Es geht wieder aufwärts an den Börsen. In Deutschland, wo weiter über eine tragfähige Koalition verhandelt wird, an den Märkten der europäischen Nachbarländer, in den USA sowie auch an Asiens großen Handelsplätzen. Den Hauptgrund liefern erfreuliche Konjunkturnachrichten aus den USA. Vor allem die Umsätze im Einzelhandel haben zuletzt unerwartet stark zugelegt. Ebenfalls positiv aufgenommen wurde die Zahl der wöchentlich gemeldeten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe: Die ist nämlich erstmals seit Beginn der Corona-Krise unter 300 000 gesunken.

Die Konjunktur scheint sich also insgesamt weiter zu erholen. Indizien dafür kommen auch aus dem Unternehmensbereich, wo gerade die Berichtssaison für das dritte Quartal begonnen hat. Den Auftakt übernahmen wie gewohnt die Finanzwerte. Die Investmentbank Goldman Sachs beispielsweise steuert auf ein Rekordjahr zu. Das Geschäft mit Fusionen und Börsengängen läuft hervorragend. Die Nettoerträge sowie das Ergebnis für das dritte Quartal fielen entsprechend positiv aus. Ähnlich gut sieht es bei der heimischen Konkurrenz aus: Sowohl Morgan Stanley als auch Citigroup, Wells Fargo und Bank of America steigerten den Quartalsgewinn im Jahresvergleich um 25 bis 60 Prozent und übertrafen damit die Markterwartungen deutlich. Hauptgrund der Verbesserung war vor allem die Auflösung von Risikovorsorgeposten, die die Banken im Corona-Jahr 2020 mit Blick auf drohende Kreditausfälle gebildet hatten.

Drei entscheidende Wochen


Ein guter Start also in die Berichtssaison. Vor allem in den kommenden drei Wochen werden nun die führenden Unternehmen sämtlicher Branchen Farbe bekennen müssen, wie sich Umsatz und Gewinn entwickeln. Besonders wichtig wird dabei sein, wie die Guidance ausfällt, also der Ausblick auf die kommenden Monate. Aspekte wie die steigenden Energiepreise und die immer noch vorhandenen Probleme mit den Lieferketten dürften die Unternehmen ganz unterschiedlich betreffen. Da könnte es sogar zu dem ein oder anderen eher enttäuschenden Ausblick kommen.

Genau diese Aspekte sind es auch, die nicht nur der Konjunkturentwicklung, sondern auch den Börsen seit Wochen zu schaffen machen: die erwähnten hohen Gas- und Ölpreise, die Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden, und nicht zuletzt eben auch Unterbrechungen in der Produktion, weil es mit dem Nachschub hapert. "Das Unwort Stagflation steht daher im Raum und wird uns wohl - zumindest in Form eines an die Wand gemalten Schreckgespensts - durchaus noch eine Zeit lang erhalten bleiben", schreibt die österreichische Raiffeisenbank dazu recht passend in einer Analyse.

Keine Hilfe von der OPEC


Aber vermutlich sind das auch normale Anpassungsschwierigkeiten nach eineinhalb extremen Jahren. Auch nicht gerade hilfreich ist, dass von der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) vorerst keine Entlastung der Ölpreise zu erwarten ist. Die Mitgliedsstaaten des Kartells haben sich momentan dafür entschieden, die Förderquoten trotz des bestehenden Preisdrucks an den Energiemärkten nicht auszuweiten. Allerdings ist es ja so, dass der Kapitalmarkt und ganz besonders die Aktienmärkte immer schon ein Stück weit in die Zukunft schauen und diese Themen wohl mehr und mehr an Schrecken verlieren. Es ist zu erwarten, dass nun eine Phase ansteht, in der positive Meldungen wieder stärker gewichtet werden als Negatives.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com