Gerade schlägt eine Mitarbeiterin in der Küche Sahne - wobei sie eine Schutzbrille trägt. Sie übergießt eine Pulvermasse mit Wasser, rührt ein bisschen, fertig. Dazu reicht die Dame im weißen Kittel Kuchen, der beim Backen wesentlich mehr aufgeht, als man das von einer herkömmlichen Backmischung gewohnt ist. Auf der Theke steht noch leckere Schokomilch. Die hilft beim Fitnesstraining, Körperfett abzubauen, ohne Muskelgewebe zu reduzieren. CLA heißt das Wundermittel.

Willkommen im BASF-Labor in Tarrytown. Der Ludwigshafener Chemiekonzern, der größte der Welt, forscht 40 Kilometer nördlich von Manhattan nicht nur an den Lebensmitteln der Zukunft, auch die Autoindustrie oder die Landwirtschaft warten schon gespannt auf die Erfindungen der Deutschen. Mike Pcolinski, zuständig für die Forschung in den USA, lässt neben Kuchen auch Batterien für Elektroautos, innovatives Saatgut oder Leichtbaumaterialien für Fahrzeuge entwickeln.

Nicht nur große US-Konzerne wie Coca-Cola oder Kraft Foods freuen sich auf Innovationen. Auch andere Branchen haben großen Bedarf. Für das gerade fertiggestellte neue Wahrzeichen von New York, das One World Trade Center, lieferte BASF den Beton. Der besteht nur noch zu knapp einem Drittel aus Zement - der Rest kommt von der Mülldeponie. Unter anderem wird die Oberfläche zermahlenen Glases mit einer Nanostruktur versehen, verrät ein Mitarbeiter. "Wir haben hier den bislang stärksten Beton hergestellt, den wir jemals hatten."

Drei Prozent des Umsatzes oder 1,8 Milliarden Euro fließen konzernweit in die Forschung, die Öl- und Gassparte mal ausgenommen. 20 bis 25 Jahre könne es dauern, bis eine Innovation auf den Markt kommt, erklärt BASF-Finanzvorstand Hans Engel. Sicher, das sei eine extrem lange Zeitspanne, gibt der Manager zu. "Forschung und Entwicklung sind aber entscheidend für unser zukünftiges Gewinnwachstum", sagt Engel.

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Das US-Geschäft rennt

Der Vorstand legt großes Augenmerk auf die Forschungsaktivitäten in den USA. Schließlich ist dieser Markt auch besonders wichtig. In Nordamerika fahren die Ludwigshafener mit 17 000 der konzernweit etwa 111 000 Mitarbeiter je rund ein Fünftel von Umsatz und Ergebnis ein. 2013 stieg der Gewinn hier um fast die Hälfte - so hoch war der Zuwachs nirgends im Weltkonzern.

Dennoch wollen die Deutschen ihre amerikanischen Biotechniker und Chemiker nicht unter Druck setzen. "Wir geben ihnen die Freiheit, Risiken einzugehen, auch wenn sich einige Projekte nicht auszahlen. Wir üben keinen Druck auf Tagesbasis aus, profitabel zu sein. Es ist ein sehr langfristiges Konzept", erklärt Finanzmann Engel.

In den vergangenen Jahren wuchs die Branche nicht so schnell wie das weltweite Bruttosozialprodukt. Engel hofft jedoch auf einen Wandel - auch außerhalb der USA. "Wir glauben, dass der Markt für Chemikalien künftig den Zuwachs des Sozialprodukts übersteigen wird." Auch Zutaten aus der BASF-Küche sollen dabei eine treibende Kraft sein.

Weil es so gut läuft im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, verdoppelte BASF die Investitionen dort 2013 auf eine Milliarde Dollar. Engel ist sehr optimistisch, was den Ausbau des Standorts betrifft. "Die USA sind der weltweit zweitgrößte Markt für die Chemiebranche nach China. Wir erwarten hier nachhaltiges Wachstum."

Die niedrigen Energiepreise tun das Ihre dazu. "Der Gaspreis gibt uns einen Kostenvorteil", sagt Engel. Rund 4,50 Dollar kosten 1000 Kubikfuß des Schlüsselrohstoffs. In Europa ist Gas mehr als doppelt so teuer.

Sowohl die Produktion als auch die Forschung möchte Konzernchef Kurt Bock schrittweise von Ludwigshafen ins Ausland verlagern. Irgendwann soll die Hälfte der Forscher außerhalb Deutschlands arbeiten.

Ein Schwerpunkt: Nordamerika. BASF verbündet sich gerade erfolgreich mit Elitehochschulen wie Harvard, dem MIT oder Berkeley, um Zugang zu den besten Talenten zu haben. Bislang ist dieses Kunststück gelungen. Gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen nehmen die Deutschen weltweit eine Spitzenstellung ein. Der Finanzchef ist vom Denken der Amerikaner begeistert. Die Einstellung der Mitarbeiter entspräche mehr der von Unternehmern als von Angestellten. "Sie haben eine ‚We can do‘-Überzeugung." Hierzulande sei das anders, da gebe es viele Zweifler. Auch das regulatorische Umfeld sei in den USA liberaler, lobt der 55-Jährige.

In Deutschland hingegen verdüstert sich die Standortqualität aus Sicht der Ludwigshafener. Vor allem die Ökostromumlage ist dem Konzern ein Dorn im Auge. Die Pfälzer sind einer der größten Energieverbraucher Deutschlands. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) droht ihnen eine Sonderbelastung von 300 Millionen Euro. In Berlin gelang es den Lobbyisten zwar jüngst, eine Befreiung von der EEG-Umlage auszuhandeln. Wie lange die Ausnahme gilt, ist jedoch ungewiss.

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