Es ist so weit. Per 20. Januar ist Donald Trump nun ganz offiziell - Amtseid inklusive - Präsident der Vereinigten Staaten. Damit beginnt auch gleich die vermutlich spannendste Phase der Amtszeit. Denn während der ersten 100 Tage einer neuen Präsidentschaft werden traditionell die wichtigsten politischen Änderungen angestoßen. Weil die unter Trump besonders drastisch ausfallen könnten, dürften auch die Kursausschläge an den Aktienmärkten wieder intensiver werden. Mehr Volatilität also. Und mehr Rotation, was die Branchen angeht.

Zurzeit geht man an der Börse ja ganz offensichtlich davon aus, dass der neue Präsident mit seiner Politik die amerikanische Wirtschaft stimulieren könnte - was sich dann natürlich auch positiv auf Europa und die gesamte Weltwirtschaft auswirken dürfte. Ob es tatsächlich so kommt, bleibt allerdings abzuwarten. Trumps Äußerungen, die auf mehr Protektionismus hindeuten, werden derzeit jedenfalls noch weitgehend ignoriert.

Doch es wird mit ziemlicher Sicherheit Maßnahmen geben, die man als Aktionär bereits jetzt positiv bewerten kann, etwa die niedrigeren Steuersätze für Unternehmen und Privatpersonen. Viele Anleger hoffen auf eine "Trumpflation", also eine durch Trumps Wirtschaftspolitik bewirkte Rückkehr der Inflation. Mit entsprechend positiver Wirkung auf die Börse.

Der Aktienmarkt hat dies mit viel Vorschusslorbeeren goutiert. Seit der US-Wahl hat der marktbreite S & P-500-Index beispielsweise um sechs Prozent zugelegt. Beim DAX ging es ähnlich nach oben. Das ist eine Menge. Und sollte daher auch zu Vorsicht mahnen - eine etwas kräftigere Konsolidierung ist eigentlich überfällig. Viele gute Nachrichten scheinen inzwischen in den Kursen eingepreist zu sein, wie es im Börsenjargon so schaurig-schön heißt. Zuletzt schien es gar so, als ob gute Wirtschaftsdaten allzu optimistisch interpretiert werden - ganz im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als ordentliche Daten pessimistisch bewertet wurden.

Was ebenfalls auffällt: Seit der Wahl haben sich die einzelnen Branchen höchst unterschiedlich entwickelt. Gut im Plus sind Aktien jener Bereiche, die vermeintlich von der Reflation profitieren. So sind etwa die Kurse von klassischen Industriewerten im S & P 500 seit dem Wahltag um acht, neun Prozent oder gar zweistellig gestiegen. Hier wird erwartet, dass höhere Infrastrukturausgaben die Nachfrage ankurbeln. Allerdings haben Infrastrukturprojekte lange Vorlaufzeiten, werden sich also erst nach Monaten oder Jahren positiv bemerkbar machen. Also Vorsicht.

Noch deutlicher gestiegen sind Aktien aus dem Finanzsektor, die von den steigenden Zinsen und weniger strenger Regulierung profitieren. Am unteren Ende der Performancetabelle finden sich Versorger und Unternehmen, die Grundbedarfsgüter herstellen. Die haben seit der Wahl im Schnitt sogar Minus gemacht. Wegen des unsicheren Ausblicks und der höheren geopolitischen Risiken sollte man diese defensiveren Branchen aber nicht aus dem Blick verlieren.

Eines darf man trotz der jüngsten Trump-Euphorie an der Börse ohnehin nicht vergessen: Zwar gelten nach gängiger Auffassung die Republikaner als markt- und unternehmerfreundlicher als die Demokraten, stehen sie doch für niedrige Steuern und weniger staatliche Eingriffe. De facto hat sich der amerikanische Aktienmarkt aber unter demokratischer Präsidentschaft in der Vergangenheit tendenziell besser geschlagen.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com