Ursprünglich hatten die Frankfurter Banker mit Umbaukosten über 1,1 Milliarden Euro gerechnet, die sie in 2017 und 2018 verbuchen wollten. Der Schreck der Commerzbank-Aktionäre über den Verlust hielt sich auch wegen des beschleunigten Umbautempos in Grenzen. Nach einer kurzen Talfahrt am Vormittag erholt sich der Aktienkurs schnell. Anleger sind überzeugt, dass sich die nach Bilanzsumme viertgrößte Bank Deutschlands unter Führung von Vorstandschef Martin Zielke auf dem richtigen Weg befindet. Spekulationen über einen Einstieg des Investors Cerberus hatten im Juli den Aktienkurs beflügelt.

Analysten teilen die Einschätzung über den richtigen Weg zwar nicht, aber sehen Fortschritte. "Die Entwicklung der Qualität von Kapital und Anlagen sind aus unserer Sicht die größte positive Überraschung", urteilte etwa Equinet-Analyst Philipp Häßler. Tatsächlich konnte die Commerzbank das belastende Schiffskrediteportfolio schneller als geplant reduzieren: Im zweiten Quartal schrumpfte der Bestand an für Frachtschiffe ausgegebenen Kredite um 900 Millionen Euro auf 3,9 Milliarden Euro.

Commerzbank ist besser gegen Krisen gewappnet



Bis Ende 2017 soll diese Summe auf noch drei Milliarden Euro gedrückt werden. Die Quote an ausfallgefährdeten Krediten liegt mit 1,5 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt von mehr als fünf Prozent. Gleichzeitig konnte die Commerzbank die Kapitalausstattung verbessern. Die harte Kernkapitalquote stieg von zuvor 12,5 Prozent auf 13 Prozent - trotz der hohen Kosten für den Konzernumbau.

Auch die Marktbeobachter von Hauck & Aufhäuser bewerten die Perspektive der Commerzbanker leicht negativ. Grund hierfür ist das schwächelnde operative Geschäft. Der Ertrag sank auf 2,07 Milliarden Euro nach 2,24 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Allerdings schlagen auch hier Kosten für Digitalisierung und zur Kundengewinnung zu Buche.

Trotz des schwierigen zweiten Quartals erwartet die Commerzbank 2017 keinen Verlust. "Wir rechnen für das Gesamtjahr mit einem leicht positiven Konzernergebnis. Trotz gestiegener Investitionen in Digitalisierung haben wir unsere Kosten im Vergleich zum Vorjahr reduziert", erläuterte Stephan Engels, Finanzvorstand der Commerzbank. Ob Analysten oder Anleger mit ihrer Einschätzung richtig liegen, wird sich erst am Jahresende zeigen.

Auf Seite 2: Einschätzung der Redaktion





Einschätzung der Redaktion

Die Stimmung der Investoren gegenüber europäischen Banken ist positiv. Davon hat die Commerzbank zwar schon etwas profitiert. Aber der Aktienkurs hat noch Luft nach oben. Ein großer Impuls könnte mittelfristig vom Abschluss der zentralen Umbauvorhaben kommen.

Langfristig liegt der stärkste Trigger jedoch bei der EZB. Jährlich verliert die Commerzbank derzeit 100 Millionen Euro an Zinsüberschuss. Den Verlust kann das Geldhaus zwar kompensieren - doch profitieren wird es vor allem von einem Ende des Anleihenkaufprogramms und steigenden Zinsen. Da eine Zinswende noch etwas dauern könnte, sollten Anleger Geduld mitbringen. Kaufen.

Zielkurs: 12,75 Euro

Stoppkurs: 9,40 Euro