Immer häufiger wird im anhaltenden Niedrigzinsumfeld ein kultureller Wandel der Kapitalanlage angemahnt. Die Forderung ist richtig und wichtig! Allerdings muss uns klar sein, dass dieser Wandel auch auf entsprechende Leitlinien des Staates angewiesen ist.

Nicht nur von daher als er mit gutem Vorbild vorangehen sollte, sondern auch insofern als er mit seinen Vorgaben die Anlagen vieler Investoren wesentlich beeinflusst. Wer beispielsweise Mündel- oder Stiftungsgelder verantwortet, kann ein Lied davon singen. Soll er doch die ihm anvertrauten Vermögen attraktiv rentierlich anlegen, ohne zwischenzeitliche Verluste des Kapitalstocks zu riskieren.

Formulieren wir es so: als die Paragrafen 81 und 1806 ff. den Weg in das Bürgerliche Gesetzbuch fanden, handelte es sich beim "negativen Zins" um ein theoretisches Hirngespinst. Heute sieht die Welt anders aus und bedarf adäquater Anpassungen. Wir benötigen beispielsweise belastbare Rechtssprechungen, Klarstellungen und wahrscheinlich sogar auch neuer Gesetzesvorgaben zu der Frage, wie die Begriffe "sicher" und "ertragsbringend" zu verstehen sind und wie flexibel sie mit Blick auf die Aktienanlage ausgelegt werden dürfen. Andernfalls drohen viele gemeinnützige, mildtätige und fürsorgliche Einrichtungen schon bald ihren Aufgaben und Zwecken nicht mehr gerecht werden zu können und mittelfristig sogar unter der Last des Niedrigzinsumfeldes zusammenzubrechen. Entsprechende Auswirkungen würden wir im sozialen und kulturellen täglichen Leben schnell spüren.

Björn Drescher ist Gründer des auf Fonds spezialisierten Finanzinformationsdienstleisters Drescher & Cie (www.drescher-cie.de).