In der ostukrainischen Region Donezk gibt es dem dortigen Gouverneur zufolge zudem weiträumige Angriffe. Fast alle Städte entlang der Demarkationslinie lägen unter Beschuss, sagte Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen. Die Demarkationslinie trennt die Gebiete unter ukrainischer Kontrolle von dem Territorium, das seit 2014 in der Hand von prorussischen Separatisten ist. Auch der Gouverneur der Region Luhansk im Osten der Ukraine schrieb auf Telegram von schwerem russischen Artilleriebeschuss von Wohngebieten in der Ortschaft Lysytschansk.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte am Dienstag gesagt, dass das Hauptziel des militärischen Einmarsches in das Nachbarland nun die Eroberung der Donbass-Region in der Ostukraine sei. Westliche Regierungen führen die neue Zielsetzung vor allem auf mangelnde Erfolge der russischen Truppen in anderen Landesteilen zurück.

ZWEIFEL AN RUSSISCHEN DEESKALATIONS-VERSPRECHEN


Zugleich gibt es wachsende Skepsis gegenüber Aussagen der russischen Führung, man wolle als vertrauensbildende Maßnahme zumindest die Angriffe etwa auf die Hauptstadt Kiew zurückfahren. "Wir Ukrainer sind keine naiven Menschen", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am späten Dienstagabend. Man habe in den 34 Tagen der russischen Invasion und den acht Jahren Krieg in der Ostukraine gelernt, dass man nur darauf vertrauen könne, was tatsächlich passiere, fügte er mit Blick auf weiteren russischen Beschuss hinzu.

Die amerikanische und die britische Regierung sehen als Grund des angekündigten russischen Rückzugs etwa nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew vor allem schwere Verluste und den Versuch einer Neugruppierung der Invasionsarmee. "Wir alle sollten uns auf eine Großoffensive gegen andere Gebiete der Ukraine einstellen", sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby.

Russische Einheiten, die schwere Verluste erlitten hätten, seien nach Belarus und Russland zurückgekehrt, um sich neu zu organisieren und ausstatten zu lassen, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Zudem reagiere Russland nach den Verlusten am Boden nun mit heftigem Artillerie- und Raketenbeschuss auf ukrainische Städte. "Ich wäre sehr vorsichtig damit, das, was aus Putins Kriegsmaschinerie kommt, für bare Münze zu nehmen", sagte der britische Vize-Premier Dominic Raab Times Radio.

Bei den Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul hatte es am Dienstag Fortschritte gegeben. So hatte die Ukraine ihre Neutralität und den Verzicht auf einen Nato-Beitritt angeboten. Zudem war von einer 15-jährigen Übergangsregel für die von Russland 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim die Rede. Ein Kreml-Sprecher begrüßte, dass die Ukraine ihre Vorschläge vorgelegt habe, es gebe aber noch keinen Durchbruch.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem russischen Angriffskrieg und einer Invasion, die am 24. Februar begonnen hat. Russland hatte sein Vorgehen in der Ukraine dagegen zunächst als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte bezeichnet. In dem Krieg sollen nach Angaben der Ukraine und westlicher Sicherheitskreise bereits mehrere Zehntausend Menschen gestorben sein. Mehr als vier Millionen Menschen sind dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zufolge inzwischen aus der Ukraine geflohen.

RUSSLAND - GAS MUSS NICHT SOFORT IN RUBEL BEZAHLT WERDEN


Russland wird die verlangte Zahlung von Gaslieferung in Rubel nicht unmittelbar umsetzen. Die Umstellung solle schrittweise erfolgen, teilte das russische Präsidialamt am Mittwoch mit. Die G7-Staaten lehnen es ab, Öl und Gas in Rubel zu bezahlen, weil die Verträge auf Euro und Dollar laufen. Am Donnerstag wollen die russische Regierung, Zentralbank und der Gasriese GazpromGAZP.MM Vorschläge präsentieren, wie die Zahlung auf Rubel umgestellt werden soll. Abnehmerländer mussten daher damit rechnen, dass Russland ab Donnerstag Gas und Öl nur noch gegen Rubel-Zahlungen liefern wird. Wegen eines möglichen Ausfalls russischer Gas-Lieferungen rief Wirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallsplans Gas aus.

Die Außenminister von Russland und China trafen sich an diesem Mittwoch in Peking. China verurteilte nach Angaben der Regierung in Moskau dabei die westlichen Sanktionen gegen Russland. Westliche Staaten hatten China aufgefordert, Russland weder militärische noch wirtschaftliche Hilfe für den Krieg in der Ukraine zu gewähren. Angesichts der Ankündigung der EU, die Energieimporte aus Russland zu reduzieren, sucht Moskau in Asien neue Käufer.

rtr