Der CDU-Politiker bestätigte damit Zahlen, über die am Dienstag die Nachrichtenagentur Reuters als erstes berichtet hatte. Die Erholung von der Corona-Krise verschiebt sich also stärker ins Jahr 2022. "Die Steuereinnahmen werden im nächsten Jahr ebenfalls wachsen", sagte Altmaier voraus. Mehrere Unternehmensverbände forderten Entlastungen angesichts von hoher Energiepreise und einem Mangel bei Vorprodukten und Rohstoffen.

Die 22 Arbeitsgruppen der geplanten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP tagen seit Mittwoch, um die Details für die nächste Regierung auszuarbeiten. Bis Ende November soll ein Koalitionsvertrag stehen, Der SPD-Politiker Olaf Scholz dann im Dezember zum Kanzler gewählt werden. Die Ampel-Partner wollen das Land modernisieren und planen gewaltige Investitionen in den Klimaschutz und die Digitalisierung. Eine brummende Wirtschaft dürfte die Finanzierung dabei deutlich einfacher machen.

Konkret rechnet das Bundeswirtschaftsministerium für 2021 nur noch mit einem Wachstum von 2,6 Prozent statt der im Frühjahr in Aussicht gestellten 3,5 Prozent. 2022 dürfte die Wirtschaft dafür um 4,1 Prozent zulegen, das sind 0,5 Punkte mehr als bislang gedacht. 2023 wird mit 1,6 Prozent gerechnet.

"In diesem Jahr kommt es angesichts der aktuellen Lieferengpässe und weltweit hoher Energiepreise nicht zum erhofften Schlussspurt", sagte Altmaier. Es gebe einen kühlen Herbstwind. Beispielsweise seien die Ölpreise aktuell doppelt so hoch wie vor einem Jahr. Verbraucher müssten länger auf bestimmte Waren warten, außerdem spürten sie deutliche Preissteigerungen bei bestimmten Produkten.

HOHE INFLATION SCHON ZUR JAHRESWENDE GESCHICHTE?


Bei der aktuell sehr hohen Inflation rechnet die Bundesregierung schon zur Jahreswende 2021/22 mit einer Entspannung und einem deutlich niedrigeren Niveau. Für das Gesamtjahr wird eine Teuerung von 3,0 Prozent erwartet - so viel wie seit 1993 nicht mehr. 2022 dürfte die Inflation dann aber auf 2,2 Prozent und 2023 sogar auf 1,7 Prozent zurückgehen. Als Idealwert für die Wirtschaft gelten rund zwei Prozent. Allerdings dürften laut Wirtschaftsministerium auch die Nettolöhne deutlich zulegen, was Verbrauchern mehr Kaufkraft gäbe: Hier wird 2021 mit einer Steigerung von 3,8 Prozent gerechnet, 2022 dann noch mit 2,9 Prozent.

Die Versorgung Deutschlands mit Erdgas hält Altmaier für gesichert. "Wir werden in diesem Winter Versorgungssicherheit haben." Die Gasspeicher seien inzwischen wieder ordentlich gefüllt.

Für viele Unternehmen - besonders in der Industrie - sind die hohen Energiepreise aber ein großes Problem. "Der stotternde Wirtschaftsmotor muss ein Weckruf für die Koalitionsverhandlungen sein", sagte Joachim Lang, der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI. Der Verzicht auf weitere Belastungen reiche nicht aus. "Ein Stillstand in der Steuerpolitik in den kommenden vier Jahren wäre eine herbe Enttäuschung." Auch das Handwerk forderte Entlastungen: "Die nächste Bundesregierung muss sicherstellen, dass Steuern zu verkraften sind, Sozialbeiträge nicht weiter ansteigen und Bürokratie unsere Handwerkerinnen und Handwerker nicht erdrückt", so Verbandschef Hans Peter Wollseifer.

Die konjunkturelle Lage ist momentan zweigeteilt. Die Dienstleister profitierten vom Impffortschritt. Der private Konsum sei einer der Treiber der Erholung von der Corona-Krise, sagte Altmaier. Dagegen spüre die Industrie die Knappheit bei Vorprodukten. Das bremse sie im zweiten Halbjahr 2021 aus. Sobald sich die Lieferengpässe auflösten, sollte es 2022 aber zu Aufholeffekten kommen.

Insgesamt sollte die deutsche Wirtschaft Altmaier zufolge das Vor-Corona-Niveau zum Ende des ersten Quartals 2022 wieder erreichen und überschreiten - ein Quartal später als ursprünglich angenommen. "Voraussetzung ist natürlich, dass der Wachstumskurs nicht abgewürgt wird in den nächsten Monaten." Belastungen befürchten einige Unternehmen bereits wieder wegen zuletzt stark steigender Corona-Infektionen. Altmaier sagte, er gehe davon aus, dass auf neue Lockdowns verzichtet werden könne. Die hohen Infektionszahlen könnten trotzdem "zu negativen wirtschaftlichen Auswirkungen" führen. In den Prognosen der Regierung ist für das dritte Quartal 2021 ein Wachstum von 2,4 Prozent unterstellt, das sich dann im Schlussquartal merklich abkühlen dürfte auf nur noch 0,2 Prozent.

rtr