Damit würde die von China angedrohte Verdopplung der Importzölle auf 50 Prozent die beiden Konzerne aus München und Stuttgart hart treffen. "Das ist eine Steuer für Süddeutschland, nicht für die USA", spitzt es der Branchenexperte Arndt Ellinghorst zu.

Die US-Regierung hat Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent auf 1300 chinesische Produkte etwa aus den Bereichen Industrie, Technologie oder Verkehr angekündigt. China konterte daraufhin, man plane Zusatzabgaben etwa auf Sojabohnen, Rindfleisch oder Autos aus den USA. Auch wenn beide Seiten zuletzt ihre Töne mäßigten, ist der mögliche Aufbau gegenseitiger Handelsbarrieren nicht vom Tisch. Zu den Verlierern zählen neben Autobauern und Landwirten in den USA auch die US-Chemieindustrie und der Flugzeugbauer Boeing.

INSGESAMT 1,7 MILLIARDEN DOLLAR IM FEUER



Die Autoindustrie bedient die Nachfrage der wachsenden Mittel- und Oberschicht in China nach PS-starken Autos und Sportgeländewagen (SUV) zu einem großen Teil aus amerikanischer Produktion. Knapp ein Viertel der chinesischen Fahrzeugimporte kommen aus den USA. In die entgegengesetzte Richtung werden dagegen deutlich weniger und meist auch nur kleinere Autos über den Pazifik verschifft.

Falls China seine Drohung wahr macht, könnten BMW und Daimler Aufträge im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar verlieren: Autoexperte Ellinghorst zufolge stehen bei Daimler 765 Millionen Dollar im Feuer, bei BMW sogar 965 Millionen Dollar. Von den eingesessenen US-Herstellern wären vor allem Ford und der Elektrowagenbauer Tesla von den Zöllen betroffen, denn sie exportieren ebenfalls in nennenswertem Umfang nach China. Der Platzhirsch General Motors hingegen geht hauptsächlich den umgekehrten Weg und produziert in China Modelle für den eigenen Heimatmarkt.

Der Münchener BMW-Konzern betreibt in Spartanburg in South Carolina seine größte Fertigungsstätte überhaupt. Rund 10.000 Menschen bauen hier die Sportgeländewagenmodelle X3 bis X7. Im vergangenen Jahr seien mehr als 100.000 Fahrzeuge aus Spartanburg nach China verkauft worden - 18 Prozent der gesamten Lieferungen von BMW in die Volksrepublik, erläutert der Konzern. Freier Handel habe den Erfolg der Münchener in den USA erst ermöglicht. "Deswegen wäre eine weitere Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China schädlich für alle Beteiligten", heißt es in einer Stellungnahme.

KLEINERE ANPASSUNGEN MÖGLICH



Schnell reagieren könnte BMW im Falle einer Eskalation des Handelsstreits nicht, wie die Äußerungen von BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer auf dem Genfer Autosalon verdeutlichen. "Wir müssen Entscheidungen über den Bau von Werken wie in Spartanburg oder in Mexiko mit einem Horizont von 20 bis 30 Jahren treffen. Wenn wir die Strategie bei jedem Tweet ändern würden, würden wir verrückt werden", sagte er. Kleinere Anpassungen sind aber schon möglich. So soll der künftig der kleine SUV X3 nicht mehr aus Spartanburg nach China exportiert werden, erklärte BMW. Das Modell hat im letzten Jahr 35 Prozent der Exporte des Konzerns aus den Vereinigten Staaten nach China ausgemacht. Nun will BMW die Produktion des X3 in China hochfahren.

Daimler wollte sich nicht so konkret zu Stückzahlen und Volumen der aus den USA nach China gelieferten Fahrzeuge äußern. In ihrem Werk in Tuscaloosa in Alabama produzierten die Schwaben im vergangenen Jahr 286.000 Fahrzeuge, die in mehr als 135 Märkte exportiert wurden. Die großen SUV-Modelle GLE und GLS werden hier produziert. Daimler-Chef Dieter Zetsche brach am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Berlin ebenfalls eine Lanze für Freihandel. Daimler beschäftige 119.000 Menschen außerhalb Deutschlands, mehr als 40 Prozent der weltweiten Belegschaft. "Faire und freie Märkte sind auch im Interesse dieser Kolleginnen und Kollegen."

rtr