Ein gutes Beispiel für die Veränderungen auf dem Energiemarkt liefert der ehemalige Truppenübungsplatz Lieberose in der Nähe von Cottbus. Militärisches Gerät wurde durch unzählige Dünnschichtmodule ersetzt. Auf einer Fläche von 210 Fußballfeldern versorgt das Solarkraftwerk mit einer Leistung von 53 Megawatt rund 15.000 Einfamilienhäuser oder 50.000 Einwohner mit Strom. Weitere Projekte sind in der Pipeline. Die Zahl der Photovoltaik-Anlagen in Europa soll bis 2018 um rund 10.000 MW/Jahr steigen, was zu einer Kapazität von 130.000 MW führen dürfte gegenüber 90.000 MW in 2014. Nach Meinung von Vishal Shah von der Deutschen Bank dürfte die Solarindustrie 2050 einen Anteil von 30 Prozent am internationalen Elektrizitätsmarkt haben. Zur Einordnung: Heute sind es lediglich ein Prozent. China hat sich inzwischen zum größten weltweiten Markt entwickelt, auch in anderen Schwellenländern wie Indien setzt man verstärkt auf Solarenergie. Gleichzeitig bleiben die Investitionen in den Industrieländern wie den USA, Deutschland und Großbritannien hoch. Auf der Insel hatten im vergangenen Jahr regenerative Energien erstmals einen größeren Anteil an der Energieerzeugung als die Atomkraft.

Die Gründe für den Boom der Sonnenkraft sind einleuchtend. Inzwischen sind die Systeme deutlich günstiger als noch vor ein paar Jahren bei gleichzeitig steigender Effektivität. Studien zufolge dürfte Sonnenstrom in zehn Jahren bei Erzeugungskosten von vier bis sechs Cent je Kilowattstunden liegen, verglichen mit fünf bis zehn Cent bei neuen Kohle- und Gaskraftwerken. Die Netzparität ist somit nur noch eine Frage der Zeit.

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Perfekter Mix

Von dieser Entwicklung profitiert vor allem Deutschlands größter Solarpark-Betreiber Capital Stage. Die Hamburger betreiben 62 Solarparks und sechs Windparks in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien und kommen derzeit auf eine installierte Kapazität von rund 445 MW. Als Solar- und Windkraftbetreiber hat sich das SDAX-Unternehmen optimal in der Wertschöpfungskette positioniert. Dank der garantierten Einspeisetarife werden über einen langen Zeitraum hinweg stabile Cashflows generiert bei einer hohen Visibilität der Umsatzströme. Zugleich sind die Risiken recht begrenzt, denn die Vermögenswerte sind mit dem Auslaufen der ersten Einspeisetarifsysteme im Jahr 2026 noch vergleichsweise jung. Da die Projekte kaum Entwicklungsrisiken aufweisen, bleiben die Perspektiven mittelfristig sehr attraktiv. Solarmodule können meist länger als 20 Jahre eingesetzt werden und weisen aufgrund der drastisch gefallenen Preise niedrige Wiederbeschaffungskosten auf. In anderen Teilen der Wertschöpfungskette dominiert hingegen ein starker Konkurrenzdruck mit Preiswettbewerb. Auch diesen negativen Einflüssen ist Capital Stage nicht ausgesetzt.

Angesichts dieser Ausgangslage überrascht es nicht, dass die Aktie in den vergangenen Monaten einen kräftigen Aufwärtsschub zeigte. Ausgehend von rund 3,70 Euro im November 2014 kletterte der Kurs bis Mitte April um rund 80 Prozent auf 6,60 Euro. Die Rally ist durchaus gerechtfertigt, denn Capital Stage wächst seit Jahren sehr stark. Seit 2010 glänzt das Unternehmen mit einer jährlichen Wachstumsrate beim Umsatz von 56 Prozent, für das Ebit errechnet sich ein Wert von 60 Prozent. Im vergangenen Geschäftsjahr kletterten die Erlöse von 57 auf 77,8 Mio. Euro bei einem Ebit-Anstieg von 31,7 auf 46,4 Mio. Euro.

Auch in den kommenden Jahren dürften die Wachstumsraten hoch bleiben. In 2014 lag der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten deutschen Stromerzeugung bei knapp 26 Prozent. In zehn Jahren sollen es 45 Prozent, bis 2035 sogar rund 60 Prozent sein. Da auch in Frankreich, Italien und besonders Großbritannien der Trend zur Solarenergie anhalten dürfte, eröffnet sich für die Norddeutschen ein langfristig und nachhaltig günstiges Umfeld. Mittel- bis langfristig soll das Energieerzeugungsportfolio weiter ausgebaut werden. Mit dem zuletzt erfolgten Markteintritt in Großbritannien öffnete Capital Stage die Türe für zusätzliche Wachstumschancen außerhalb der bisherigen Kernmärkte.

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Clevere Finanzierung ermöglicht neue Projekte

Um diese Gelegenheiten zu nutzen, ist natürlich viel Kapital notwendig. Die Akquisition und der Betrieb von Solarparks kostet viel Geld. Dank der Niedrigzinspolitik der EZB sind die Fremdfinanzierungsmöglichkeiten für Capital Stage derzeit aber sehr gut. Zudem sind die Hamburger erst kürzlich eine langfristige strategische Partnerschaft mit dem deutschen Versicherer Gothaer eingegangen. Für Investitionen stellt der deutsche Versicherer Genussrechtskapital über 150 Mio. Euro bereit, das über Fremdkapital ein Gesamtinvestitionsvolumen von rund 600 Mio. Euro ermöglicht. Bereits die Hälfte des Kapitals wurde investiert, die restlichen 70 Mio. Euro aus dem Gothaer-Deal dürften in der ersten Jahreshälfte Verwendung finden. Hier könnte schon bald Vollzug gemeldet werden, die Verhandlungen sind angeblich bereits weit fortgeschritten. Capital Stage könnte daher schon sehr früh im Jahr das ausgegebene Volumen von 660 MW erreichen, aktuell sind es noch 445 MW. Neue Finanzierungsrunden sind aber nur eine Frage der Zeit und dürften spätestens 2016 wieder auf die Tagesordnung rücken. Der Deal mit der Gothaer könnte sich dabei als Blaupause erweisen und andere Investoren anlocken. Die zudem seit 2010 durchgeführten acht Kapitalerhöhungen haben trotz des Verwässerungseffekts die Kursrally aus Anlegersicht kaum gebremst.

Planungen des Managements zufolge sollen 2015 die Umsätze um 35 Prozent auf über 105 Mio. Euro steigen, beim operativen Ebit wird mit einem Zuwachs von 28 Prozent auf über 43 Mio. Euro gerechnet. Warburg-Analyst Lucas Boventer sieht mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen noch kräftigere Wachstumsmöglichkeiten und rechnet 2015 mit einem Umsatzanstieg von 66 Prozent auf 129 Mio. Euro. Im kommenden Jahr dürften dann 147 Mio. Euro möglich sein, beim Ergebnis je Aktie wird mit 0,25 Euro gerechnet. Dies führt zu einem KGV von rund 26. Verglichen mit anderen Solaraktien wie Canadian Solar, JA Solar oder Jinko Solar ist dies ein hoher Wert, der aber unter Berücksichtigung der besonderen Positionierung in der Wertschöpfungsstufe und den stabilen Aussichten durchaus noch als attraktiv einzuordnen ist. Börse Online sieht die Aktie bei 7,50 Euro, Warburg Research taxiert das Kursziel mit 7,90 Euro und die Quirin Bank mit 7,40 Euro.







Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily.

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