VERTRAUEN - KEIN GESCHÄFT





KEIN VERTRAUEN - KEIN GESCHÄFT



Viele Griechen befürchten inzwischen, dass es noch schlimmer kommt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die griechischen Geldhäuser mit Notkrediten am Leben, will die Summe aber nicht erhöhen. Deshalb ist schon davon die Rede, dass die täglichen Abhebungen von 60 auf 20 Euro reduziert werden könnten. Im Land herrscht Hochsommer, jedoch: "Die Wirtschaft friert ein", sagt Gerald Knaus, der das Forschungsinstitut European Stability Initiative gegründet hat, das auf Südosteuropa spezialisiert ist. "Ohne Vertrauen im Bankensektor, ohne Gefühl dafür, wo Griechenland in zwei Monaten stehen wird, wird nicht investiert, nicht geliehen, nicht gekauft", warnt der Experte.

Auch die größte Tageszeitung des Landes spürt die Folgen unmittelbar. "Die Zeitung, die Sie in Ihren Händen halten, zählt nur 32 Seiten, denn das Papierlager hält nur noch wenige Tage vor - und es wird nicht möglich sein, wegen der geschlossenen Banken neues Papier zu bekommen", schrieb "Ta Nea" in ihrer Mittwochausgabe.

Der Unternehmer Vougiouklakis befürchtet bereits, seine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen zu können. "Solange das Geld reicht, werde ich das tun", sagt der Besitzer der Auto-Recycling-Firma. "In unserem Fall dürfte es nicht länger als einen Monat reichen."

Reuters