Durch die Corona-Krise sind für die gesamte Reisebranche schwere Zeiten angebrochen. So ist auch die Hannoveraner TUI von April bis Juni in heftige Turbulenzen geraten. Beim Umsatz musste im Vorjahresvergleich ein gigantischer Einbruch um 98,5 Prozent auf 72 Millionen Euro verbucht werden. Der Verlust im Konzern betrug 1,45 Milliarden Euro und summierte sich trotz eingeleiteter Kostensenkungen in den ersten neun Monaten des Ende September endenden Geschäftsjahres 2019/20 auf rund 2,3 Milliarden Euro.

Schuld an der Miesere: Globale Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie. Dadurch ist im abgelaufenen zweiten Quartal das Tourismusgeschäft von TUI fast gänzlich zum Erliegen gekommen - und kurzfristig ist auch keine Besserung in Sicht. Obwohl einige Regionen wieder Touristen ins Land lassen, kommt es in anderen Ländern wieder zu Lockdown-Maßnahmen. Die Folge sind Reisewarnungen und damit verbundene Stornierungen von geplanten Urlauben. Das führt zu weiteren finanziellen Einbußen, die aktuell nur durch den Staat aufgefangen werden können.

Staatshilfen als Rettungsanker


Um den Reisekonzern vor dem Aus zu retten, hatte der Bund in dieser Woche seine Staatshilfen für TUI von 1,8 Milliarden Euro um weitere 1,2 Milliarden Euro erhöht. TUI-Chef Fritz Joussen erklärte dazu: "Mit der zweiten staatlichen Kreditlinie sind wir vorbereitet, falls die Pandemie im Tourismus erneut signifikante Auswirkungen hat. Noch sei unklar, ob man das Geld brauche. "Es ist wichtig, dass wir für den worst case gewappnet sind."

Um der Pleite zu entgehen will TUI rund 8000 Stellen abbauen. Zudem soll die Flotte der Airline Tuifly von 39 auf 17 Maschinen verkleinert werden. Auch blickt der Reisekonzern vorsichtig optimistisch in die Zukunft - obwohl das Unternehmen während der Corona-Krise anfangs etwa 550 bis 650 Millionen Euro pro Monat verbrannt hat.

"Operativ soll der Betrieb im vierten Quartal die laufenden Cash-Kosten decken und damit der Cash-Break-even erreicht werden", kündigte TUI an. Zur Begründung verwiesen die Hannoveraner auf die Wiederaufnahme der Reiseaktivitäten Mitte Juni. Hierdurch seien konzernweit 1,7 Millionen Neubuchungen eingegangen und auch die Buchungen für den Sommer 2021 seien sehr vielversprechend.

"Das Buchungsverhalten ist kurzfristiger", sagte Joussen. "Deshalb wissen wir heute noch nicht genau wie der Winter läuft." Die Preise für diesen Sommer lägen rund zehn Prozent unter dem Vorjahresniveau. Eine neue Prognose wagte das Management allerdings nicht, denn Joussen hatte jüngst in einem Interview betont, er rechne erst 2022 wieder mit einem "normalen Geschäft".

TUI-Konzern will Bilanz stärken


Um eine tragfähige Finanzstruktur aufzubauen will der Reisekonzern seine Bilanz stärken. Daher erwägt TUI eine Kapitalerhöhung. Auch könne es zum Verkauf von Unternehmensteilen kommen. Man prüfe hier derzeit verschiedene Optionen, um eine optimale Bilanzstruktur zu bekommen, sagte TUI-Chef Fritz Joussen am Donnerstag in einer Telefonpressekonferenz. "Die neue TUI wird weniger Assets auf der Bilanz haben als heute", sagte Joussen der "Börsen-Zeitung". Der Konzern könne so - also durch Minderheitenbeteiligungen - seine Risiken verringern.

Unsicherheiten bleiben


Trotz massiver Staatshilfen und des zögerlichen Anlaufens des Reisebetriebs ist der TUI-Konzern noch lange nicht über den Berg. Staatshilfen allein reichen nicht aus um den Konzern zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen. Hier bedarf es schmerzhafter Einschnitt beim Personal und eine robusten Bilanzstruktur. Doch all diese Maßnahmen könnten auch wieder verpuffen, sollten weiter Corona-Wellen zu langanhaltenden Reisebeschränkungen führen.

Die TUI-Aktie notiert aktuell auf 3,83 Euro, ein Minus von rund 7,4 Prozent zum Vortagesschluss. Auf dem derzeitigen Kursniveau und bei den Unwägbarkeiten für die Reisbranche aufgrund der Corona-Krise stufen wir die TUI-Aktien auf "Beobachten" ein.