Konjunktur & Geldpolitik



Die Notenbank-Politik 2017 wird entscheidend durch die kommende Konjunkturentwicklung geprägt. Man geht allgemein von einem Wirtschaftsaufschwung in den USA im Zuge der Trump-Stimulierungen aus. Tatsächlich dürften kurzfristig aber der gestiegene Dollar und höhere Zinsen bestimmend sein. Die erwartete konjunkturstimulierende Wirkung der höheren Infrastrukturmaßnahmen ­ die schwierig durchzusetzen sein werden, da konservative Abgeordnete im Allgemeinen gegen hohe Defizite sind ­wird erst 2018 wirken, eine verbesserte Konsumstimmung aber schon vorher.

Im Raum stehen 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr, wobei Infrastrukturmaßnahmen längerfristig geplant werden müssen. Die Arbeitslosenquote bei Bauarbeitern ist bereits ohnehin stark gesunken, so dass wenig freie Kapazitäten und ein langer Planungszeitraum eine schnelle konjunkturstimulierende Wirkung erschweren.

Es ist also keineswegs sicher, dass die US-Konjunktur überraschend stark anzieht und damit auch die US-Zinsen weiter sehr stark nach oben tendieren. Konjunkturell wäre ein starker Zinsanstieg ohne gleichzeitige starke wirtschaftliche Belebung schlecht für die Aktienmärkte. Sollte die US-Konjunktur enttäuschen, sind sogar neue Quantitative Easing-Aktionen in 2017 möglich, welche dann erneut positiv für die Aktienmärkte wären, weil dann wieder zusätzliche Liquidität zur Verfügung stünde. Generell dürften sich 2017 mit moderat steigenden Zinsen eher defensive Aktien des Value-Bereichs besser entwickeln als die in der Vergangenheit favorisierten, hoch bewerteten Wachstumsaktien.

Der US-Dollar könnte schlechter abschneiden als allgemein erwartet. Einmal im Hinblick auf unerfüllte Zinssteigerungserwartungen, andererseits wegen enttäuschender Konjunkturentwicklungen. Allerdings ist es denkbar, dass die Euro-Probleme via Italien und Frankreich 2017 zunehmen werden, so dass der Euro seinerseits unter Druck kommen könnte und auch Negativszenarien wie eine Aufspaltung der Eurozone wieder gegenwärtig werden könnten. Da kaum mit einem starken weltweiten Aufschwung zu rechnen ist, dürfte das Thema konkurrierende Abwertungen wie aktuell in China auch 2017 ein Thema bleiben.

Generell dürften die Prognosen für die internationale Konjunktur allgemein zu positiv gesehen werden und damit die Inflationserwartungen zu hoch angesetzt sein. Es ist durchaus denkbar, dass bei einem Anstieg der amerikanischen langfristigen Zinsen bei 30-jährigen Staatsanleihen auf 4% auch andere Anleihen wieder interessant werden. Das gilt besonders, wenn es zu Konjunkturenttäuschungen kommen sollte. Die US-Zentralbank Fed dürfte die Zinsen voraussichtlich nicht ­ wie allgemein erwartet ­ dreimal im kommenden Jahr anheben, sondern konjunkturell bedingt vorsichtiger agieren.

Hinzu kommt ein personeller Aspekt. Der neue Präsident Trump kann die Zentralbank vor Februar 2018 nicht gänzlich neu besetzen: Frau Yellen nicht, zwei einzelne Mitglieder hingegen schon. Vor diesem Hintergrund dürfte die Zentralbank konjunkturunterstützend bleiben. Auch Trump als Immobilienmann hat letztlich kein Interesse, die Zinsen überraschend hochzusetzen. Um Infrastrukturinvestments, Entschuldung und Reindustrialisierung der USA wahrscheinlicher bzw. finanzierbarer zu machen, wären negative Realzinsen bei positiven Nominalzinsen das beste Szenario für Trump.

Dr. Jens Ehrhardt

Auf Seite 2: Europa





Europa



Besonders schwierig erscheint die Prognose für Europa. Die zunehmende Konjunkturbeeinflussung durch die EZB mit ihrer extrem expansiven Politik und mögliche Änderungen wie ein Tapering werden 2017 marktbeeinflussend sein. Allerdings dürften niedrige Währung und niedrige Zinsen den 2016 begonnenen Konjunkturaufschwung verstärken. Weniger der Export, aber der Konsum dürften in Europa wegen laxerer Fiskalpolitik stimuliert werden.

Die lange Zeit überwiegend fiskalpolitische Bremsung dürfte nicht fortgesetzt werden. Allein die eingesparten Staatsanleihen-Zinsen stimulieren die Wirtschaft in Südeuropa mit rund 2%. Ein Problem könnte sich ergeben, wenn in Italien und in Frankreich bei den Wahlen euroskeptische Parteien einen weiteren Aufschwung erleben. In Italien sind vorgezogene Wahlen realistisch.

Zwar würde ein Auseinanderbrechen des Euros Europa langfristig im Wirtschaftswachstum helfen, kurzfristig aber erhebliche Turbulenzen auslösen, was die Aktienmärkte negativ beeinflussen würde. Die Entwicklung in Europa ist deshalb wegen des politischen Einflusses am schwierigsten vorauszusagen.

Positiv ist aus markttechnischer Sicht zu werten, dass die europäischen Anleger stark in Anleihefonds geflohen und am Aktienmarkt deutlich unterrepräsentiert sind eine Entwicklung, die auch in den USA seit Jahren zu beobachten ist.

Gerade internationale Investoren machen vor dem Hintergrund der politischen Unsicherheiten derzeit noch einen Bogen um Europa. Es ist denkbar, dass die Anlageregion Europa im Jahr 2017 von einem weltweiten Trend hin zur Aktie aufgrund ihrer besseren Rendite sowie höheren Substanz besonders profitieren und der EuroStoxx 50 nach 10-jähriger Underperformance von -22% auch relativ Boden gut macht könnte. Erste Anzeichen dafür sind, dass eigentlich schlechte Nachrichten ­ wie das Italien-Referendum ­ vom Markt ignoriert werden.

Dr. Jens Ehrhardt

Auf Seite 3: USA





USA



Trump kann sich zwar auf eine Mehrheit in beiden Häusern des US-Parlaments stützen, aber viele seiner Vorschläge dürften von den konservativen Abgeordneten keineswegs durchgewunken werden.

Staatsverschuldung ist unter Demokraten in der Regel leichter zu akzeptieren als unter Republikanern. Positiv wirken könnte die diskutierte Steuerermäßigung auf Auslandsguthaben der amerikanischen Unternehmen. Dies könnte die Aktienrückkäufe stimulieren und damit der Wall Street Rückenwind geben.

Die Handelsbeschränkungen, die Trump vorgeschlagen hat, sind für die Weltwirtschaft und am Ende auch für die USA auf lange Sicht sehr gefährlich. Kurzfristig könnten die Amerikaner aber davon profitieren.

Damit würde sich die Handelsbilanz der Amerikaner bessern, was den Dollar genauso positiv beeinflussen würde wie die dann höhere US-Inflation. In den USA erzeugte Güter wären dann deutlich teurer als importierte. Damit würde der Lebensstandard in den USA sinken.

Trump wird also auch bei den Handelsbeschränkungen voraussichtlich vorsichtig agieren. Allerdings wird er einen Teil seiner Wahlversprechen in diese Richtung z.B. gegenüber Mexiko durchsetzen müssen. Sonst leidet seine Glaubwürdigkeit zu sehr.

Dr. Jan Ehrhardt

Auf Seite 4: Asien/Japan





Asien/Japan



In Asien ließen sich im Jahr 2016 selektiv sehr gute Kursgewinne erzielen. Auch 2017 versprechen relativ niedrige Bewertungen und stellenweise gutes Gewinnwachstum überdurchschnittliche Chancen im Vergleich zu den USA und Europa.

Die japanische Zentralbank dürfte im Hinblick auf fehlende Inflationssteigerungen bei ihrer stimulierenden Politik bleiben. Denkbar ist, dass von dort vermehrt Aktien aufgekauft werden, was eine positive Geldmengenentwicklung genauso wie beim Anleihekauf nach sich zieht.

Japanische Unternehmen haben weltweit die geringste Verschuldung, die höchsten Barreserven und verfügen über sehr wachstumsstarke Tochtergesellschaften in Asien, in die in den vergangenen Jahren erheblich investiert wurde. Japan hängt damit stark von der Währungsentwicklung ab. Es ist denkbar, dass die Schwäche des Yen aufgrund der Notenbank-Politik anhält und damit die Unternehmensgewinne sowie die Aktienkurse begünstigt.

Dr. Jan Ehrhardt

Auf Seite 5: China





China



China wurde am Jahresanfang 2016 im Hinblick auf die Konjunkturentwicklung sehr negativ gesehen. Bedeutende Investoren wie George Soros gingen am Jahresanfang in hohem Ausmaß Leerverkäufe ein und prognostizierten eine Finanzkrise à la USA 2008/09 aufgrund der Verschuldungsprobleme. Tatsächlich wächst zwar die öffentliche Verschuldung sehr stark, die ähnlich wie in Japan aber gut von der Notenbank gesteuert werden kann.

Hingegen liegt die private Verschuldung lediglich bei der Hälfte der US-Privatverschuldung. Auf Unternehmensebene sind die staatlichen chinesischen Unternehmen hoch verschuldet, was genauso wie die Staatsverschuldung in Japan letztlich kein Problem sein sollte, da die Notenbank hier immer steuernd eingreifen kann. Die Verschuldung der privaten Unternehmen in China liegt deutlich unter der Verschuldung der privaten US-Unternehmen. Es ist also durchaus realistisch, dass China weiter ein Wachstumsmarkt bleibt. Zwar werden die Steigerungsraten weiter zurückgehen, aber immer noch beim Mehrfachen der Expansionsraten westlicher Volkswirtschaften liegen.

Der Staat könnte weiterhin stark durch Infrastrukturmaßnahmen stimulieren und der Konsum dürfte z.B. bei Automobilen außerhalb der Tier 1-Städte weiter durch die Gesetzgebung mittels niedriger Steuern unterstützt werden.

Die Löhne steigen zwar nicht mehr wie früher um 10%, aber immerhin noch um 5%, was neben steigender Konsumentenverschuldung zu überdurchschnittlichem Konsumwachstum führen dürfte. Zudem sollte die Abwertung des Renmimbi den chinesischen Export begünstigen. China und Hongkong könnten ähnlich wie im Jahresverlauf 2016 wieder interessante Märkte sein. Besonders in Hongkong liegen die Aktienbewertungen im internationalen Vergleich niedrig.

Dr. Jan Ehrhardt

Auf Seite 6: Industrieverschiebung





Industrieverschiebung



Nachdem im Automobilsektor jahrelang die Skepsis überwog, scheint es seit 2016 ausgemachte Sache zu sein, dass das Elektroauto bald einen überraschend hohen Absatzanteil weltweit erreichen kann. In der deutschen Autoindustrie ist das Thema spätestens nach den enormen Vorbestellungen bei einem bekannten Elektroautobauer und US-Konkurrenten omnipräsent.

Da das Thema Elektromobilität noch für alle Länder ein Neues ist, sind die Würfel auch noch nicht gefallen. Die Chinesen werden mit Hilfe des Elektroautos versuchen, ihren Wettbewerbsnachteil beim Verbrennungsmotor auszugleichen und als Kohlenation (Verstromung!) unabhängiger vom Öl zu werden. In Europa wird man dagegen primär aus Umweltgründen versuchen, auf Elektroautos umzusteigen.

Allerdings ist die Geschwindigkeit der Umsetzung schwer vorauszusagen. Zuletzt gewann die Entwicklung jedoch deutlich an Fahrt und es gibt wenige Gründe, die für eine Umkehr dieser Entwicklung sprechen. Bei einem sehr niedrigen Ölpreis wäre ein Umsteigen in den USA jedoch vermutlich nicht so sicher wie angenommen. Derzeit überwiegt in Deutschland noch der Respekt vor dem Thema. Aber immerhin scheint die Zeit der Untätigkeit und Ignoranz der drei großen deutschen Autobauer vorbei zu sein und wichtige Weichen werden gerade gestellt.

Insofern gibt es durchaus Hoffnung, dass Deutschland bei diesem Thema den Anschluss nicht verpasst. Gerade die Zulieferindustrie wird aber leiden und auf mittlere Sicht werden mit hoher Wahrscheinlichkeit viele traditionelle Arbeitsplätze verschwinden. Die deutschen Automobilproduzenten werden sich auch in China umstellen müssen, wo höhere Umweltauflagen mittels eines Punktesystems für Elektroautos drohen. Dies ist eine gefährliche Entwicklung, da bislang ein Großteil der Gewinne aus China stammt. Neben diesen Elektromobilitätsthemen wird es aber auch Chancen beim autonomen Fahren geben, was ganz neue Geschäftsmodelle ermöglicht und spannende neue Betätigungsfelder schafft, wenn man rechtzeitig investiert. Die Autoindustrie wird entsprechend hohe Investitionsausgaben in den nächsten Jahren stemmen müssen.

Entsprechend günstig sind die Bewertungen derzeit, denn vor diesem Hintergrund können die Investoren sich momentan schwer steigende Gewinne vorstellen. Solche unsicheren Zeiten bieten allerdings auch Chancen der Selektion für aktive Investoren.

Florian Bohnet

Auf Seite 7: Digitalisierung





Digitalisierung



Die Digitalisierung wird schneller voranschreiten als allgemein erwartet, immer mehr Industrien beeinflussen und die Vorherrschaft der USA in der Wirtschaft weiter zementieren, da Deutschland und Europa hier kaum in der Weltliga mitspielen.

Aktien aus diesem Bereich sind besonders interessant, da sie ­ wenn sie sich einmal am Markt durchgesetzt haben ­sehr starke sogenannte Burggräben bei niedrigen variablen Kosten besitzen.

Bestes Beispiel dafür sind soziale Netzwerke, wo der Mehrwert durch die Nutzer selbst generiert wird, da sich diese bereits in dem Netzwerk bewegen, in dem sich auch ihr soziales Umfeld aufhält. Das macht den Markt für neue Wettbewerber schwierig ­ bei geringer Konkurrenz und überschaubaren Kosten.

Die Digitalisierung macht aber hier nicht Halt, sondern entwickelt sich mit Robotik, virtueller Realität und künstlicher Intelligenz immer weiter. Vordenker im Silicon Valley glauben, dass wir hier erst am Anfang stehen. Die Geschwindigkeit der Veränderung durch die Digitalisierung nimmt dabei immer weiter zu.

So setzte sich das Smartphone schneller durch als Internet und PC davor. Gerade die jüngere Millenial-Generation kann mit diesen Neuerungen auch immer besser umgehen. Diese sogenannten skalierbaren Geschäftsmodelle, bei denen der Gewinn schneller wächst als der Umsatz, birgen für Investoren sowohl Chancen, als auch Risiken.

Bei Internetaktien ist daher aktives Stock Picking besonders wichtig, was in 2017 auch in anderen Branchen wesentlich relevanter werden wird als in den letzten Jahren, wo sehr stark auf Länder und Branchenausrichtung geachtet werden musste.

Philipp Haas

Über die Dr. Jens Ehrhardt Gruppe: Die DJE Kapital AG ist seit über 40 Jahren als unabhängige Vermögensverwaltung am Kapitalmarkt aktiv. Das Unternehmen aus Pullach bei München verwaltet mit ca. 100 Mitarbeitern (davon rund 20 Fondsmanager und Analysten) aktuell rund 10 Milliarden Euro (Stand: 30.11.2016) in den Bereichen individuelle Vermögensverwaltung, institutionelles Asset Management sowie Publikumsfonds. Vorstandsvorsitzender ist Dr. Jens Ehrhardt, sein Stellvertreter Dr. Jan Ehrhardt. Kern des Anlageprozesses und aller Investmententscheidungen ist die FMM-Methode (fundamental, monetär, markttechnisch), welche auf dem hauseigenen, unabhängigen Research basiert. Der Anspruch der DJE Kapital AG ist, ihren Kunden weitsichtige Kapitalmarktexpertise in allen Marktphasen zu bieten.