Erstmals haben sich Kleinanleger in großer Zahl zusammengetan, um den Markt bewusst zu beeinflussen. Deren Zorn entlädt sich an Hedgefonds, die mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende Kurse gesetzt haben, weil sie das Geschäftsmodell für angreifbar halten - wie beim US-Computerspielhändler Gamestop.

Durch die gezielten Aktienkäufe der Kleinanleger mussten Hedgefonds ihre Leerverkaufspositionen auflösen, was einige Fonds sogar an den Rand des Ruins trieb. Beobachter fühlen sich an die Schieflage des US-Hedgefonds LTCM erinnert, die 1998 zu schweren Turbulenzen auf den globalen Finanzmärkten geführt hat. Die Vorgänge zeigen auch Parellelen zur irren Kursexplosion der VW-Aktie im Jahr 2008, die nach schiefgegangenen Wetten auf über 1000 Euro hochschoss und VW zeitweise zum teuersten Unternehmen weltweit werden ließ.

Diesmal laufen die Dinge jedoch anders, erläutert DZ-Bank-Analyst Christian Kahler. "Bislang waren es meist einzelne Akteure, die das Geschehen manipulierten. Diesmal aber will die Crowd gemeinsame Sache gegen die großen Wall-Street-Adressen machen." Vieles hänge jetzt davon ab, wie die US-Broker, Börsen und Aufsichtsbehörden auf die Entwicklungen dieser Woche reagierten. Die nächsten Tage könnten an den Märkten erst einmal unruhig bleiben. "Denn die aktuellen Spekulationen sorgten bereits gestern für die höchsten Umsätze in Aktien an den US-Börsen seit 2008", warnt Kahler.

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Bis die aktuellen Turbulenzen abklingen, werde die Volatilität zumindest bei den Small- und Mid-Cap-Werten erhöht bleiben. "Die großen Aktientitel auf beiden Seiten des Atlantiks sollten jedoch nicht in den Sog der Volatilität bei den kleineren Werten gezogen werden", glaubt der DZ-Bank-Analyst. Die meisten Anleger, zumal unerfahrene, sollten sich auf den Handel mit Aktien von Pleitekandidaten erst gar nicht einlassen. "Für Anleger, die auf langfristig steigende Kurse setzen, besteht kein Handlungsbedarf. Diese sollten stoisch ihre Strategien weiterverfolgen."

ehr