Auf Incyte Pharma kommt ein entscheidendes Börsenjahr zu. Schafft das Krebsmittel Epacadostat den klinischen Durchbruch, wird die US-Firma einen neuen Umsatzsprung hinlegen. Deswegen wird Incyte als begehrtes Übernahmeziel gehandelt. Allerdings ist das Unternehmen ein Paradebeispiel dafür, wie nahe im Biotechsektor Euphorie und Enttäuschung beieinander liegen: Seit dem Allzeithoch vor Jahresfrist hat sich der Aktienkurs von Incyte halbiert. Zuerst hatte ein klinischer Kandidat zur Behandlung von rheumatoider Arthritis mit seinen Wirksamkeitsdaten enttäuscht. Danach hatte Epacadostat in einer klinischen Studie nicht vollends als Monotherapie überzeugt.

Jetzt steht Incyte aber vor dem großen Comeback. Konkret geht es um die Ergebnisse in einer zulassungsrelevanten klinischen Studie, bei der Epacadostat die Wirkung von zwei bereits zugelassenen Krebsmedikamenten verstärken soll. Dabei handelt es sich um Opdivo und Keytruda aus der Klasse der sogenannten Checkpoint-Inhibitoren. Diese aktivieren das körpereigene Immunsystem, um Tumorzellen zu erkennen und anzugreifen. Die entsprechenden klinischen Daten bei metastasierendem Hautkrebs will Incyte bis Mitte des Jahres vorlegen.

Bis dahin sollen auch klinische Ergebnisse des Wirkstoffs Jakafi vorliegen. Getestet wird die Substanz bei Entzündungen als Reaktion auf akute Transplantatabstoßung durch körpereigene Immunzellen, wenn Steroide als Behandlungsstandard nicht mehr anschlagen. Mit Jakafi erzielt Incyte bereits jährliche Milliardenumsätze. Mit dem Mittel wird idiopathische Myelofibrose behandelt, eine Krankheit in der Blutbildung, bei der es zur Vernarbung des Knochenmarks kommt und die zu Blutarmut und Organschäden führt. Sollte Incyte die für 2018 kommunizierten Umsatzziele für Jakafi und zwei weitere Produkte übertreffen, erwarten Branchenexperten bereits für dieses Jahr ein leicht positives Ergebnis.

Neue Generation im Blickpunkt



Investoren haben auch andere mittelgroße Biotechfirmen auf dem Radar. Aus gutem Grund, denn die vier Biotech-Schwergewichte Amgen, Gilead Sciences, Biogen und Celgene, über Jahre Garanten für kräftiges Gewinnwachstum und steigende Aktienkurse, haben aus unterschiedlichen Gründen einen Durchhänger. Die Musik spielt aktuell bei Biotechs, die bereits eigene Produkte auf dem Markt haben oder kurz davor stehen. Diese Firmen sind auf dem Sprung in die Liga der Schwergewichte - wenn sie nicht vorher übernommen werden. Begehrt sind vor allem Biotechs, die in der Krebsmedizin unterwegs sind oder neuartige Therapien gegen seltene Erkrankungen (Orphan Diseases) entwickeln.

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Fünf lukrative Nischenplayer



Eine lukrative Nische hat hier Alexion Pharma besetzt - den Milliardeneinnahmen mit Soliris sei Dank. Das Unternehmen schickt sich an, den Anwendungsbereich des bislang gegen zwei seltene Bluterkrankungen zugelassenen Medikaments zu erweitern. Die jährlichen Behandlungskosten mit Soliris liegen pro Patient bei 550 000 US-Dollar. Weil es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung der blutbildenden Stammzellen handelt, wird Soliris kaum vom Einschnitten bei den Medikamentenpreisen betroffen sein, wie sie vor allem in den USA diskutiert werden. Für ein Nachfolgeprodukt werden 2018 die entscheidenden klinischen Daten erwartet. Das Unternehmen schreibt seit Jahren schwarze Zahlen. Alexion steht nach einer größeren Umstrukturierung vor einem Profitabilitätsschub.

Hat Alexion bereits eine kritische Größe erreicht, steht Alnylam noch davor. Mit einem Kursfeuerwerk von 250 Prozent plus zählte die Firma zu den Biotech-Überfliegern des Jahres 2017. Damit hat der Markt schon einige Vorschusslorbeeren verteilt für das am weitesten fortgeschrittene Produkt Patisiran, über dessen US-Zulassung im August entschieden wird. Branchenexperten beziffern die jährlichen Spitzenumsätze auf etwa 1,5 Milliarden US-Dollar. Das erste verkaufte Produkt würde den Wert der Alnylam-Technologie unterstreichen. Dabei handelt es sich um die RNA-Interferenz, bei der genau die Gene stillgelegt werden, die Krankheitsprozesse auslösen. Außerdem werden die klinischen Daten für zwei andere Mittel erwartet. Alnylam ist daher ein heißer Übernahmekandidat.

Das gilt auch für Neurocrine Biosciences. Das Unternehmen vermarktet die ersten eigenen Produkte in Nischenindikationen und erwartet zugleich Umsatzbeteiligungen und Meilensteinzahlungen aus der Kooperation mit Abbvie. Im zweiten Quartal entscheidet sich, ob der Pharmakonzern die US-Zulassung für Elagolix zur Behandlung von Endometriose erhält. Dabei handelt es sich um Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut. Neurocrine selbst erwartet Ende 2018 die entscheidenden Resultate für Ingrezza zur Behandlung von Kindern mit Tourette-Syndrom. Diese Erkrankung des Nervensystems äußert sich unter anderem durch unwillkürliche Bewegungen. Zugelassen ist Ingrezza seit 2017 gegen tardive Dyskinesie, eine Bewegungsstörung, die vor allem im Gesichtsbereich auftritt.

Bereits Fahrt aufgenommen hat die Aktie von Vertex Pharma. Kurstreiber war das grüne Licht der US-Zulassungsbehörde FDA für Symdeco. Nach Kalydeco (2013) und Orkambi (2015) kann Vertex jetzt das dritte Medikament zur Behandlung von Mukoviszidose verkaufen. Damit erreicht die Firma rund 60 Prozent aller Patienten, die an dieser genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung leiden, die unbehandelt zu einer verkürzten Lebensdauer führt. Für 2018 erwartet Vertex Erlöse von 2,65 bis 2,9 Milliarden US-Dollar. Dieses Potenzial wird sich weiter vergrößern, wenn eine Kombination aus drei Wirkstoffen die klinische Prüfung besteht und 2019 die Zulassung erhält. Von seinem Börsenwert her kommt Vertex als Übernahmeobjekt infrage für große Pharmakonzerne, die sich Milliardeneinnahmen in einer Nischenindikation sichern wollen.





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