von Martin Blümel

Krise, Krise, Krise. Wo man auch hinschaut: Krise. Da wäre einmal China - offensichtlich im Dauerstress, nachdem zuletzt Exporte und Importe erneut zurückgegangen sind und infolgedessen die Wachstumsaussichten weiter nach unten korrigiert wurden. Hierzulande wiederum macht VW Sorgen. Da gibt es noch jede Menge aufzuarbeiten, wie auch bei der Deutschen Bank, die einen hohen Quartalsverlust vermeldete. In den USA wiederum belastet neben nicht mehr ganz so guten Konjunkturdaten vor allem immer wieder das Dauerthema Zinswende, wann auch immer diese nun kommen mag. Und nicht zu vergessen: Europa muss ja auch noch eine "Flüchtlingskrise" stemmen.

Naturgemäß haben diese Krisen auch Einfluss auf die Kapitalmärkte. Allerdings, und auch das liegt in der Natur der Sache, haben die Märkte die Tendenz, solche Krisen weit schneller abzuarbeiten, als diese (gefühlt) anhalten. Gut zu sehen ist das im laufenden Börsenmonat Oktober. Krisen hin oder her - selten hat sich der Herbstmonat am Aktienmarkt so gut angelassen wie in diesem Jahr. An der Wall Street etwa spricht man vom besten Start in den Oktober seit 1938. In der Vergangenheit war ein derart starker Beginn im Oktober meist ein gutes Zeichen für weiter steigende Kurse. Eine Jahresendrally - so unglaublich das für viele Ohren vielleicht klingen mag - scheint im Bereich des Möglichen. 10 200 Punkte sind beim DAX indes eine mächtige Hürde. Gelingt tatsächlich der Sprung -darüber, dann sind aus charttechnischer Sicht 10 400 und vor allem 10 650 Punkte weitere massive Widerstandszonen.

Eine mögliche Jahresendrally also. Und das trotz besagter Krisen. Der IWF hat das nicht so rosige Szenario ja auch gerade bestätigt und die Wachstumsprognosen zurückgenommen. So soll die Weltwirtschaft 2015 statt um 3,3 nur noch um 3,1 Prozent wachsen und 2016 statt um 3,8 lediglich um 3,6 Prozent. Und trotzdem steigen die Börsen. Man ahnt ja schon warum. Vermutlich, weil die Erwartung ist, dass die Liquiditätsschwemme der Notenbanken weiter anhalten wird. Denn diese können scheinbar auch gar nicht anders. Angesichts der schwächeren Konjunkturerwartungen nimmt nämlich prompt auch wieder der Deflationsdruck zu. Und das will man ja auf gar keinen Fall.

Ergo könnte es noch mehr Geld geben, vielleicht ja von der Europäischen Zentralbank EZB. Da mag es einem schon etwas schwindelig werden. Aber es ist, wie es ist: Eine Rückkehr der Geldpolitik zur Normalität scheint immer noch nicht möglich. Ob diese Art des Agierens allerdings tatsächlich hilft - man darf zweifeln. Die japanische Notenbank etwa ist führend in Sachen Liquiditätsvervielfachung. Und trotzdem ist Japan im zweiten Quartal in die Rezession gerutscht. Und für das dritte Quartal sieht es ebenfalls mau aus.

Das Hoffen auf eine Jahresendrally wird aber nicht nur von den Notenbanken abhängen, sondern auch von den neuesten Zahlen der Unternehmen. In den anstehenden Wochen kommt nämlich die Berichtssaison für das zurückliegende dritte Quartal so richtig in Schwung. Dies Woche berichten die US-Banken JPMorgan, Bank of America, Goldman Sachs und Wells Fargo. Das ist spannend, weil sich die Frage stellt, inwiefern sich gerade das schwächere Handelsgeschäft in den Bilanzen niederschlägt. Dazu gibt es Zahlen von Intel und General Electric, allesamt wegweisend für die US-Indizes und wegweisend für die Krise und ihre Bewältigung.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com