"Das erneute Anschwellen der Coronavirus-Infektionen und die restriktiven und verlängerten Eindämmungsmaßnahmen in vielen Euro-Ländern beeinträchtigen die Wirtschaftsaktivität", sagte sie. Die Notenbank sei bereit, nötigenfalls alle ihre Instrumente anzupassen. Den Leitzins beließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent, wo er bereits seit März 2016 liegt.

Der Beginn der Impstoffverteilung zum Jahresende erlaube zwar mehr Zuversicht, sagte Lagarde. Es brauche aber einige Zeit, bis eine weitverbreitete Immunität erreicht werde. Die EZB hatte der Wirtschaft im Euro-Raum im vergangenen Jahr angesichts des Konjunktureinbruchs infolge der Pandemie wiederholt mit Hilfsprogrammen unter die Arme gegriffen. Damit soll sichergestellt werden, dass der Kreditfluss an Unternehmen und Haushalte in der Virus-Krise nicht abreißt und die Renditen der Staatsanleihen der Euro-Länder an den Börsen nicht aus dem Ruder laufen. Zuletzt stockte sie im Dezember ihr Pandemie-Anleihenkaufprogramm PEPP um 500 Milliarden Euro auf ein Volumen von nunmehr 1,85 Billionen Euro auf. Zudem wurden die PEPP-Käufe bis mindestens Ende März 2022 verlängert. Auch wurden weitere große Langfrist-Kreditspritzen für die Geschäftsbanken zu günstigen Konditionen vereinbart.

Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe, betonte, die EZB bleibe in Alarmbereitschaft. "Als Auslöser kommen vor allem pandemiebedingte Konjunkturprobleme, eine bröckelnde Finanzmarktstabilität und eine weitere Euro-Festigung in Frage." Nach Einschätzung von Uwe Burkert, Chefvolkswirt der LBBW, wird es auf der Zinssitzung im März wieder spannend. "Dann haben wir die ersten Inflationszahlen aus dem Euro-Raum für 2021, und die EZB kann dann mit aktualisierten Projektionen entscheiden, ob das geldpolitische Tableau nachgebessert werden muss", erläuterte er.

EINLAGESATZ BLEIBT KONSTANT


Im vierten Quartal schrumpfte die Wirtschaft im Währungsraum laut EZB voraussichtlich. Und eine rasche Erholung im ersten Quartal des neuen Jahres ist angesichts verschärfter Lockdown-Schritte eher unwahrscheinlich. Das Wiederaufflammen der Pandemie und die Eindämmungsmaßnahmen belasteten voraussichtlich auch im Auftaktviertel die Wirtschaftsaktivität, sagte Lagarde. Dazu kommt, dass die Geschäftsbanken ihre Vergabestandards für Unternehmenskredite in den ersten drei Monaten 2021 verschärfen wollen, was den Kreditfluss bremsen könnte. Sorge bereitet zudem, dass die Inflationsrate bereits seit fünf Monaten negativ ist. Im Dezember lag sie bei minus 0,3 Prozent. - und das ist weit von der EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent entfernt.

Allerdings wird die Teuerungsrate Lagarde zufolge in den kommenden Monaten wieder anziehen. Ein Grund sei die Rücknahme der zeitweiligen Mehrwertsteuersenkung in Deutschland. "Die EZB bereitet die Öffentlichkeit auf einen zumindest zeitweilig deutlichen Anstieg der Inflation am Ende der Corona-Pandemie vor", sagte Friedrich Heinemann vom Forschungsinstitut ZEW. Lagarde zufolge sind inzwischen einige zentrale Unsicherheiten ausgeräumt. Die Risiken für die Konjunktur seien etwas weniger ausgeprägt, sagte sie.

An ihrem Einlagesatz rüttelte die Euro-Notenbank am Donnerstag ebenfalls nicht. Dieser bleibt damit auf dem Niveau von minus 0,5 Prozent. Bei einem negativen Satz müssen Banken Strafzinsen bezahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Doch es gibt inzwischen einige Erleichterungen für die Institute, da die EZB im Herbst 2019 ein Staffelsystem eingeführt hat. Dies hat zur Folge, dass nicht mehr auf alle geparkten Gelder Strafzinsen fällig werden.

rtr