Carsten Spohr nimmt im Lufthansa-Cockpit Platz: Der aussichtsreichste Anwärter auf die Nachfolge von Christoph Franz, der zu Roche wechselt, wird nach einer zähen Suche ab Mai Konzernchef. Mit dem Top-Job bei Europas größter Fluglinie wird Spohr dafür belohnt, dass er das Passagiergeschäft der Lufthansa wieder auf Kurs gebracht hat.

Der selbstbewusst auftretende 47 Jahre alte Manager ist seit 2011 im Vorstand der Lufthansa. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur kennt sich nach zwei Dekaden bei der Lufthansa in jeder Ecke des 117.000 Mitarbeiter großen Konzerns aus. Ihm wird auch zugetraut, die nach harten Sanierungsschritten von Franz zerstrittenen Tarifparteien wieder an einen Tisch zu bringen. Insbesondere die bei der Lufthansa stark vertretenen Spartengewerkschaften von Flugbegleitern oder Piloten gehen auf die Barrikaden. Bei den Piloten kennt Spohr sich gut aus: Er hat selbst eine Fluglizenz für den Airbus A320.

Spohr tritt geschmeidig auf und ist schlagfertig. Auf einer Konferenz schlug er Londoner Finanzexperten unlängst mit einem großen Augenzwinkern vor, doch als Flugbegleiter bei der Lufthansa anzufangen. "Damit könnten Sie deutsche Fräuleins kennenlernen." Eine spöttische Bemerkung über Ryanair kam bei dem Konkurrenten nicht gut an - die irische Billigfluglinie klagt vor Gericht gegen Spohr und erreichte eine Einstweilige Verfügung, die ihm das Wiederholen der Aussage verbietet.

Spohr kommt aus Wanne-Eickel im Ruhrgebiet, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Sein größter Coup war der bei Vielfliegern umstrittene, aber wirtschaftlich erfolgreich Neustart des Billigablegers Germanwings. Damit empfahl sich der ausgebildete Pilot für Höheres. Hier hatte der Konzern in der Vergangenheit jährlich Verluste von bis zu 300 Millionen Euro angehäuft, Spohr schaffte die Wende. Die Geschäftszahlen untermauerten zuletzt die Ambitionen des Managers: Der operative Gewinn der Lufthansa-Passagiersparte und ihrer Billigtochter Germanwings schnellte in den ersten neun Monaten 2013 um 170 Prozent auf 300 Millionen Euro nach oben. Die Erlöse stagnierten bei 13,2 Milliarden Euro. Keine Sparte des Konzerns setzt mehr um.

Zuletzt hatten sich auch Investoren öffentlich dafür eingesetzt, dass Spohr auf den Chefsessel rückt - Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber ging ihnen bei der Suche nach dem Franz-Nachfolger zu bedächtig vor. Mayrhuber, der selbst mal die Lufthansa führte, hatte sich fest vorgenommen, auch externen Kandidaten zu berücksichtigen. Das zog sich hin. In der Zeit war Spohr abgetaucht und äußerte sich nicht mehr öffentlich, um nicht ständig über den langwierigen Suchprozess reden zu müssen.

Reuters