von Axel Retz

Gestern veröffentlichte Eurostat die neuen Inflationszahlen für die 18 Euro-Länder. Und die fielen bemerkenswert aus. Denn nach noch plus 0,7 Prozent Zuwachs im April legten die Preise im Euro-Raum im Mai nur noch um 0,5 Prozent zu. "Mein" Deflationsszenario gewinnt also immer deutlichere Konturen.

Heute vor einer Woche warnte die EZB vor der "Möglichkeit eines scharfen und ungeordneten Abbaus der jüngsten Kapitalflüsse". Auf gut Deutsch: vor einem Crash. Auch konstatierte die EZB, dass sich in den Bilanzen der Banken noch übermäßig viele faule Kredite befinden, wobei sie überraschend deutlich feststellte, dass hier "der Wendepunkt noch nicht erreicht" sei. Zudem war sie der Ansicht, dass ein "signifikantes Risiko" bestehe, dass sich die Kreditqualität angesichts der "unsicheren konjunkturellen Perspektiven weiter verschlechtere". Soweit die EZB.

Und nun ich: Wer hat denn die Aktienmärkte durch ultrabilliges Geld wieder auf Crash-Risiko-Level aufgepumpt? Wer treibt denn durch sein Zinsdumping die Anleger aus den Rentenmärkten heraus und in die Aktienmärkte hinein? Wer vernichtet die Bemühungen der EU-Bürger, die seitens der Politik immer lauter eingeforderte Altersvorsorge in die eigenen Hände zu nehmen? Wer ermutigt die Banken durch universelle Haftungszusagen permanent dazu, immer mehr faule Kredite ins Portfolio aufzunehmen? Und wer wundert sich jetzt scheinheiligerweise darüber, dass sich die Kreditqualität weiter verschlechtern könnte? Vor allem aber: Wer wird morgen erklärtermaßen noch einmal weiteres Öl in all diese Feuer gießen und die Banken ggf. über "Negativzinsen" sogar zu zwingen versuchen, noch mehr riskante Kredite herauszureichen: Eben diese EZB.

Einen kreditinduzierten Kollaps erst mit allen verfügbaren und auch mit neu geschaffenen Mitteln vorzubereiten, um dann mit warnendem Zeigefinger auf seine Folgen hinzuweisen, mutet ausgesprochen dreist an. Aber da die Masse der Anleger dieses böse Spiel einfach nicht zu verstehen scheint, erntet die EZB gleich zweimal Applaus. Zuerst für ihre verheerende Geldpolitik und nun für ihre Warnung. Die Anleger fiebern heute einem morgen anstehenden Ereignis entgegen, das letztlich nach eigenem Bekunden der EZB nur die Fallhöhe der Kurse im von ihr befürchteten Crash vergrößern wird. Für die Masse der EZB-Enthusiasten wird es definitiv ein böses Erwachen geben. Egal, ob es Herrn Draghi jetzt noch einmal gelingt, die Märkte nach oben zu ziehen. "Game over" als Hommage an die geldpolitische Dummheit rückt näher.

Auf Seite 2: Megaphon weiter intakt

Megaphon weiter intakt

Um am roten Faden zu bleiben, hier nun der auf Basis der Monatsschlusskurse Langfristchart des Dow Jones. Das potentiell ja sehr böse charttechnische "Megaphon" kennen Sie ja bereits. Dauert diese Formation an, werden sich die Kurse auf Sicht wieder an ihrer unteren Begrenzungslinie einfinden.

Quelle: www.private-profits.de

Wie Sie im Chart erkennen, ist diese potentiell sehr bearishe Formation weiterhin intakt. Um das hier skizzierte Risiko aus der Welt zu schaffen, bräuchten wir einen Monatsschlusskurs über 17.000, besser noch über 18.000 Punkten, der aber vor allem unter zunehmenden Umsätzen zustande kommen müsste. In diesem Bereich sieht es seit 2009 aber in der Tat ausgesprochen dürftig aus. Wichtig hier: Achten Sie ausschließlich auf den Monatsschlusskurs, nicht auf zwischenzeitliche Zacken nach oben oder unten!

Auf Seite 3: EUR/USD: Make or break

EUR/USD: Make or break

Was den Euro betrifft, ist spätestens seit der Europa-Wahl einiges an Dissonanzen aufgebrochen. Frankreich, dessen Schuldenquote steigt statt zu fallen, möchte mit dem Sparen aufhören. Und der englische Premier droht mit einem Austritt aus der EU, falls der per klarer Mehrheit gewählte Jean-Claude Juncker neuer Präsident der EU-Kommission werden sollte. Und die bereits oben angesprochene Mai-Teuerungsrate deutet noch stärker als zuvor in Richtung Deflation. Der morgen zu erwartende Aktionismus der EZB dürfte das Zeug haben, den Euro gegenüber dem USD zu schwächen, denn die Federal Reserve bemüht sich ja gerade, ihren Ausstieg aus der ultraleichten Geldpolitik fortzusetzen.

Quelle: www.private-profits.de

Charttechnisch fällt EUR/USD schon seit 2007 durch fallende Kurshochs auf, was das Jammern der deutschen Industrie ad absurdum führt. Bei aktuell wieder schwächelnder Markttechnik rechne ich mit einem Rückgang des Kurses auf 1,20, denn erst dort findet sich eine Unterstützung, die wirklich solide aussieht. Natürlich kann man abwarten, welches Kaninchen die EZB morgen aus dem Hut zaubern wird. Aber bei einem Rückgang von EUR/USD unter 1,35 sollte dieses Abwarten zugunsten eines eng abgestoppten Put-Kaufs beendet werden.

Auf Seite 4: Silber: Am seidenen Faden

Silber: Am seidenen Faden

Dass die Entwicklung der Teuerungsrate im Euroraum alles Andere als inflationär aussieht, liegt auf der Hand. Offenkundig ist auch, dass die Ukraine-Krise den Edelmetallen ebenfalls keinen Auftrieb zu verleihen vermochte. Ob es die Notenbanken sind, die die Unzenpreise hier künstlich am Boden zu halten versuchen, sei dahin gestellt. Diese Theorie hat einen sehr langen, mittlerweile sehr weißen Bart. Wie auch immer: Der Absturz des Silberpreises von seinem 2011 erreichten Hoch bei fast 50 USD/oz. ist gewaltig.

Quelle: www.private-profits.de

Schaut man einmal genauer hin, relativiert sich dieser Preisrückgang jedoch zu einem Stück charttechnischer Normalität. Denn wie Sie sehen, ist Silber "nur" bis auf die seit 2003 etablierte Aufwärtstrendgerade zurückgefallen. Bis zum Beweis des Gegenteils ist nach dem charttechnischen Regelwerk davon auszugehen, dass so ein hübscher Trend hält. Das heißt nichts Anderes, als dass von hier aus nun der nächste Schub nach oben zu erwarten ist. Nur: Irgendwann geht jeder noch so stabil wirkende Trend einmal zu Ende. Und bei Silber ist diese Gefahr nicht zu unterschätzen. Fällt der Unzenpreis unter seine letzten Tiefs bei 18,60 USD, erhöht sich die Chance für einen solchen Trendbruch dramatisch. Der auf Wochenbasis eingestellte Trendbestätigungsindikator, der die Wenden des Silberpreises in der Vergangenheit sehr gut eingefangen hat, deutet bereits in diese Richtung.

Auf Seite 5: Fazit für heute

Fazit für heute: Die EZB ist am Drücker. Und sie wird noch mehr billiges Geld in den Markt drücken. Was bis jetzt erfolglos war, wird jedoch erfolglos bleiben. Und die Vermögen sowohl der Banken als auch die der Lebensversicherer und Sparer schädigen. Dem Euro könnte das einen neuen Dreh nach unten in Richtung 1,20 bescheren. Und bei Silber winkt - so oder so - eine phantastische Chance!

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Viel Erfolg und beste Grüße

Axel Retz

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.

Axel Retz ist seit über 25 Jahren als Chefredakteur von Börsenmagazinen und Börsendiensten tätig und betreibt das Portal www.private-profits.de.