Der am Freitagabend veröffentlichte Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission basierte auf den Marktdaten vom 12. April (Dienstag) und war von einem nachlassenden Optimismus unter Großspekulanten (Non-Commercials) und einem wachsenden Pessimismus der Kleinspekulanten (Non-Reportables) gekennzeichnet. Summa summarum hat sich die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Terminspekulanten seit Ende März deutlich reduziert. Hier kam es innerhalb von zwei Wochen zu einem Rückgang von 305.050 auf 279.234 Futures (-8,5 Prozent). Zur Erinnerung: Mitte 2014, also unmittelbar vor dem massiven Einbruch des Ölpreises, lag dieser Wert bei fast 500.000 Kontrakten.

Seit Ende März gab es zwei Auffälligkeiten zu beobachten. Zum einen waren die Großspekulanten für die wachsende Skepsis bei WTI-Futures mengenmäßig hauptverantwortlich und zum anderen hat sich die neutrale Stimmung der Kleinspekulanten mittlerweile in einen markanten Pessimismus gewandelt. So haben große Terminspekulanten ihre Netto-Long-Position innerhalb von zwei Wochen von 305.511 auf 289.161 Futures (-5,4 Prozent) zurückgefahren, während Kleinspekulanten ihre leichte Netto-Short-Position (pessimistische Markterwartung) von minus 461 auf minus 9.927 Kontrakte kräftig ausgebaut haben.

Auf Seite 2: Ergebnisloses Doha-Treffen sorgt für Preissturz



Die seit zwei Monaten zu beobachtende massive Erholungstendenz war im Wesentlichen auf die Hoffnung der Marktakteure zurückzuführen, dass auf dem am gestrigen Sonntag Treffen wichtiger Ölförderländer in der katarischen Hauptstadt Doha ein Einfrieren der Ölproduktion beschlossen werden könnte. Saudi-Arabien wollte unbedingt, dass auch der Iran seine Ölproduktion begrenzt. Dieser würde zwar eine Limitierung der Ölproduktion begrüßen, bestand aber darauf, seine eigene Ölförderung auf das vor dem Handelsembargo vorhandene Niveau hochzufahren. Mit dem Scheitern der Verhandlungen entstand nun erhebliches Korrekturpotenzial.

In einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg war nämlich vom saudischen Vize-Kronprinz zu hören, dass Saudi-Arabien die tägliche Ölproduktion auf 10,3 bis 10,4 Millionen einfrieren könne. Man wäre aber auch in der Lage, die Förderung schnell auf 11,5 Millionen Barrel und in sechs bis neun Monaten sogar auf 12,5 Millionen Barrel zu erhöhen. Langfristig könnte man sogar bei verstärkten Investments in die Ölindustrie eine Tagesproduktion von 20 Millionen realisieren. Dieses konjunktive Statement kann auch als Drohung an die mit Saudi-Arabien konkurrierenden Ölförderländer interpretiert werden - die sich derzeit an einem Einfrieren Ölförderung nicht beteiligen wollen - allen voran Iran.

Der seit Mitte 2014 zu beobachtende Ölpreissturz um 60 Prozent steht in direktem Zusammenhang mit dem Förderboom bei US-Schieferöl. Dessen Produktionskosten fallen - ähnlich wie die Förderung auf hoher See - deutlich höher aus als die konventionelle Onshore-Ölförderung in arabischen Ländern oder Russland. Die Strategie der Saudis durch verstärkte Förderung den Ölpreis zu drücken und dadurch teure Ölproduzenten aus dem Markt zu drängen, brachte bislang nicht den erhofften Erfolg. In den USA hat sich zwar die Zahl der Bohrlöcher, nicht aber die daraus geförderte Ölmenge signifikant reduziert. Mittlerweile mehren sich aber die Anzeichen, dass es mit der in den USA geförderten Ölmenge deutlicher bergab gehen könnte.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.