von Dirk Elsner

Mitte März gab Facebook bekannt, dass es für seinen Messenger eine Online-Payment-Funktion freischalten werde. Vernetzte "Freunde" können damit, ähnlich wie Nachrichten, untereinander Geld übertragen. Vorerst ist das Angebot auf die USA beschränkt.



Quelle der Abbildung: Facebook

Die Funktionsweise wird für die Nutzer denkbar einfach geschildert:

1. Starten mit einer Nachricht an einen Freund

2. Den $-Button drücken und den Betrag eingeben, den man senden möchte

3. Den Pay-Knopf drücken zum Hinterlegen der Zahlungsdaten

Der Empfang gestaltet sich noch einfacher. Man öffnet die Unterhaltung mit dem Freund, drückt auf Add Card und fügt seine Debitcart-Daten dazu und erhält das Geld. Nicht verwendet werden kann das Verfahren zunächst für E-Commerce-Anwendungen oder mobiles Bezahlen im Geschäft.

Ich gehen einmal davon aus, dass die jeweiligen Karten-Daten von Visa oder Mastercard (Facebook spricht hier übrigens von Debit- also von Guthabenkarten und nicht von Kreditkarten) nur beim ersten Mal angeben werden müssen, denn sonst wäre das Verfahren tot bevor es startet.

Auf Seite 2: Facebook nutzt die klassische Finanzinfrastruktur



Diese kurze Schilderung zeigt bereits, dass sich Facebook, ähnlich wie Apple mit seinem mobilen Bezahldienst Pay, der klassischen Finanzinfrastruktur bedient. Die eigentliche Verrechnung findet nämlich über die Karten bzw. die mit den Karten gekoppelten Konten bei Banken statt.

Das soziale Netzwerk führt also keine eigenen Konten für seine Nutzer. Erst über die Konten bei den Kartengesellschaften bzw. Banken kann nach spätestens drei Tagen über das Geld in bar verfügt werden. Hier entsteht (vorerst) also kein Konkurrent zu Banken, sondern hier verlängert erneut jemand die Wertschöpfungskette des Finanzsektors. Der hat weiter große Probleme, seinen Kunden an das digitale Zeitalter angepasste Nutzungskonzepte zu bieten.

Facebook betont die besonderen Sicherheitsmerkmale, die hier verwendet werden. Für Außenstehende lassen sich die Angaben schwer überprüfen. Ich erinnere aber daran, dass bei der Bekanntgabe von Apple Pay ebenfalls besonders viel Wert auf die Kommunikation der Sicherheitstechnik gelegt wurde, und nun dennoch über diverse Betrugsfälle berichtet wird. Ob diese jeweils in der Sphäre von Apple, der Banken, der Kartengesellschaften oder der Nutzer liegen, spielt für die Anwender letztlich keine Rolle.

Auf Seite 3: Ankündigung kommt nicht überraschend



Die Ankündigung von Facebook kommt nicht überraschend, denn bereits im letzten Herbst hatten Spezialisten eine versteckte Funktion im Facebook-Messenger entdeckt, die Hinweise auf einen Zahlservice liefert. Und bereits vor einem Jahr war bekannt geworden, das soziale Netzwerk stehe in Gesprächen mit der irischen Zentralbank und wolle eine E-Money-Lizenz erhalten, die dann für die gesamte EU gültig wäre. Dies soll es dem Unternehmen ermöglichen, elektronisches Geld auszugeben und seinen Mitgliedern untereinander Überweisungen ermöglichen. Eine E-Geld-Lizenz bedeutet freilich nicht, dass Facebook damit alle Bankgeschäfte betreiben darf. Es darf nun spekuliert werden, ob und wann Facebook diesen Dienst auch in Europa einführt. Hier warten andere Herausforderungen als in den USA. Ich nenne hier als Stichworte nur die Regulierung und die gegenüber Facebook datenschutzkritische Haltung.

Neu ist das Konzept übrigens nicht. WeChat, der sehr populäre Messenger des chinesischen Technologieriesen Tencent, bietet solche Zahlungsfunktionen schon lange. Bei WeChat sollen mittlerweile 200 Millionen Nutzer ihr Bankkonto mit dem Messenger verbunden haben und die Payment Services nutzen können. Und WeChat und andere chinesische Größen zeigt auch, wo künftig die Reise hingehen könnte. Die Nutzer von Tencent’s WeChat App können nämlich auch Geld direkt z.B. in den Geldmarktfonds "Licaitong" anlegen und WeChat auch zur Bezahlung in Geschäfte verwenden. Ob Facebook überhaupt in diese Größenordnungen vorstoßen möchte, ist derzeit offen. Der Vorsprung der chinesischen Messenger-Service in Sachen Banking (und nicht nur Bezahldiensten) ist jedenfalls groß.

Facebook positioniert sich mit seinem Dienst eher gegen junge Unternehmen wie das von eBay geschluckte US-Unternehmen Venmo oder das britische Payfriendz. In Deutschland basteln gerade die Comdirect und Lendstar an einer Lösung, mit der Nutzer Geld leihen, teilen und senden können, kombiniert mit sozialen Features. Daneben gibt es international und in Deutschland unzählbare weitere Ansätze für die sogenannten Peer-to-Peer oder besser Person-to-Person (P2P)-Zahlungen, wie man neuerdings die Zahlungen von Privatpersonen an andere Privatpersonen bezeichnet.

Facebook hat mit seinem hauseigenen Messenger, vor allem aber mit WhatsApp freilich gute Karten, weil sie sehr weit verbreitet sind. Ob das einen Erfolg der Zahlungsdienst garantiert, ist noch offen. Facebook hat insbesondere in Europa ein schlechtes Image in Bezug auf Datenschutz. Und insbesondere die bargeldaffinen Deutschen dürften eher skeptisch in Bezug auf Bezahlservices des Social Media-Riesen reagieren. Ob es daher gelingt, die Nutzer von einem aufgeschalteten Bezahlservices zu überzeugen, ist genauso offen wie die Frage, wie sie damit Geld verdienen wollen. Weil Facebook die klassische Finanzinfrastruktur nutzt und die Kunden kaum Geld für die Leistung bezahlen wird, wird Facebook wahrscheinlich sogar drauf zahlen.

Auf Seite 4: Ob ausgerechnet Facebook der Durchbruch gelingen wird, ist fraglich



Paymentleistungen anzubieten ist alles andere als trivial. Während es die Nutzer sehr einfach haben wollen und sollen, ist hinter den Kulissen das Zusammenspiel mit zahlreichen Dienstleistern über eine komplizierte Infrastruktur mit verschiedenen technischen Standards zu organisieren, sind viele nationale und internationale Vorschriften zu beachten und das System vor betrügerischen Handlungen und Insolvenzen zu schützen. Selbst erfahrene Unternehmen wie PayPal stolpern gelegentlich über die Vielzahl zu beachtender Regeln.

Ob ausgerechnet Facebook hier der Durchbruch gelingen wird, ist fraglich. Ziel des sozialen Netzwerks ist nicht der Erfolg im Zahlungsverkehr und Banking. Facebook will seinen Messenger attraktiver machen. Damit ist die Bezahldienstleistung kein prioritäres Kerngeschäftsfeld, sondern nur eines von vielen Mitteln.

Dirk Elsner arbeitet als Unternehmensberater für die Innovecs GmbH.

Dirk Elsner arbeitet als Unternehmensberater für die Innovecs GmbH.