Die Profiteure der Globalisierung waren weltweit Verbraucher, in Form niedrigerer Güterpreise, und multinationale Konzerne, die ihre Produktions- und Distributionsstruktur sowie ihre Steuerlast optimieren konnten. Gleichzeitig gab es allerdings in vielen Ländern eine Aushöhlung der industriellen Basis. Die Verlierer waren somit binnenwirtschaftlich orientierte Unternehmen und Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen. Derzeit besteht die Gefahr, dass das Pendel zurückschwingt.

Das Brexit-Votum in Großbritannien und der US-Wahlkampf zeigen, dass viele Bürger in der westlichen Welt nicht mehr das Gefühl haben, dass ihnen die Globalisierung dient. Das schwache Wachstum der letzten Jahre hat breiten Bevölkerungsschichten keinen Zuwachs an Vermögen und Wohlfahrt gebracht, wozu starre staatliche Strukturen und überholte Arbeitsmarktregulierungen vielerorts beigetragen haben. Hinzu kommt eine wachsende Unzufriedenheit der "Millennials", also der nach 1985 Geborenen, die sich steigenden (Aus-)Bildungsausgaben, Einstiegshürden beim Arbeitsmarkt und sinkender sozialer Absicherung ausgesetzt sehen. Sie kritisieren eine Bevorzugung der "Baby Boomer"-Eltern-generation und fordern mehr Gerechtigkeit.

Eine Rückabwicklung der Globalisierung hätte gravierende Konsequenzen für Staaten, Bürger und Investoren. Erstens bedeutet ein damit eingehender abnehmender Welthandel weniger Wirtschaftswachstum. International rudern Politiker bereits bei bedeutenden Handelsabkommen zurück. Dies streut unweigerlich Sand ins Getriebe der Weltwirtschaft und schwächt eine ohnehin fragile Konjunktur. Der internationale Handel macht etwa 40 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums aus. Wäre er ein Staat, wäre er wirtschaftlich die Nummer 1 in der Welt - ein Fakt, der von der Politik gern übersehen wird.

Zweitens muss unternehmerische Verantwortlichkeit - Corporate Responsibility - neu definiert werden. Multinationale Konzerne haben jahrzehntelang von der Globalisierung profitiert. Wenn die Politik nun beginnt, lokal operierende Unternehmen zu fördern und auf eine lokale Besteuerung zu drängen, bläst ihnen dies Gegenwind ins Gesicht. Der jüngste Konflikt zwischen Apple und der Europäischen Kommission zeigt deutlich die Folgen für Aktionäre auf. Für die Konzerne kommt es nun darauf an, zusammen mit staatlichen Behörden darauf hinzuwirken, dass unternehmerische Verantwortlichkeit im weitestmöglichen Sinne wahrgenommen wird - und nicht nur mit Blick auf die kurzfristigen Auswirkungen auf Gewinne und Aktienkurs.



Drittens muss sich die Politik in den westlichen Staaten ihrer Wohlfahrtssysteme annehmen. Sonst droht eine Revolte der Millennials gegen die nicht kapitalunterlegten Ansprüche ihrer Elterngeneration. Die von der Demografie herausgeforderten Staaten Europas sowie Japan scheuen zurzeit noch einen ehrlichen Kassensturz. Ein Aussitzen dieses Problems geht nicht - je länger die Politik wartet, desto größer wird das Dilemma. Viertens schließlich muss die Finanzpolitik fiskalisch verantwortlich werden. Angesichts des schwachen Wachstums kommt der Ruf nach Staatsausgaben auf, etwa in Form von Infrastrukturausgaben. Anstatt aber aufs Geratewohl kreditfinanzierte Projekte zu starten, muss bei jeder Investition darauf geachtet werden, dass sie ihre Kosten trägt und die Wirtschaft nachhaltig stärkt.

All dies zeigt: Die seit Ende des Zweiten Weltkriegs gewohnte westliche Perspektive einer modernen, stabilen Welt, geprägt von Pax Europaea und Pax Americana, scheint sich dem Ende zuzuneigen. Es besteht das Risiko von weniger Kooperation und mehr Abschottung. Nur eine offene Diskussion darüber, wo Globalisierung versagt hat, sowie eine gerechtere nationale und internationale Verteilung ihrer Früchte kann verhindern, dass es bei der Globalisierung zu einer Schubumkehr kommt.

Neil Dwane hat einen Bachelor in Altphilologie der Durham University und ist Mitglied des Institute of Chartered Accountants. Er verantwortet die volkswirtschaftliche Analyse und Anlage-strategie von Allianz Global Investors und ist Vorsitzender des Global Policy Committee. Dwane startete seine Karriere 1988 und kam im Jahr 2001 als Head of UK and European Equity Management von JP Morgan Investment Management zu AGI.