Innerhalb der kommenden zwei Jahre werden wir alle ein Teil der "Digitalwirtschaft" sein, prognostiziert das auf Informationstechnologien spezialisierte Research- und Beratungsunternehmen Gartner. Demnach wird bis 2025 jeder dritte Arbeitsplatz an Software, Roboter, Drohnen oder intelligente Maschinen verlagert werden. Thomas Frey, Senior Futurist beim US-amerikanischen DaVinci Institute, identifizierte kürzlich über 100, durch die Digitalisierung der Wirtschaft beeinträchtigte Berufe. So stellen auf Algorithmen basierende Websites mit Online-Vermögensverwaltung (auch bekannt als automatisierte Vermögensverwaltung oder "Robo-Advisors") aus Sicht des Schweizer Unternehmen MyPrivateBanking Research eine Bedrohung für die Geschäftsmodelle konventioneller Vermögensverwalter dar.

Automatisierte Tools zum Vermögensmanagement können als eine Kategorie von Finanzberatern beschrieben werden, die Online-Portfoliomanagement mit minimaler menschlicher Beteiligung anbieten. Statt zeitintensiver, persönlicher Gespräche geben die Kunden in einem elektronischen Fragenbogen an, wer sie sind und worauf sie sparen. Darauf basierend erstellt ein Algorithmus Empfehlungen für den Aufbau eines optimalen Portfolios und bei Einverständnis des Kunden mit dem Vorschlag weist das System die ihm anvertrauten Kundengelder jenen Fonds zu, die den Zielen des Kunden am besten entsprechen und gewichtet die Vermögen bei Marktbewegungen sowie Ein- und Auszahlungen neu.

Im Dezember 2014 wurde das von automatisierten Beratern verwaltete Vermögen auf 19 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ausgehend von einem Anstieg um 68 Prozent pro Jahr könnten die betreuten Kundengelder bis zum Jahr 2020 auf rund 2,2 Billionen US-Dollar ansteigen. Vor allem Kunden unter 35 Jahren haben eine große Affinität zu automatisierter Vermögensverwaltung.



Bislang hat die Regulierung Robo-Berater beim Einstieg in das Geschäft unterstützt. Die Unternehmen betonen, dass die Vermögenswerte von Depotbanken gehalten werden, sodass Anleger kein Geld verlieren, wenn eines der Unternehmen den Geschäftsbetrieb einstellt. Aufgrund des kurzen Track Records platzieren die Kunden aber zunächst nur einen verhältnismäßig geringen Anteil ihrer Anlagen bei den Robo-Advisory-Unternehmen. Ob Anleger überhaupt einen großen Anteil ihres Geldes einem IT-System anvertrauen, bleibt fraglich. Zudem beschränken sich viele automatisierte Vermögensverwalter auf das Portfoliomanagement und gehen nicht auf verwandte Themen der Finanzplanung wie Immobilien oder Kapitalflussmanagement ein. In der Praxis neigen automatisierte Beratungssysteme dazu, passive Investmentprodukte zu empfehlen, und bieten damit im Prinzip Einheitslösungen an, die für Anleger mit komplexen finanziellen Bedürfnissen möglicherweise nicht geeignet sind.

Bei der Ermittlung der Anlegerbedürfnisse kann ein elektronischer Fragebogen hilfreich, aber auch irreführend sein, weil viele Menschen bei guter Marktentwicklung zu übermäßigem Optimismus neigen und umgekehrt. Das heißt, die meisten Anleger haben wenig Gespür, wie viel Risiko sie psychologisch aushalten können. Hinzu kommt, dass die Algorithmen nicht den Umfang und den Charakter des Humankapitals eines Anlegers erfassen. Die Einkommensströme der meisten wohlhabenden Anleger ähneln einem illiquiden, festverzinslichen Anlageinstrument. Ein guter menschlicher Berater könnte hier wohl besser helfen, ein geeignetes Portfolio zusammenzustellen sowie Fehlverhalten und psychologische Fallstricke zu vermeiden. Schließlich wird es darauf ankommen, wie die Anbieter automatisierter Vermögensverwaltung die Wahrscheinlichkeit von Systemfehlern, Computerfehlfunktionen oder gar Datenlecks minimieren. Wollen die Robo-Advisors nachhaltig Erfolg haben, ist eine sichere IT-Umgebung absolut notwendig. Deshalb glauben wir, ist IT-Sicherheit für langfristig orientierte Anleger ein sehr reizvolles Investmentthema.

Patrick Kolb

Kolb besitzt einen MA und einen PhD in Finanzwissenschaften von der Universität in Zürich. 2005 begann er seine Karriere bei Credit Suisse Asset Management, wo er als Fondsmanager tätig ist. Er ist verantwortlich für den Credit Suisse (Lux) Global Security Equity Fund, ein Themenfonds mit Fokus auf Sicherheit, Schutz und Prävention. Die Credit Suisse wurde 1856 gegründet und ist ein weltweit führender Finanzdienstleister.