Russland, das rund 40 Prozent seiner staatlichen Einnahmen aus dem Öl-Export bezieht, gehen durch den fallenden Ölpreis nach eigener Auskunft bis zu 100 Milliarden Dollar jährlich verloren.

Die Entscheidung für eine gleichbleibende Produktion markiert eine Kehrtwende gegenüber der bisherigen Opec-Strategie, fallende Preise mit einer Reduzierung des Angebots zu bekämpfen. Stattdessen will Saudi-Arabien offenbar die Preise für eine Zeit lang drücken, um so die - zu einer ernsthaften Konkurrenz aufgestiegene - Schieferöl-Produktion in den USA zu schwächen. Der Opec-Entscheid drückte den Preis der Nordsee-Ölsorte Brent um weitere sechs Prozent in die Tiefe auf etwa 73 Dollar.

Seit Juni sind die Ölpreise vor allem wegen der Wirtschaftsflaute in Europa und China um gut ein Drittel gesunken. Die Organisation Erdöl fördernder Länder (Opec) will ihr nächstes Treffen erst im Juni abhalten und signalisierte damit, auch kein Sondertreffen einzuplanen. Zudem war in ihrer Erklärung auch nicht davon die Rede, das Mitglieder die Überproduktion einstellen sollten. "Wir interpretieren dies so, dass Saudi-Arabien die Ansicht vertritt, dass die Ölpreise kurzfristig weiter sinken müssen", erklärte Olivier Jakob von der Beratungsfirma Petromatrix. "Mit anderen Worten sollte es im Interesse der Opec sein, für eine Zeit mit niedrigeren Preisen zu leben, um Entwicklungsprojekte in den USA abzubremsen."

FRACKING IN DEN USA KÖNNTE ZU KOSTSPIELIG WERDEN

Die USA lösen mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Technologie Öl aus Schiefergestein heraus und erschließen mit diesem Verfahren neue Vorkommen. Dies ist eine weitere Ursache der weltweiten Rohöl-Schwemme. Doch auch für die USA könnte der sinkende Ölpreis über kurz oder lang zum Problem werden, denn die Schieferölproduktion ist kostspielig.

Als wichtigstes Förderland außerhalb der Opec dürfte das zusätzlich von westlichen Sanktionen gebeutelte Russland einer der größten Leidtragenden der derzeitigen Strategie des Ölkartells sein. Im russischen Haushaltsplan für 2014 rechnet die Regierung in Moskau mit einem durchschnittlichen Preis von 104 Dollar je Barrel. Diese Annahme ist nun endgültig Makulatur, weshalb der Rubel in Reaktion auf die Opec-Entscheidung auf ein Rekordtief fiel.

GLOBALER ÖLKRIEG?

In Moskau ist angesichts der Entwicklung auf den Ölmärkten längst von einem Komplott die Rede - zumal Saudi-Arabien ein wichtiger Verbündeter der USA ist. Sogar "New York Times"-Kolumnist Thomas Friedman gab kürzlich zu bedenken: "Bilde ich mir das ein, oder haben wir es mit einem globalen Ölkrieg zu tun, mit den USA und Saudi-Arabien auf der einen Seite und Russland und dem Iran auf der anderen?" Der Iran hat den beiden Feinden USA und Saudi-Arabien ebenfalls konspirative Absprachen vorgeworfen, um seine Wirtschaft zu ruinieren. US-Außenminister John Kerry heizte die Spekulationen zusätzlich an. Als man ihn bei einem Besuch in der saudischen Hauptstadt Riad im September nach der Bedeutung des Ölpreises für den russischen Haushalt fragte, lächelte er und sagte: "Die Saudis sind sich ihrer Fähigkeit, die Preise auf dem Welt-Ölmarkt zu bestimmen, sehr, sehr genau bewusst."

Im Anschluss an das Opec-Treffen war der Streit innerhalb des Kartells an den Gesichtern der Teilnehmer abzulesen. Venezuelas Außenminister Rafael Ramirez war sichtlich verärgert und lehnte jegliche Stellungnahme ab. Dagegen jubelte der saudische Ölminister Ali al-Naimi mit einem breiten Grinsen: "Das war eine tolle Entscheidung."

rtr