Bei den Geldgebern muss sich Tsipras auf harte Bandagen gefasst machen. Sie sind nicht bereit, dringend benötigte weitere Milliarden bedingungslos nach Athen zu überweisen. Einen Schuldenerlass lehnen sie ab. Der Euro fiel nach der überraschend klar ausgegangenen Wahl am Sonntag zeitweise auf den tiefsten Stand seit elf Jahren.

Der Vorsitzende der Rechtspopulisten, Pannos Kammenos, sagte nach einem Treffen mit Tsipras, es sei eine Grundsatzeinigung erzielt worden: "Ab jetzt hat das Land eine neue Regierung." Tsipras werde noch im Laufe des Tages als Ministerpräsident vereidigt. Die "Unabhängigen Griechen" hatten es mit 4,6 Prozent ins Parlament geschafft. Die nationalistische Partei macht sich für ein hartes Vorgehen gegen die illegale Einwanderung stark und fordert unter anderem von Deutschland Reparationszahlungen.

In der Wahlnacht hatte der 40-Jährige Tsipras den Griechen ein Ende des "zerstörerischen Sparkurses" versprochen: "Das Mandat des griechischen Volks schließt ohne Zweifel den Teufelskreis des Sparens." Die neue Regierung werde nun eigene Reformpläne vorlegen, wolle aber mit den Geldgebern an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. Ein Streit solle verhindert werden.

Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen war Syriza auf 36,3 Prozent gekommen. Mit 149 der 300 Sitze verfehlte sie die absolute Mehrheit aber um zwei Mandate. Die konservative Nea Dimokratia des bisherigen Regierungschefs Antonis Samaras lag mit 27,8 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft wurde die neo-faschistische "Goldene Morgenröte" mit 6,2 Prozent. Griechenland wird seit 2010 von den Euro-Partnern und dem IWF mit insgesamt 240 Milliarden Euro vor der Staatspleite bewahrt. Mit über 175 Prozent des BIP ist die Verschuldung des Landes die zweithöchste nach Japan. Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 26 Prozent; von den Jugendlichen ist sogar jeder zweite ohne Job.

Deutschland steht für gut 50 Milliarden Euro der Kredite an Griechenland aus zwei Hilfspaketen seit 2010 gerade. Neben dem Euro-Rettungsfonds EFSF ist der IWF der größte Gläubiger, zudem hält die Europäische Zentralbank Hellas-Bonds in der Bilanz. Das Land muss im ersten Quartal gut vier Milliarden Euro an Krediten zurückzahlen - davon fast drei Milliarden Euro an den IWF. Zudem fehlt bislang eine Einigung mit der Geldgeber-"Troika" für die Auszahlung weiterer sieben Milliarden Euro an Hilfskrediten.

Die Bundesregierung pocht auf die Umsetzung der verabredeten Reformen. "Es ist aus unserer Sicht richtig, dass die neue Regierung Maßnahmen ergreift, damit die wirtschaftliche Erholung Griechenlands voranschreitet", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Es gehört auch dazu, dass die von Griechenland eingegangen Verpflichtungen eingehalten werden und dass die neue Regierung an die Reformerfolge anknüpft." Griechenland habe in den vergangenen Jahren beachtliche Reformerfolge erzielt.

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KEINE KOMPROMISS-SIGNALE AUS BERLIN UND BRÜSSEL

Finanziell kann das Land, das sich wegen zu hoher Zinsen nicht am Kapitalmarkt verschulden kann, aus Sicht der EU-Kommission noch nicht alleine laufen. "Es braucht ein neues Paket", sagte EU-Kommissar Günther Oettinger. Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, sagte dem Deutschlandfunk, mit weitreichenden Zugeständnissen der Gläubiger könne Tsipras nicht rechnen, ein Forderungsverzicht sei unrealistisch. Der Chef-Haushälter der Unions-Fraktion, Norbert Barthle, sagte Reuters: "Einen weiteren Schuldenschnitt wird es mit uns nicht geben."

Der IWF lehnt einen Schuldenerlass grundsätzlich ab. Seine Chefin Christine Lagarde sagte der Zeitung "Le Monde", es könne keine Sondervereinbarungen für einzelne Länder geben. In dem Land stünden tiefgreifende Reformen an. Dies gelte unabhängig von der Sparpolitik. Am Montag wollten die EU-Finanzminister in Brüssel über die neue Lage beraten. Diplomaten sagten, unter ihnen herrsche große Übereinstimmung, dass Griechenland auch nach dem Auslaufen des aktuellen zweiten Hilfsprogramms am 28. Februar weitere finanzielle Unterstützung benötigen werde.

Aus Sicht der schwarz-roten Koalition in Berlin gibt es zu den schmerzhaften Reformen keine Alternative. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der "Rheinischen Post: "Es gibt auch künftig keine Leistung ohne Gegenleistung." Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte die Troika auf, Konsequenz zu zeigen. "Alle weiteren Auszahlungsraten hängen doch davon ab, ob Athen die erforderlichen Bedingungen einhält"

Moderatere Töne kamen aus Frankreich, das ebenfalls mit seinem Defizit kämpft. Präsident Francois Hollande sprach sich für eine enge Zusammenarbeit mit Griechenland aus, um für Wachstum und Stabilität der Euro-Zone zu sorgen. Der finnische Außenminister Erkki Tuomioja sagte, das Wahlergebnis werde die Debatte in Europa verändern und den Schwerpunkt mehr auf Wachstum und Beschäftigung verlagern als auf das Sparen.

Der Euro gab nach den ersten Prognosen aus Athen prompt nach. Zwischenzeitlich kostete die Gemeinschaftswährung mit 1,1098 Dollar so wenig wie seit September 2003 nicht mehr. Der Athener Börsenleitindex legte am Montag eine Berg- und Talfahrt hin. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, Tsipras habe bei Bürgern, Investoren und europäischen Nachbarn mit seinen populistischen Äußerungen viel Vertrauen verloren. Er müsse nun beweisen, dass er ein verantwortungsvoller Partner in Europa sein könne.

Reuters