Mehr als 100 Jahre alt ist das Wohnhaus aus der Gründerzeit mit schmucker Stuckfassade, Sprossenfenstern und drei bis vier Meter hohen Räumen. Das ist schick, aber alles andere als energieeffizient. Als Sven Kersten den Altbau mit 150 Quadratmetern Wohnfläche vor 18 Jahren kaufte, standen in Küche und Bad noch Holzöfen. "Das wird schwierig", meinten seine damaligen Kollegen zu seinem Plan, eine Wärmepumpe zu installieren. Er wagte es vor zehn Jahren trotzdem und fand es noch in jedem Winter wohlig warm - ohne extra zu dämmen.

Aktuell werden in Deutschland noch drei Viertel aller Gebäude mit fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas beheizt. Doch sie haben zwei Nachteile: Im Ukraine-Krieg sind sie immer teurer geworden, und sie gelten als nicht besonders umweltfreundlich. EU-weit verursachen Gebäude allein durch ihren Energieverbrauch ein gutes Drittel der Treibhausgase. Das soll deutlich weniger werden. Der größte Hebel dafür sind Heizungen, schließlich will die EU bis 2050 und Deutschland sogar bereits 2045 klimaneutral sein. Daher werden nach dem Willen der Bundesregierung Heizkessel, die mit Heizöl oder Kohle beschickt werden, zum Auslaufmodell.

Sie zu ersetzen ist ab 2026 nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Laut Koalitionsvertrag sollen Anlagen, die ab 2025 neu eingebaut werden, "auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden". Das gelingt zum Beispiel mit Wärmepumpen. Denn diese nutzen die Wärme aus Luft, Erde oder Grundwasser und "pumpen" sie mithilfe von Strom auf ein höheres Niveau. Über eine Million Wärmepumpen sind hierzulande bereits installiert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ist sich mit Klimaminister Robert Habeck in einem Punkt einig: Bis 2030 sollen es sechs Millionen sein. Das gelingt nicht allein, indem in jedem Neubau eine Wärmepumpe eingebaut wird. Auch in bereits bestehenden Gebäuden müssten die Pumpen den alten Brenner ersetzen. Doch das ist oft leichter gesagt als getan.

Auch Henning Schulz hat eine Wärmepumpe und bereut seine Entscheidung nicht. Er bewohnt einen 50 Jahre alten Klinkerbau. Die Fassade hat keine Dämmung, nur Dach und Fenster wurden inzwischen erneuert. Urteilen Schulz und der eingangs erwähnte Sven Kersten so positiv, weil sie von Berufs wegen Werbung für Wärmepumpen machen? Schulz ist Pressesprecher von Stiebel Eltron. Das Unternehmen stellte bereits Mitte der 1970er-Jahre auf die Produktion von Wärmepumpen und Solaranlagen um. Öl- und Gaskessel gibt es keine im Programm. Sven Kersten arbeitet für die schwedische Nibe Gruppe, die sich komplett der effizienten Nutzung von Energie verschrieben hat. Der Mutterkonzern, Nibe Industrier, ist börsennotiert.

"Das Gros des Gebäudebestands ist für Wärmepumpen schlicht nicht geeignet", mahnt dagegen Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen. "Die Heizungsflächen sind zu klein, die Vorlauftemperaturen zu hoch." Auch Norbert Endres von der Verbraucherzentrale Bayern warnt, in Kombination mit klassischen Heizkörpern seien Wärmepumpen ineffizient. Das können Kersten und Schulz nicht bestätigen. Nach Installation der Wärmepumpe ließ Henning Schulz den Winter erst mal auf sich zukommen. In einem einzigen Raum gab der alte Heizkörper zu wenig Wärme ab. Nur diesen ersetzte er. Seine Folgeinvestition beschränkte sich damit auf 400 Euro statt auf einige Tausend für den Austausch aller Heizkörper. Erkenntnisse des Freiburger Fraunhofer Instituts ISE belegen diese Praxiserfahrung. Dort forscht Marek Mijara seit 18 Jahren zu erneuerbaren Energien, Schwerpunkt Wärmepumpen. Er verglich die Effizienz von Wärmepumpen kombiniert mit klassischen Heizkörpern und kombiniert mit Fußbodenheizungen. Sein Ergebnis: Mit beiden Systemen können Wärmepumpen effizient laufen.

Wer kann umsteigen?

Eine Zentralheizung erhitzt Wasser und leitet es über Rohre durchs Haus. Die nötige Wärme erzeugen Öl- und Gasheizungen sowie Wärmepumpen. Auf welche Temperatur Wasser vorgeheizt wird, lässt sich einstellen. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer und technischer Vorstand von Stiebel Eltron, rät Eigentümern zum Test: "Begrenzen Sie die Vorlauftemperatur ihrer bestehenden Heizung auf 60 Grad. Werden Räume und je nach System auch Warmwasser damit warm genug, klappt der Umstieg auf eine Wärmepumpe." Schiefelbein schätzt, dass dies bei 80 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland der Fall wäre. Die jeweils zehn Jahre alten Wärmepumpen von Kersten und Schulz erreichen 55 Grad Vorlauftemperatur, heute können es Pumpen auf 65 oder sogar 75 Grad bringen. Für Fußboden- oder Wandheizungen, die im Neubau üblich sind, reichen 35 Grad.

Was kostet das an Strom?

Experten der Verbraucherzentrale Bayern rechnen: Für jedes Grad höherer Vorlauftemperatur braucht die Wärmepumpe etwa zwei Prozent mehr Strom. "Stimmt grundsätzlich", sagt Sven Kersten, schränkt aber ein: Im deutschen Klima sind die kalten Tage, an denen die Pumpe Schwerarbeit leisten muss, gezählt. Trotzdem verbraucht allein seine Wärmepumpe im Jahr 6.500 Kilowattstunden. So viel erreicht ein kompletter Vier-Personen-Haushalt ohne Wärmepumpe nur, wenn er viele sonstige Elektrogeräte betreibt. Da sich Kersten Ökostrom leistet, zahlt er 1.885 Euro pro Jahr. Im Sondertarif für Wärmepumpen seines Grundversorgers wären es gut 450 Euro weniger.

Die Effizienz einer Wärmepumpe wird nicht pro Tag erfasst, sondern pro Jahr: Die Kenngröße dafür ist die Jahresarbeitszahl (JAZ). Diese besagt, wie viel Heizungswärme das Gerät im Haus erzeugt hat - im Verhältnis zum eingesetzten Strom. Je höher der Wert, desto mehr Energie wird im Verhältnis zum verbrauchten Strom gewonnen. Also je höher, desto besser. Die zehn Jahre alten Anlagen von Kersten und Schulz bringen es auf eine JAZ zwischen drei und 3,5: Mit einem Kilowatt Strom werden also drei bis 3,5 Kilowatt Wärme erzeugt. Die Erfahrung beider aus zehn Jahren Betrieb: Es kommt sehr selten vor, dass allzu hohe Minustemperaturen eine Zuheizung nötig machen. Das eingebaute Back-up, der Heizstab, lief bei Schulz in dieser Zeit insgesamt für acht Stunden, bei Kersten für zehn Stunden. Mehrkosten binnen zehn Jahren: maximal 80 Euro. Neue Anlagen sind effizienter. Sie bringen es auf eine JAZ von fünf, in der Spitze bei perfekten Voraussetzungen sogar auf sechs. Doch wann sind die Voraussetzungen perfekt? Vor allem dann, wenn die Pumpe perfekt zu den Bedingungen vor Ort passt.

Welche Wärmepumpe passt?

Generell funktioniert eine Wärmepumpe im Prinzip wie ein Kühlschrank. Ein Kältemittel in einem geschlossenen Kreislauf nimmt Wärme aus der Umgebung auf, wird dampfförmig, dann stark komprimiert und erwärmt sich zum Beispiel auf 65 Grad. Diese Wärme wird an die Heizkörper und an Warmwasser abgegeben. Im Detail macht es einen großen Unterschied, ob die Wärme aus der Luft, der Erde oder dem Grundwasser entnommen wird. Aktuell stehen vier Modelle zur Auswahl.

Was kostet die Pumpe?

Für die Geräte selbst wird aktuell mit 8.000 bis 15.000 Euro kalkuliert. Bei Erdwärmepumpen sind zwar die Geräte etwas günstiger, doch kommen gut 10.000 Euro für Bohrungen oder Grabungen dazu. Brunnenbohrungen für Wasser-Wasser-Pumpen sind noch teurer. Kosten für die Installation selbst lassen sich nicht zuverlässig benennen. Denn Handwerker haben Preishoheit. Was gefragt ist, wird teuer. Und Handwerker sind derzeit fast überall gut gebucht.

Gibt es Fördertöpfe?

Der Bund hat die Förderung für den Neubau im Januar gestoppt. Aber: Alle Bundesländer fördern generell den Erwerb von Wohneigentum, ganz gleich ob man selbst baut oder eine bestehende Immobilie kauft, einige Länder unterstützen auch speziell energieeffizienten Wohnungsbau. (Förderprogramme zu finden auf www.foerderdatenbank.de.) Manche Stromversorger gewähren Prämien zur Anschaffung von Wärmepumpen beziehungsweise einen günstigeren Stromtarif für sie.

Der Bund fördert aber einzelne Sanierungsmaßnahmen. Für die Anschaffung einer Wärmepumpe gibt es einen Zuschuss von mindestens 35 Prozent des Kaufpreises. Die Geräte müssen jedoch ein Prüfzertifikat haben. Die Liste zugelassener Pumpen umfasst 190 Seiten. Sie ist abrufbar über die Homepage des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Fliegt für die Pumpe eine alte Ölheizung raus, gibt es einen zusätzlichen Förderbonus von zehn Prozent. Wurde vorab ein zugelassener Energieberater mit Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans beauftragt und der Plan binnen 15 Jahren abgearbeitet, gibt es einen weiteren Bonus von fünf Prozent. Zugelassene Energieberater sind nach Postleitzahl unter www.energie-effizienz-experten.de zu finden. Die Kosten für die Beratung werden zur Hälfte bezuschusst. Diesen Zuschuss beantragen die Berater selbst und ziehen ihn von ihrer Rechnung ab. Bei allen weiteren Anträgen helfen sie.

Pro Objekt - Wohnung oder Eigenheim - gibt es maximal 60.000 Euro Zuschuss. Anträge sind nach der Planung, aber vor Beginn der Umsetzung ans BAFA zu stellen (www.bafa.de). Alternativ können Sanierer, deren Gebäude mindestens zehn Jahre alt ist, die steuerliche Förderung nutzen. 20 Prozent der Aufwendungen für Sanierungen und 50 Prozent der Kosten für einen Energieberater, zusammen maximal 40.000 Euro pro Objekt, lassen sich steuerlich geltend machen. Der geförderte Betrag wird über einen Zeitraum von drei Jahren direkt von der Steuerschuld abgezogen. Zudem fördern einige Bundesländer den Einbau von Wärmepumpen. Und im Unterhalt profitieren auch Sanierer von günstigen Sondertarifen für Wärmepumpenbetreiber, die einige Versorger bieten.

Knackpunkt Stromversorgung

Viele Technologien, die das Klima schützen sollen wie E-Autos und Wärmepumpen, verbrauchen Strom. Gleichzeitig werden Atom- und Kohlekraftwerke abgeschaltet. Ob rechtzeitig ausreichend erneuerbare Energie erzeugt werden kann, steht in den Sternen. Und dann ist da noch das Problem des Netzausbaus, der nur schleppend vorankommt. "Es kann einem heute keiner sagen, ob das Stromnetz ausreicht, wenn alle Haushalte in einem Neubaugebiet Wärmepumpen aufstellen", sagt Franz Xaver Peteranderl, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Lamia Messari-Becker, Inhaberin des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Universität Siegen, gibt zu bedenken: "Derzeit sind die Strompreise zu hoch und das Angebot an Ökostrom zu niedrig, somit sind Wärmepumpen eine energiepolitische Sackgasse." Doch damit nicht genug: Solange Wärmepumpen mit Strom aus dem öffentlichen Netz betrieben werden, fallen beim aktuellen Strommix in Deutschland unweigerlich Kohlendioxid-Emissionen an.

Aus dem Bermuda-Dreieck steigender Strompreise, dreckigen Stroms und Stromausfall führt die Selbstversorgung: Wird der Strom durch die hauseigene Photovoltaikanlage erzeugt und fließt über einen Batteriespeicher auch in die Wärmepumpe, ist die Versorgung fast garantiert und der Klimaschutz gesichert. Nur: Lohnt sich das finanziell?

Was bringt die Kombi Wämepumpe und Solardach?

Trotz ihrer umweltbewussten Arbeitgeber Nibe und Stiebel Eltron bleiben Sven Kersten und Henning Schulz vorsichtig. Ein Grund: Um eine Wärmepumpe über eine Solaranlage zu versorgen, braucht es eine Menge Panels. Denn die Anlage muss in der Regel dreimal so viel Strom erzeugen, wie die reine Anschlussleistung der Wärmepumpe beträgt. Kerstens Anlage braucht 3.500 Watt. Seine Solaranlage müsste also 10.500 Watt erzeugen. Auf seinem Dach wäre aber nur Platz für eine Anlage, die 6.000 Watt erzeugt. Auch Henning Schulz zweifelt, ob er genügend Strom erzeugen und speichern könnte, um damit seinen Fünf-Personen-Haushalt plus die Wärmepumpe zu versorgen.

Die Kosten für Photovoltaikanlage und Batteriespeicher müssen Bauherren wie Sanierer weitgehend selbst tragen. Nur wenige Bundesländer haben entsprechende Programme. Für die Solaranlage ist pro Kilowatt-Peak mit bis zu 1.200 Euro zu rechnen, der Batteriespeicher kostet pro Kilowattstunde bis 1.000 Euro. Da der Strom von der Sonne viel billiger ist als Öl und Gas, kann sich die Investition für Kapitalanleger dann langfristig lohnen, wenn sie ihre Immobilie warm vermieten, meint Sven Kersten. Für Henning Schulz gibt es für Bauherren nichts Sinnvolleres, als Solaranlage, Stromspeicher und Wärmepumpe zu installieren. Dann sind sie "strom-autark" und schützen das Klima.

 


Die vier Typen von Wärmepumpen:

Luft-Wasser-Wärmepumpe

Luft ist überall vorhanden. Damit eignet sich jeder Standort für diese Technik. Gute Geräte kommen sogar bei Außentemperaturen von minus 20 Grad nicht ins Stottern. Allerdings brummen sie. Das stört so manchen Nachbarn. Der Streit wird vermieden, wenn die Pumpe richtig aufgestellt wird, zum Beispiel im Keller. Technisch sind Standorte drinnen wie draußen möglich. Für die Aufstellung braucht es meist keine Genehmigung, der Wartungsaufwand ist laut Herstellern gering. Die meisten Bauherren und Sanierer entscheiden sich wie Schulz und Kersten für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Im vergangenen Jahr waren es 82 Prozent der Investoren.

Sole-Wasser-Wärmepumpe mit Erdsonde

Sie holt Wärme aus der Tiefe der Erde über Sonden, in denen Sole zirkuliert. Je nach Region sind ein oder mehrere Bohrungen in unterschiedlicher Tiefe nötig, meist bis 100 Meter. Das muss genehmigt werden. Die Pumpen werden in der Regel im Keller aufgestellt. Im Gegensatz zur Luft schwankt die Temperatur im Erdreich so gut wie nicht. Damit sind die Erträge ganzjährig stabil. 2021 entschieden sich gut 15 Prozent der Käufer für diese Technik.

Erdwärmepumpe mit Erdreichkollektoren

Im Gegensatz zu Wärmepumpen mit Sonden brauchen Pumpen mit Kollektoren Fläche - viel Fläche. Für 140 Quadratmeter Wohnfläche rät der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) zu mindestens 140 Quadratmetern Fläche für die Kollektorschlangen. Laut Herstellern bleibt Erdreich an kalten Wintertagen ab einer Tiefe von 1,20 Meter warm genug für diese Technik. Je nach Region müssen die Erdarbeiten genehmigt werden. 2021 wählten knapp drei Prozent der Käufer dieses Modell.

Wasser-Wasser-Wärmepumpe

Wegen seiner konstanten Temperatur ist Grundwasser eine ideale Wärmequelle. Damit hört es aber auch schon auf mit den Vorzügen. Denn Grundwasser ist selten gut erreichbar. Außerdem sind zwei Brunnen zu bohren: Ein Förder- und ein Schluckbrunnen. In Wasserschutzgebieten sind Bohrungen verboten, andernorts zu genehmigen. Das Grundwasser darf zudem keine Stoffe enthalten, die der Anlage schaden könnten. Der Absatz tendiert laut BWP gegen null.