von Martin Blümel

Kommt er jetzt, der Abschied Griechenlands aus der Eurozone? Das Referendum am vergangenen Sonntag war eindeutig: Der Rückhalt für die Politik der Regierung Alexis Tsipras ist groß. Nur, wer wusste denn wirklich, über was da abgestimmt wurde? Der Stimmzettel, so hört man, soll nicht wirklich erhellend gewesen sein. Und wer weiß denn, was der Premier und sein neuer Finanzminister Euclides Tsakalotos aus dem klaren Ergebnis nun machen und was sie wirklich wollen? Der Worte sind viele. Das war ja auch schon in den vergangenen Wochen so. Nur dass auf die Reden keine echten Taten folgten, sondern Fluchten vom Verhandlungstisch. Bleibt das auch weiterhin so?

Die Griechen brauchen Geld. Das bleibt auf jeden Fall so. Sie werden sich also auch weiterhin um eine Finanzierung bemühen (müssen). Dafür - das weiß jeder Hausbauer und jeder, der einen Privatkredit braucht - muss man mit den Kreditgebern Konditionen aushandeln. Zinsen, Laufzeit, Sicherheiten. So etwas kann schmerzhaft sein, man muss zu Konzessionen bereit sein. Einer, der ein Haus baut, tut das in der Regel. Doch was ist mit der Regierung Tsipras? Ist die jetzt nach dem Referendum zu Konzessionen bereit? Vielleicht auch, weil der doch arg polarisierende Yanis Varoufakis seinen Ministerhut (oder besser: Motorradhelm) genommen hat?

Fragen über Fragen. Klar ist, dass es etlicher Strukturreformen in Griechenland bedarf. Dringend. Hier ist aber bisher nichts passiert. Im Gegenteil, es ist alles noch viel schlimmer geworden. Steuereinnahmen gibt es so gut wie keine, und das griechische Volk bunkert das Ersparte längst im Ausland. Die Vermutung liegt nahe, dass es der Regierung letztlich immer darum gegangen ist, die Lage stets weiter zu eskalieren, um damit einen Schuldenschnitt zu erzwingen. Man muss befürchten, dass sich an dieser Absicht nichts geändert hat.

Auf Seite 2: Wie geht es nun weiter?





Doch wie geht es nun weiter? Das Hilfsprogramm der Europäischen Union ist jedenfalls ausgelaufen. Die Europäische Zentralbank EZB leistet zwar noch Notkredite, hat aber durchblicken lassen, dass dies schon rechtlich gesehen nicht mehr lange so weitergehen darf. Fakt ist auch, dass ein neues Hilfsprogramm für Griechenland erst verhandelt und dann von allen nationalen Parlamenten der Eurozone verabschiedet werden muss! Das dauert. Und es ist fraglich, ob alle Parlamente tatsächlich noch willens sind, in der Causa Hellas helfend einzugreifen!

Für die Menschen in Griechenland bedeutet das eine weitere Zuspitzung der ohnehin ernsten Lage - in Brüssel wird ja bereits laut über humanitäre Maßnahmen nachgedacht. Wie lange kann so etwas gut gehen? Einen Monat oder zwei? Der Druck, der sich da in Griechenland aufbaut, könnte letztlich zu groß werden und dazu führen, dass das Land tatsächlich die Eurozone verlässt und den Weg zurück zu einer eigenen Währung sucht. Staatspleite und Milliardenabschreibungen in den Geberländern inklusive.

Für den Aktienmarkt bedeutet das auch weiterhin Unsicherheit und möglicherweise hohe Schwankungen. Dies gilt auch für den Euro. Bei Anlegern sind daher Geduld gefragt und ein gutes Nervenkostüm. Mittelfristig wird sich wohl eine Lösung für Griechenland finden, eine, die für das Land passt, und eine, die hoffentlich auch für die restliche EU passt. Dann wird es auch keine schwerwiegenden ökonomischen Folgen geben. Die Eurozone dürfte auf Wachstumskurs bleiben.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com