Jetzt also die Trump-Rally. Ein neuer Trend. Zumindest ist davon gerade überall die Rede. Vor allem im US-Börsenfernsehen: Trump-Rally hier, Trump-Rally da. Klar, die Aktienkurse sind seit der US-Präsidentschaftswahl stark gestiegen, und es scheint allzu naheliegend, dies mit dem Sieger zu begründen oder mindestens damit, dass durch die Wahl endlich die lange Unsicherheit ein Ende gefunden hat. Aber im Ernst: Die Gründe für den Anstieg sind fundamentalerer Natur. Dass die Wirtschaft stärker wächst als angenommen, war doch schon vor der Wahl bekannt.

Und so nehmen die Dinge jetzt ihren Lauf: Besseres Wachstum führt zu steigenden Inflationserwartungen, dies wiederum zu einer Zinserhöhung, dann zu noch einer und noch mal einer. Und dann eventuell zu einem Kurssturz am Aktienmarkt, weil ab einem gewissen Grad höhere Zinsen eben einfach Gift sind für die Börse. "Three steps and a stumble", nennen das die Amerikaner. Schön anschaulich.

Der erste Step scheint jedenfalls schon anzustehen, die Inflationserwartungen klettern schließlich nicht erst seit gestern. Sehr wahrscheinlich also, dass die US-Notenbank Fed im Dezember dann das erste Mal die Zinsen erhöhen wird. Die Trump-Rally, wenn man sie denn wirklich so nennen will, hätte also tatsächlich noch Zeit und Raum, sich zu entfalten.

Die Bewertungen am Aktienmarkt sind jedenfalls noch nicht aus dem Ruder gelaufen. Dazu kommt die bessere Entwicklung bei den Unternehmensgewinnen. So sind im gerade abgelaufenen dritten Quartal die Profite der Mitglieder des marktbreiten S & P-500-Index um acht Prozent gestiegen - wenn man mal die Energie-unternehmen außen vor lässt, die sich durch das Auf und Ab beim Ölpreis in einer Art Sondersituation befinden.

Positiv sehen derzeit auch die meisten Konjunkturindikatoren aus: etwa der Citigroup Economic Surprise Index oder auch die Industrieproduktion in den USA. Es scheint aufwärtszugehen, Trump hin oder her. Allerdings könnten die Pläne des neuen Präsidenten dann doch so etwas wie das Sahnehäubchen sein: Die angekündigten Steuersenkungen und Infratrukturausgaben sollten zusätzliche Wachstumstreiber werden.

Man kann also durchaus davon ausgehen, dass die Fed am 14. Dezember den Leitzins um 25  Basispunkte nach oben schraubt und 2017 weitere Erhöhungen folgen lässt. Davon geht sogar Charlie Evans aus, das vorsichtigste der vorsichtigen Mitglieder des Fed-Offenmarktausschusses. Geht es nach ihm, dann sollen es drei Erhöhungen bis Ende 2017 sein. Irgendwann im kommenden Jahr könnte es dann gefährlich werden für die Aktienmärkte, wenn die bremsenden Effekte steigender Zinsen gewichtiger erscheinen als die positiven Effekte besseren Wachstums.

Viel wird darauf ankommen, ob die Fed angemessen agiert oder überreagiert. Trump wird hier durchaus mitreden, muss er doch im kommenden Jahr zwei Fed-Posten neu besetzen und 2018 auch darüber entscheiden, ob Janet Yellen an der Spitze des Gremiums weitermacht.

Bis man sich als Anleger aber wirklich Sorgen machen muss, ist es wohl noch eine Weile hin. Das gilt auch für Anleger, die auf deutsche Aktien setzen, selbst wenn die Börse hier gerade stagniert. Schwieriger wird es wohl erst dann, wenn die Dynamik am Arbeitsmarkt nachlässt und der Schwung bei den zyklischen Aktien. So lange aber gilt: gute Chancen am Aktienmarkt, egal ob man es nun Trump-Rally nennt oder nicht.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com