von Andreas Büchler und Franz-Georg Wenner

Ausgangssituation und Signal



Bereits seit Juni 2014 stehen die Preise für das "Schwarze Gold" massiv unter Druck. Ein wesentlicher Grund war damals die umstrittene Fracking-Industrie in den USA. Innerhalb kurzer Zeit kam es zu einem riesigen Öl-Boom, doch es wurde zu schnell zu viel gefördert. Amerika stieg innerhalb kurzer Zeit zum drittgrößten Erdölproduzent der Welt auf. Auch die zuvor mächtige OPEC musste zusehen, wie der Preis in den Keller rauschte.

Inzwischen ist das Kartell nahezu handlungsunfähig, die Mitglieder können sich nicht auf eine gemeinsame Angebotsstrategie einigen, zu unterschiedlich sind die nationalen Interessen. In einigen Staaten spitzt sich die Haushaltslage wegen des Preisverfalls dramatisch zu, während andere Mitglieder wie Saudi-Arabien versuchen, mit einem Preiskampf aufstrebende Produzenten wie die USA aus dem Markt zu drängen. Doch bisher geht die Strategie nicht auf, weltweit herrscht ein deutliches Überangebot. Der angekündigte Börsengang der größten Ölförderfirma der Welt, Saudi Aramco, zeigt sehr deutlich, dass selbst Saudi-Arabien dringend auf neue Einnahmequellen angewiesen ist.

Am Wochenende wurden auch die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben, das Land kann nun Öl und Gas exportieren. Dies passierte zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn das zusätzliche Angebot trifft auf einen ohnehin überversorgten Markt. Auf der anderen Seite fällt nun ein drohender Belastungsfaktor weg. Die Marktreaktion zum Wochenauftakt fällt daher verhalten aus.

Noch kritischer ist die Lage bei vielen Ölförderfirmen einzustufen. Vor allem in den USA droht zahlreichen Newcomern die Pleite, weil hohe Schulden für die Anfangsinvestitionen aufgenommen wurden und nun nicht mehr bedient werden können. Die steigenden Zinsen im Junkbond-Bereich zeigen dies deutlich, zugleich nehmen die Kreditausfallraten bei Banken zu und belasten die Finanzbranche. Ein Teufelskreis entsteht - wir verweisen auf die Lage am Immobilienmarkt vor rund acht Jahren.

Auf der anderen Seite ist die Nachfrage schwach. China als zweitgrößter Öl-Verbraucher der Welt präsentierte zuletzt schlechte Konjunkturdaten in Serie. Auch die gut gefüllten Reservetanks stehen einer Erholung entgegen. Angesichts der schlechten Perspektiven verstärkten sich zuletzt die Befürchtungen vor einem unkontrollierten Preisverfall, der weitere negative Effekte nach sich zieht. Wegen der großen Bedeutung der Energiebranche für die Finanzmärkte reagieren daher aktuell auch die Aktienmärkte sehr stark auf die Kursentwicklung am Ölmarkt. Einige Staaten könnten bei einer anhaltenden Talfahrt gezwungen sein, ihre Finanzreserven zu liquidieren und Positionen in Ölfonds aufzulösen, um die Löcher im Haushalt zu stopfen.

Die Bedeutung für die Aktienmärkte ist nicht zu unterschätzen, wie das Beispiel Norwegen zeigt. Das Land hält Anteile an rund 9000 Unternehmen, verfügt über rund 1,3 Prozent sämtlicher Aktien auf der Welt und 2,4 Prozent der in Europa. Die Investmentpolitik der Ölfonds könnte sich daher als Zünglein an der Waage für die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten erweisen.

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Analysten reduzierten zuletzt ihre Prognosen für Öl auf zehn bis 20 Dollar, ganz nach dem Motto: "Wer bietet weniger". Die extrem bearishe Stimmung kann aber auch als Kontraindikator gesehen werden und eine Erholung ermöglichen. Nach Verlusten von mehr als 40 Prozent seit Anfang November ist das "Schwarze Gold" kurzfristig deutlich überverkauft. Im Tageschart (blauer Indikator) ist erkennbar, dass die Preise knapp 14 Prozent unter dem Monatsdurchschnittskurs verlaufen, was in den vergangenen Jahren nur äußerst selten der Fall war und in der Regel eine Gegenbewegung nach oben einläutete.

Öl der Nordseesorte Brent handelt derzeit mit einem Preisabschlag zu WTI, was in den vergangenen fünf Jahren sehr selten vorgekommen ist. Zuletzt rutschte der Brent-Preis erstmals seit zwölf Jahren unter die Marke von 30 Dollar und steht derzeit um 29,50 Dollar. Im besten Fall sind die kommenden Tage von einer Bärenmarktrally (Short-Eindeckungen) gekennzeichnet. Als Zielregion dient wie schon mehrfach in den vergangenen Monaten die 21-Tage-Linie bei derzeit knapp über 34 Dollar (rund 15 Prozent Potenzial).

Interessant erscheint auch der langfristige Chart seit 1995. Im Bereich um 25 Dollar verläuft eine Haltezone, die zuletzt 1999 von oben angelaufen wurde. Dazu kommt: Gemessen an einer Abweichung nach unten um aktuell rund 45 Prozent zum langfristigen Durchschnittskurs (über 200 Tage berechnet) ist der Markt auch aus einer übergeordneten Perspektive statistisch außergewöhnlich stark gefallen und damit erholungsreif (violetter Indikator unter dem Wochenchart). Selbst auf dieser Basis ist das Risiko für den Ölpreis auf der Unterseite inzwischen somit stark begrenzt.

Kurse unter der 25er-Marke sind bei Brent somit vorläufig eher nicht zu erwarten. Kurzfristig besteht sogar die Chance für eine Erholung, was auch die Lage am Aktienmarkt entspannen dürfte. Wer das hohe Risiko einer Spekulation gegen den Abwärtstrend eingehen möchte, kann beispielsweise mit dem unten vorgestellten Mini Long der Citi (WKN: CW75DD) auf eine überfällige kurze Zwischenerholung setzen. Das Papier vervielfacht Kursbewegungen des Brent-Rohölfutures um knapp das Sechsfache. Es verfällt (fast) wertlos, wenn der Ölpreis die 25er-Marke berührt, kann seinen Wert jedoch im Gegenzug im Wert beinahe verdoppeln, wenn die Kurse sich nur geringfügig zurück nach oben an unsere erste Zielmarke erholen.

Tageschart





Wochenchart





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Produktidee































Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des "Index-Radar, der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Andreas Büchler ist Herausgeber des Magazins und Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.

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