von Martin Blümel

Konsolidierung ist angesagt. Nachdem der DAX am vergangenen Freitag zum ersten Mal seit dem 17. August wieder einmal über 11 000 Punkten notierte, ging es prompt am Montag darauf wieder deutlich nach unten. Dennoch: Die Verluste des Spätsommer-Crashs, durch den der deutsche Leitindex auf fast 9300 Punkte gefallen war, sind damit erst einmal egalisiert worden. Und das in bemerkenswert kurzer Zeit. Gerade mal fünfeinhalb Wochen waren seit dem Tief vergangen. Aber dies ist wohl auch der Grund, warum der DAX zunächst einmal eine Pause eingelegt hat. Wir hatten das ja schon vergangene Woche vermutet: Es ging zu schnell zu weit. Das muss schlicht verdaut werden.

Der Auslöser für den Anstieg über die 11 000er-Marke ist dabei gleichzeitig der Auslöser für die Konsolidierung. Klingt seltsam? Ist es aber nicht. Es geht um den US-Arbeitsmarkt. Der hat sich im Oktober viel besser entwickelt als erwartet. Außerhalb der Landwirtschaft wurden 271 000 neue Stellen geschaffen, was deutlich über den Erwartungen der Volkswirte lag, die im Schnitt mit lediglich 181 000 neuen Jobs gerechnet hatten. Weil diese "good news" die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Zinserhöhung in den USA doch deutlich erhöht haben, zog der Dollar kräftig an, der Euro rutschte beträchtlich ab, und im Sog der Währungskapriolen schnellte der DAX nach oben, während gleichzeitig die Aktienkurse in den USA sanken. Diese Anomalie hielt aber nur einen Tag an - dann kam es zu besagter Konsolidierung schließlich auch im DAX.

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Zu viele Optimisten, wenige Pessimisten



Die Zutaten für die Rally-Pause sind also durchaus einleuchtend: Die wiederkehrenden Unsicherheiten, was die Zinspolitik in den USA angeht, sowie ein Kursplus, das zu schnell zu weit lief. Letzteres zeigt sich auch daran, dass in den USA die Anzahl der Börsenoptimisten auf den höchsten Wert seit Jahresbeginn gestiegen ist. Klassischerweise ist eine solche Euphorie immer ein hervorragender Kontraindikator für die kurzfristige Entwicklung der Börse.

Und wie geht es nun mittelfristig weiter? Drei Regionen gilt es zu beachten: Neben Europa und den USA natürlich China. Die bislang so schwache Börse Shanghai scheint sich zu stabilisieren. Vielleicht weil die geplanten finanz- und geldpolitischen Maßnahmen des neuen chinesischen Fünfjahresplans erste Wirkungen zeigen. Eine signifikante Wachstumsabschwächung soll da ja tunlichst vermieden werden. Tendenz also positiv.

In Europa wiederum hat EZB-Chef Mario Draghi damit begonnen, die Vorfreude auf (verfrühte) Weihnachtsgeschenke zu wecken. Auf ihrer Sitzung am 3. Dezember wird die EZB vermutlich das Anleihekaufprogramm ausweiten. Mehr Papiere bei längerer Programmdauer, so dürfte die Devise lauten. Dazu wohl eine Senkung des Einlagenzinses für die Banken, um diese zu großzügigerer Kreditvergabe zu bewegen. Daher auch hier: Tendenz positiv für den Aktienmarkt.

Das Zünglein an der Waage

Und die USA? Dort ist es nicht so einfach. Erhöht die Notenbank den Zins, dann wird sie das gut erklären müssen, um keine Angst vor einem dynamischen Zinserhöhungszyklus aufkommen zu lassen. Denn sonst droht Gefahr, etwa verstärkte Kapitalflucht aus den Schwellenländern. Summa summarum bleibt die EZB mit ihrer Liquiditätspolitik eine wichtige Triebfeder für die Aktienmärkte. Die Alternativen sind rar, dafür sind die Zinsen einfach zu niedrig. Rücksetzer bei DAX und Co sind daher gute Kaufgelegenheiten.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com