Der Wähler hat sein Kreuzchen gesetzt - das war einfach. Die Parteien müssen aus dem Ergebnis nun etwas machen - das wird nicht ganz so einfach. Aber schwierig wird es auch nicht, denn für eine Option reicht es nicht: Rot-Dunkelrot-Grün kommt im neuen Bundestag nicht auf die Kanzlermehrheit. Die SPD hat deshalb kein Druckpotenzial. Grüne und FDP werden ihre Kompromisse schließen - Zustimmung zum Tempolimit gegen Verzicht auf die Vermögensteuer - und dann als Block auftreten. Am Ende werden sie bestimmen, wer (unter ihnen) Kanzler wird. Kein Wunder, dass die Börse am Montagmorgen zur Tagesordnung überging. Die Qual nach der Wahl wird erst mit der Regierungsarbeit beginnen. Denn wie es der frühere Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach vor einigen Tagen so schön formulierte: Man kann gegen alles regieren, nur nicht gegen die Naturgesetze. Der Dekarbonisierung der deutschen Volkswirtschaft sind keine politischen, sondern natürliche Grenzen gesetzt. Die Frage ist, wie stabil eine Koalition ist - welcher Farbenlehre sie auch immer folgen wird. Entweder springen die Grünen über ihren Schatten, oder eine Regierung mit ihnen wird früher oder später platzen; weder SPD noch Union noch FDP werden ihre Wiederwahlchancen aufs Spiel setzen, indem sie daran mitwirken, dass Deutschland deindustrialisiert wird.

Und an den Weltbörsen? Da spielt Deutschland keine Rolle, und die US-Notenbank hat ansonsten alles im Griff. Das ist die Schlussfolgerung der Marktteilnehmer nach der Fed-Sitzung der vergangenen Woche. Die Notenbank geht offensichtlich von einer Fortsetzung der starken Erholung der US-Wirtschaft aus. Das optimistische Signal wurde am Markt nur zu gern aufgenommen. Der Perspektivwechsel ist so beruhigend wie überraschend. Den Anlegern ist die Bestätigung des positiven konjunkturellen Trends plötzlich lieber als die Aussicht auf eine fortgesetzte Liquiditätszufuhr als Reaktion auf eine schwache Wirtschaftsentwicklung. Deutschland fährt im Geleitzug mit und nimmt im DAX wieder die 16 000er-Marke ins Visier.