"Dies erfüllt mich mit einer gewissen Sorge, denn die EZB kann nicht alle Probleme lösen." Die Zinsen dürften auf keinen Fall länger so niedrig bleiben als es mit Blick auf die Preisstabilität unbedingt erforderlich sei. Die EZB dürfe dabei niemanden schonen. "Mögliche Probleme einzelner Finanzinstitute oder Staatshaushalte dürfen uns nicht davon abhalten, die Geldpolitik zu normalisieren, sobald es geboten ist."

Weidmann sprach sich auch für eine Abspaltung der Bankenaufsicht von der EZB aus. "Der EZB-Rat verantwortet Geldpolitik und Bankenaufsicht", sagte Weidmann. Hier drohe ein Zielkonflikt: Als Bankenaufseher tue sich der EZB-Rat möglicherweise schwer, eine Bank hart anzufassen oder gar auf eine Abwicklung hinzuwirken, wenn er wisse, dass er aufgrund seiner geldpolitischen Maßnahmen ihr größter Gläubiger sei. "Als Geldpolitiker tue er sich möglicherweise schwer, den Leitzins anzuheben, wenn ihm Probleme, die Banken mit dem Zinsanstieg haben können, als Aufseher auf die Füße fallen."

Der Bundesbank-Präsident äußerte sich zudem besorgt über die Zukunft Europas. "Die übliche Reaktion der EU-Institutionen, Krisen mit 'mehr Brüssel', mehr Integration zu beantworten, verfängt nicht mehr", sagte Weidmann. Für viele Bürger habe Europa an Strahlkraft verloren und sei zur Projektionsfläche für die "Schattenseiten von Globalisierung und Migration" geworden.