PARIS/LONDON/ZÜRICH (dpa-AFX) - Europas wichtigste Aktienmärkte haben am Freitag nachgegeben und damit auf israelischen Angriff auf den Iran reagiert. Nach der ersten Überraschung stelle sich zunächst eine abwartende Haltung ein. "Es ist derzeit noch verfrüht, potentielle wirtschaftliche Auswirkungen der zunehmenden Spannungen in dem Nahen Osten einordnen zu können", beschrieb Marktexperte Andreas Lipkow die Lage.

Der EuroStoxx 50 sank am Mittag um 1,37 Prozent auf 5287,21 Punkte. Außerhalb des Euroraums notierte der Londoner Leitindex FTSE 100 mit 0,41 Prozent im Minus bei 8.848,06 Zählern, hier stützten die gefragten Ölwerte etwas. Der Schweizer SMI gab um 1,05 Prozent auf 12.193,43 Punkte nach.

Marktteilnehmer äußerten sich besorgt, vermieden aber allzu deutliche Worte. "Die neue Situation hat das Potenzial zu eskalieren", warnte Mark Dowding, Anleiheexperte bei der Fondsgesellschaft RBC BlueBay Asset Management, fügte aber hinzu: "Dennoch halten wir momentan einen größeren Krieg im Nahen Osten für unwahrscheinlich."

Die Entwicklung der Einzelsektoren spiegelte die Situation wider: An der Spitze lagen die Ölwerte, die von dem deutlichen Anstieg der Ölpreise profitierten, während die Aktien der Fluggesellschaften und Reiseveranstalter unter Druck gerieten. So sanken etwa Air France-KLM um 3,8 Prozent.

Auch die konjunktursensiblen Autowerte schwächelten merklich. "Da der Iran nicht nur ein großes Ölförderland ist, sondern auch wichtige Transportwege kontrolliert, schwingt an den Kapitalmärkten die Sorge mit, dass eine weitere Eskalation mit belastenden Folgen auch für die Weltwirtschaft einhergehen würde", stellte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka Bank fest. "Entsprechend sensibel reagieren nicht nur die Ölpreise, sondern auch die globalen Risikomärkte auf die Lage."

Vergleichsweise gut hielten sich dagegen defensive Sektoren wie Versorger, Nahrungsmittel und Pharma. Letztere profitierten auch von den Gewinnen des Schwergewichts Novo Nordisk . Zuletzt stieg die Aktie um 2,4 Prozent und erreichte damit wieder die höchste Marktkapitalisierung in Europa. Titel des bisherigen Spitzenreiters SAP verloren dagegen im Zuge der Korrektur des Gesamtmarktes 2,2 Prozent. Novo Nordisk profitierten mit den Gewinnen von einer Meldung vom Vorabend. Danach will das dänische Pharmaunternehmen seinen Wirkstoff Amycretin zur Regulierung von Übergewicht in die fortgeschrittenen Testphasen überleiten, nachdem die Zulassungsbehörden sich entsprechend günstig geäußert hatten. Die Aktie hatte in den vergangenen Wochen bereits von einem Bericht der "Financial Times" profitiert, wonach der Hedgefonds Parvus Asset Management eine Beteiligung an Novo aufgebaut hat./mf/mis

Quelle: dpa-Afx