Dank Thilo Sarrazin wissen wir es nun endlich: Es gibt mehr Männer als Frauen mit sehr hoher Intelligenz. Oder hatte er Arroganz gemeint? Ich für meinen Teil habe viele Mit-Glieder meines Geschlechts kennengelernt, bei denen der Mangel an dem einen durch einen schier unerschöpflichen Reichtum an dem anderen kompensiert wurde. Ein gesundes mittelständisches Unternehmen kann sich ein oder zwei Vertreter dieser Spezies leisten, zumindest eine Zeitlang. Eine Notenbank sollte das nicht tun.

Es treibt mir daher auch keine Schweißperlen auf die Stirn, mit Janet Yellen seit Anfang Februar nun die als erste Frau an der Spitze der Federal Reserve zu wissen. Weniger sorglos bin ich allerdings hinsichtlich des Erbes, dass ihr ihre männlichen Vorgänger hinterlassen haben. Natürlich liegt es mit fern zu beurteilen, wie es um die Intelligenz von Paul Volcker, Alan Greenspan und Ben Bernanke bestellt ist. Dass ich Paul Volcker im Vergleich mit seinen beiden Nachfolgern für überragend halte, liegt nicht an seiner Körpergröße von 2,01 m, sondern daran, dass er der letzte US-Notenbankchef war, den ich als klug bezeichnen würde.

Und auch als den letzten, der das Prädikat Währungshüter verdient hat. Alan Greenspan, Ben Bernanke, Mario Draghi, Mark Carney (England) waren bzw. sind keine Währungshüter und Japans Haruhiko Kuroda verkörpert sogar die Menschwerdung einer Gelddruckmaschine.

Die Zentralbanken der USA und auch Englands haben erklärt, sich nun vorsichtig aus der Politik des ultraleichten Geldes zurückziehen zu wollen. Damit sieht es ähnlich aus wie mit dem Beschluss des G20-Treffens der Finanzminister in Sidney vom vergangenen Wochenende: Erklären lässt sich viel, das Erklärte auch zu erreichen steht auf einem ganz anderen Blatt. "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.", heißt es im "Der Zauberlehrling". Wäre Goethe für Notenbanker Pflichtlektüre, hätten sie sich gewiss niemals die Zwickmühle gebaut, in der sie sich heute befinden.

Auf Seite 2: Hast Du keinen, mal Dir einen

Hast Du keinen, mal Dir einen

Diesem Prinzip scheint sich die amerikanische Notenbank verschworen zu haben. Heute ist es eine Woche her, dass Fed-Governor Dennis P. Lockhart kurz vor der Veröffentlichung des letzten Sitzungsprotokolls der Notenbank kundtat, dass sich die US-Wirtschaft in einem "richtig soliden" Aufschwung befinde. Diesen "Aufschwung" braucht die FED, um den bereits begonnenen Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm zu rechtfertigen. Die Crux nur:

Während es zu diesem Aufschwung für die FED "keine Alternative" zu geben scheint, ist er leider so ganz und gar nicht existent. Gestern waren es die Zahlen zum Verbrauchervertrauen, die gegen eine wirtschaftliche Belebung sprechen. Die Arbeitsmarktdaten, die Vögel zwitschern es von den Dächern, sind noch erheblich "origineller" als die unsrigen. Wo also verbirgt er sich denn nun, dieser Aufschwung? Vielleicht - und das wäre für eine Volkswirtschaft, deren BIP auf Konsum, Konsum und noch einmal Konsum ausgerichtet ist, ja vielleicht am Wichtigsten - in der Kaufkraft und auch Kauflust der Konsumenten?

Hierzulande sieht das ja prächtig aus, wie uns Politik und GfK seit vielen Monaten versichern: Die Verbraucher kaufen wie die Verrückten, weil sie ja dank des Aufschwungs mehr Geld in der Tasche haben. Dumm nur, dass das Statistische Bundesamt das Gegenteil ausweist: 2013 sind die Reallöhne erstmals seit 2009 wieder gesunken. Und das vierte Quartal des vergangenen Jahres wies leider eine sinkende Inlandsnachfrage auf. Berlin sollte der Wiesbadener Behörde vielleicht einmal etwas klarer machen, welche Daten benötigt werden. Zurück zu den USA:

Quelle: www.markt-daten.de

Zeichnet sich der Aufschwung, den die FED erkennen zu können vorgibt, etwa ausgerechnet dort ab, wo das Desaster zuerst sichtbar wurde, am Immobilienmarkt? Mitnichten. Und ich kann wirklich immer nur Krokodiltränen verweinen, wenn ich höre, wie "überrascht" die sgn. Experten über die nun eintrudelnden, deutlich negativen Daten vom US-Häusermarkt sind. Der oben gezeigte Chart reicht aus, um ein Urteil zu fällen. Denn wer bauen oder eine Immobilie kaufen will, nutzt dazu in der Regel eine Hypothekenfinanzierung. Und wenn die US-Bürger das trotz historischer Niedrigstzinsen UND der Aussicht auf eine Zinsverschärfung nicht aus der Reserve zu locken sind, können wir bald eine neue Immobilienkrise in den USA ausrufen. Zwei Charts noch kurz dazu:

Quelle: www.markt-daten.de

Einen dermaßen scharfen Abriss des NAHB Housing Market-Index wie jetzt suchen Sie in diesem Chart vergebens. Hier kracht es wieder, salopp ausgedrückt. Und:

Quelle: www.markt-daten.de

Auch der Verkaufspreis für bereits bestehende Häuser hat erkennbar wieder die Wende nach unten vollzogen.

Den Aufschwung der US-Wirtschaft zu belegen habe ich Fed-Governor Lockhart gestern gebeten. Und da mir Dr. Schäuble, Herr Gabriel und Frau Dr. Wagenknecht auf meine Anfragen stets antworten, bin ich auch hier zuversichtlich. Aber Herrn Lockhart dürfte meine Anfrage ja auch schon bekannt gewesen sein, bevor ich sie überhaupt gestellt habe. Weswegen ich es nicht versäumen möchte, unseren amerikanischen Freunden für Ihr Interesse an uns zu danken. Das kommt mir in der heutigen Diskussion einfach zu kurz.

Auf Seite 3: Wall Street: Trend intakt

Wall Street: Trend intakt

Um mal gleich mit einem Chart zu beginnen, hier der Wochenchart zum Dow Jones seit Start der Hausse in Frühjahr 2009:

Diese Hausse ist formal völlig intakt. Formal. Denn wenn es wirklich auch etwas perfekter ginge, scheint sich in diesem Chart nun so etwas wie ein "rising wedge" zu bilden. Und das ist das Gegenteil einer bullishen Formation. Und ließe einen baldigen Absturz der Kurse erwarten. Achten Sie also sorgsam auf die seit 2009 bestehende Aufwärtsgerade. Denn bei einem Break unter sie eröffnet Abwärtspotential bis nahe 10.500.

Klar: Kann gar nicht sein, Schwarzmaler, übelster Pessimist etc. etc. Wenn man lange genug im Geschäft ist, gewöhnt man sich daran. Und auch daran, dass man nichts dafür kann, dass die Neunmalklugen (s. Sarazzin) schon wieder ihr Geld vergeigt haben. Intelligenz ist nicht umsonst zu haben. Der Markt aber ist ein Konglomerat aus allen, die hier aktiv sind. Den Blitzgescheiten, den Mitläufern, den Banken, den Fonds, den Kleinanlegern, den Bösewichten und auch denen, die eben nichts tun. Denn gerade letztgenannte Abstinenzler sind es ja gerade, die immer wieder gerne als Begründung dafür herhalten müssen, warum etwas, das bis jetzt noch nicht stattgefunden hat, nun bald stattfinden wird.

Ob oder ob nicht nun noch mehr Käufer an die Wall Street stürmen werden, sehen Sie nirgends besser als im Chart der Nachfrage nach Börsenkrediten. Einen perfekteren Indikator gibt es nicht. Aktuell stagniert es hier seit zwei Wochen.

Noch steht die Börsenampel also auf Grün. Unter https://www.private-profits.de/newsletter.html erfahren Sie schon am Wochenende, wenn sich in unseren Einschätzungen etwas bewegt.

Beste Grüße

Axel Retz