Zum Schluss richtete Martin Blessing besänftigende Worte an die gebeutelten Aktionäre: In den vergangenen acht Jahren habe man vieles erlebt, "Höhen und Tiefen", so der Commerzbank-Chef bei seinem letzten Auftritt in Frankfurt. Es seien Ausnahmejahre gewesen. "Ich weiß, dass wir Ihnen viel abverlangt haben."

Für Blessing soll es ein würdevoller Abgang werden. Er übergibt Ende April an den bisherigen Privatkundenchef Martin Zielke. Für Blessing geht es heute darum, die Ernte seiner Arbeit einzufahren. In den vergangenen Jahren hatte er alle Hände voll zu tun, um die Commerzbank weg vom Abgrund zu manövrieren. Nach der Übernahme der Dresdner Bank in der Finanzkrise retteten das Geldhaus nur 18 Milliarden Euro Staatshilfe vor der Pleite. Danach begannen harte Jahre für die Aktionäre: Neun Kapitalerhöhungen, der Niedergang der Aktie, Totalausfall der Dividende.

Applaus für Bessings Durchhaltevermögen



Umso mehr verweist Blessing auf seine Erfolge: Den ersten Milliardengewinn 2015 seit langem, das Eigenkapital gestärkt, die Bilanz gekürzt, das Portfolio fauler Kredite eingedampft. Und vor allem die erste Dividende seit 2007. Sie symbolisiert, dass die Commerzbank zurück ist. Auch wenn Blessing seine Ziele bei der Rendite und den Kosten verfehlt hat.

Allein: Viele Aktionäre schmerzt, dass Commerzbank-Papiere seit Blessings Antritt rund 90 Prozent verloren haben. Stand die Aktie im Mai 2008 noch bei rund 120 Euro sind es heute etwa 8,50 Euro. Einige Altaktionäre dürften den Niedergang komplett mitgemacht haben. Doch heute honorieren die Anteilseigener Blessings Arbeit insgesamt. Buhrufe oder Pfiffe nach Blessings Rede wie in früheren Jahren bleiben aus, der Beifall ist ordentlich, wenn auch nicht donnernd.

Zwar gibt Klaus Nieding, Vizepräsident des Anlegerschutzvereins DSW, Blessing für die Entwicklung der Aktie und die Dividendenbilanz die Schulnote 5. Doch auch er lobt Blessings Aufräumarbeit und konstatiert: "Weggelaufen sind Sie vor den Problemen nicht."

Andere Aktionärsvertreter bescheinigen Blessing, ein bestelltes Haus zu übergeben. Und Hansgeorg Martius, Chef des Aktionärsvereins SdK, fordert zwar eine Verdoppelung der Ausschüttungsquote auf 50 Prozent - lobt aber Blessing sogar als "Vorbild für die deutsche Wirtschaft" wegen seines Durchhaltewillens. Für Blessing sind das ungewohnte Töne. Auf früheren Hauptversammlungen wurde er mehr als einmal als "Versager" tituliert.

Warnung zum Abgang



Doch nun warnt der scheidende Chef noch vor Rückschlägen beim Gewinn 2016. Wegen der Niedrigzinsen und der Börsenturbulenzen zum Jahresauftakt werde es "deutlich ambitionierter, das Konzernergebnis von 2015 zu erreichen." Das erste Quartal werde verhalten ausfallen. Noch im Februar hatte Blessing einen leicht steigenden Gewinn für 2016 in Aussicht gestellt. Doch selbst diese Kehrtwende mag die Stimmung kaum stören.

Der künftige Commerzbank-Chef Martin Zielke tritt derweil kaum in Erscheinung. Er wird nur anfangs per Kamera gezeigt, Blessing lobt ihn für die Wende im Privatkundengeschäft. Zielke bleiben genug Herausforderungen für die kommenden Jahre: Die Niedrigzinsen, die Digitalisierung des Bankings, die immer härtere Regulierung. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Heute geht es allein um Blessings Erbe.