Enttäuschende Konjunkturdaten aus China haben die europäischen Börsen am Freitag erneut auf Talfahrt geschickt. Der Dax sank am Nachmittag um 1,4 Prozent auf 10.289 Punkte, zeitweise war der Leitindex auf den tiefsten Stand seit sieben Monaten gefallen. "Die Aktienmärkte verfallen in einen Panik-Modus, da das volle Ausmaß des Konjunkturabschwungs in China deutlicher wird", sagte Angus Nicholson, Analyst beim Online-Broker IG. Der EuroStoxx50 gab um 1,3 Prozent nach. Auch an den US-Börsen zeichnete sich ein schwacher Handelsstart ab.

Die Anzeichen für eine deutliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft haben sich zuletzt gemehrt. Daten vom Freitag zeigten, dass die Geschäfte der Industrie im August so stark geschrumpft sind wie seit sechseinhalb Jahren nicht mehr. "Die Zahl reiht sich ein in eine lange Kette von Enttäuschungen, die uns in den vergangenen Wochen aus dem Land erreicht haben, das noch vor wenigen Monaten als der große Hoffnungsträger für die weltkonjunkturelle Entwicklung galt", erklärten die Analysten der Metzler Bank. Der chinesische Leitindex Shanghai-Composite gab um 4,2 Prozent nach.

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KLEINER VERFALL FÜHRT ZU STARKEN SCHWANKUNGEN



In Europa belasten die Befürchtungen, dass sich der Wachstumsrückgang in der Volksrepublik als langfristiger Trend herausstellen könnte, vor allem exportorientierte Industriezweige wie die Autobauer. Der europäische Branchenindex fiel seit Montag um rund sechs Prozent - im Dax verloren Daimler, Volkswagen und BMW seither jeweils ebenso viel.

Zum Wochenschluss schwankten die Kurse stark hin und her - neben den Sorgen um China trug auch der kleine Verfall zu dem volatilen Handel bei, da Optionen auf Indizes und einzelne Aktien auslaufen. Investoren versuchen die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, dann in eine für sie günstige Richtung zu bewegen. Kaum Beachtung fanden dagegen positive Konjunkturdaten aus der Euro-Zone: Der Einkaufsmanagerindex für die gesamte Privatwirtschaft stieg im August um 0,2 auf 54,1 Punkte. Das ist einer der besten Werte der vergangenen vier Jahre.

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ZWEIFEL AN BALDIGER US-ZINSWENDE TREIBEN EURO



Ordentlich Bewegung gab es auch am Devisenmarkt: Spekulationen auf eine vorerst anhaltend lockere US-Geldpolitik trieben den Euro auf 1,1294 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit zwei Monaten. Anleger vermissten im jüngsten Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed Hinweise darauf, dass die geplante Zinswende in den USA unmittelbar bevorsteht. Bislang waren viele Investoren von einer Erhöhung der Zinsen im September ausgegangen.

Schwächster Dax-Wert waren zum Wochenschluss die Aktien der Lufthansa, die sich nach einer Verkaufsempfehlung der Analysten von Goldman Sachs um 3,4 Prozent verbilligten. Zuflucht fanden einige Anleger in Bundesanleihen, die gerne als sichere Häfen angesteuert werden. Die Kurse stiegen, im Gegenzug fiel die Rendite der zehnjährigen Titel auf 0,561 Prozent. Die "Anti-Krisen-Währung" Gold verteuerte sich um bis zu 1,4 Prozent auf 1168,40 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm), so viel kostete das Edelmetall zuletzt vor fast sieben Wochen.

Die Probleme in China setzten dem Ölpreis weiter zu. Für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent mussten Anleger zeitweise 46,00 Dollar und damit 1,3 Prozent weniger als am Vortag bezahlen. US-Ölsorte WTI verbilligte sich um bis zu 1,6 Prozent auf 40,65 Dollar. Der Preis für WTI hatte am Donnerstag mit 40,21 Dollar je Fass zeitweise den niedrigsten Stand seit sechseinhalb Jahren markiert.

Reuters