Der Umbau der einstigen Vorzeigebank brauche Zeit: "Es war immer klar, dass dies mehr als zwei oder drei Jahre dauern würde", sagte Deutsche-Bank-Chef Cryan. Erste Erfolge seien aber sichtbar: "Die Deutsche Bank heute sieht völlig anders aus als die Bank, zu der ich 2015 kam."

Das Institut kommt trotzdem kaum vom Fleck. Wie die US-Banken bekam auch die Deutsche Bank den zuletzt mauen Handel an den Weltbörsen und die Zurückhaltung vor allem großer Investoren zu spüren. Von Oktober bis Dezember gingen die Erträge der Investmentbank deshalb um 16 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro zurück. Im Handel mit Anleihen und Währungen betrug der Rückgang 29 Prozent, im Aktienhandel 25 Prozent. Fortschritte habe es dagegen bei der Beratung von Firmen bei Fusionen und Übernahmen gegeben, sagten Cryan und sein neuer Finanzchef James von Moltke. Hier sei die Deutsche Bank die einzige Bank aus Europa, die einigermaßen mit den US-Amerikanern mithalten könne.

US-STEUERREFORM BELASTETE



Hinzu kam mit der größten Steuerreform in den USA seit Jahrzehnten ein weiterer Belastungsfaktor, denn die Verlustvorträge der Bank sind nun weniger wert und erfordern Abschreibungen.

Unter der größten Steuerreform in den USA seit drei Jahrzehnten leiden alle dort aktiven Banken gleichermaßen - auch die heimischen Häuser - weil einmalig hohe Abschreibungen fällig werden. Langfristig werden die Institute aber profitieren. In den vergangenen Wochen hatten unter anderem JP Morgan, Morgan Stanley, die Citigroup und Goldman Sachs teils Milliarden wegen dieses Effekts verloren, allerdings blieb ihnen unter dem Strich immer noch ein satter Gewinn. Bei der größten US-Bank JP Morgan etwa kratzte der Steuereffekt in Höhe von fast zweieinhalb Milliarden Dollar kaum am Gesamtergebnis von 24,4 Milliarden Dollar (20,1 Mrd. Euro).

Ohne diesen Sondereffekt hätte die Bank 900 Millionen Euro verdient. 2016 hatte wegen hoher Strafen in den USA ein Verlust von 1,4 Milliarden Euro zu Buche gestanden, 2015 musste Cryan ein Minus von 6,8 Milliarden Euro melden - den höchsten Verlust in der bald 150-jährigen Geschichte der Bank.

"WIR HABEN FORTSCHRITTE GEMACHT"



Vor Steuern verdiente die Bank 1,3 Milliarden Euro. Cryan gab sich deshalb verhalten optimistisch: "2017 haben wir den ersten Vorsteuergewinn seit drei Jahren verzeichnet - und das trotz eines schwierigen Marktumfeldes, niedriger Zinsen sowie weiterer Investitionen in Technologie und Kontrollsysteme. Wir haben also Fortschritte gemacht, sind aber mit unseren Ergebnissen noch nicht zufrieden." Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem Minus von 290 Millionen Euro nach Steuern und einem Gewinn von 1,9 Milliarden vor Steuern gerechnet.

An der Frankfurter Börse trennten sich die Aktionäre des größten deutschen Geldhauses nach der Vorlage der Jahresbilanz am Freitag in Scharen von dem Papier. Die Aktien sackten am späten Vormittag auf 13,73 Euro ab und erreichten damit den tiefsten Stand seit Ende September. Am frühen Nachmittag stand im schwachen Dax noch ein Minus von 4,45 Prozent auf 14,13 Euro zu Buche.

Mit inzwischen rund 12 Prozent Verlust sind die Deutsche-Bank-Aktien aktuell der schwächste Dax-Wert des neuen Jahres - noch vor RWE und Eon, die zwischen 8 und 9 Prozent eingebüßt haben.

BONI SOLLEN INVESTMENTBANKER HALTEN



Dass Cryan den Investmentbankern trotzdem wieder deutlich höhere Boni bezahlen will, hatte schon in den vergangenen Wochen für Unverständnis in der Öffentlichkeit und bei vielen Aktionären gesorgt. Cryan sieht dieses Geld nach der Zwangspause für viele Top-Verdiener in der Bank im vorigen Jahr als eine Art Halteprämie an, die es nur ausnahmsweise gebe, obwohl die Ergebnisse nicht dafür sprechen: "Kommendes Jahr ist eine ähnliche variable Vergütung nur bei entsprechendem Geschäftserfolg zu rechtfertigen."

DEUTSCHE BANK SPANNT ANLEGER BEI DIVIDENDE AUF DIE FOLTER



Die Investoren der Deutschen Bank müssen sich in Sachen Dividende in Geduld üben. Darüber werde im März entschieden, sagte Cryan. Er merkte aber an, ein Unternehmen müsse Gewinne machen, um sie zu verteilen.

Ursprünglich hatte die Deutsche Bank geplant, für 2017 eine Dividende von 11 Cent pro Aktie zu zahlen. Das geschah auf Druck von Aktionären, die sich nicht mit einer Nullrunde zufrieden geben wollten. Sie zwangen die Deutsche Bank auch schon für die beiden Vorjahre dazu, die gesetzliche Mindestdividende zu zahlen. Für 2015 und 2016 flossen damit insgesamt 19 Cent je Aktie.

Wegen einer neuen gesetzliche Regelung hatte Bankchef Cryan aber schon im Sommer in Zweifel gezogen, ob es eine Dividende für 2017 geben wird. Eine Null-Dividende sei "nun wieder eine Option für uns", sagte Cryan damals. Für das Jahr 2018 versprach er eine "wettbewerbsfähige Dividende" - hier rechnet er wieder mit Gewinn.

CRYAN WILL FUSION NICHT FÜR ALLE ZEIT AUSSCHLIEßEN



Die Deutsche Bank könnte nach Ansicht von Cryan auf lange Sicht durchaus mit einem anderen Institut fusionieren. "In der Zukunft könnte die Bank vielleicht eine Kombination mit anderen positiv sehen", sagte Cryan. Derzeit sei daran aber nicht zu denken. Erst müsse die Bank weiter saniert und profitabler werden. Cryan bekräftigte aber, dass es für die Bankenbranche in Europa durchaus sinnvoll sein könnte, wenn es zu mehr Fusionen und Übernahmen käme.

KOSTEN BLEIBEN HOCH



Einer der Gründe für den Unmut der Anleger sind die im Vergleich mit anderen Großbanken nach wie vor sehr hohen Kosten, mit denen die Deutsche Bank zu kämpfen hat. Das wird sich auch erstmal nicht ändern. Cryan musste einräumen, dass 2018 die Kosten mit 23 Milliarden Euro um eine Milliarde Euro über dem Ziel liegen werden. Als Grund gab die Bank Verzögerungen bei geplanten Teilverkäufen an. Unter anderem konnte die Deutsche Bank ihr Spanien-Geschäft nicht wie geplant losschlagen.

Zahlreiche Analysten, wie etwa die von Goldman Sachs, Morgan Stanley oder Exane BNP Paribas, bemängelten vor allem die nun 1 Milliarde höhere Kostenprognose des Managements für das laufende Jahr von 23 Milliarden Euro. "Das Finanzinstitut benötigt ein weiteres Umbaujahr", schlussfolgerte JPMorgan-Analyst Kian Abouhossein daraus. Wie er nach der Gewinnwarnung der Deutschen Bank am 5. Januar geschrieben habe, wäre die Bestätigung des Kostenziels von 22 Milliarden Euro für 2018 für ihn der Schlüssel zur Trendwende in der Gewinnentwicklung gewesen. "Aber das Management hat seine Kostenprognose angehoben", kritisierte er.

Analyst Jeremy Sigee von Exane betonte ebenfalls: "Die Deutsche Bank hatte Anfang Januar eine Gewinnwarnung veröffentlicht, aber die Verluste sind letztlich heftiger ausgefallen als signalisiert." Das Management habe erneut die positive Zinssensibilität der Bank betont und nun auch etwas höher als bisher in Aussicht gestellte Erträge für 2018 prognostiziert, aber zugleich sei auch vor höheren Kreditkosten und Kosten für Rechtsstreitigkeiten gewarnt worden.

Auf Kurs sieht sich Cryan für den demnächst angepeilten Teil-Börsengang der Vermögensverwaltung. Dieser soll rund zwei Milliarden Euro in die Kasse spülen. Allerdings schwächelte das Geschäft der Sparte zuletzt. Die Erträge gingen von Oktober bis Dezember leicht auf 621 Millionen Euro. Der Teilverkauf der Sparte über die Börse soll nach den Worten Cryans möglichst bald über die Bühne gehen - "im ersten möglichen Zeitfenster", wie er sagte. Experten rechnen mit dem Börsengang rund um Ostern.

rtr/dpa-AFX

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Einschätzung der Redaktion



Zwei Bürden teilte sich die Deutsche Bank mit den US-Großbanken: Wegen der niedrigen Volatiliät brachen die Erträge im Handel weg. Zudem belastete die US-Steuerreform, weil aus der Finanzkrise fortgeschriebene Verluste Wert eingebüßt hatten und teils abgeschrieben werden musste. Das Minus bezifferte Vorstandschef John Cryan auf 1,3 Milliarden Euro. Ohne diesen Effekt hätte das größte Deutsche Bankhaus 900 Millionen Nettogewinn verbuchen können. So aber wies die Bank zum dritten Mal in Folge einen Verlust aus - diesmal in Höhe von einer halben Milliarde Euro.

Deshalb zeigte sich Cryan bei der heutigen Bilanzpressekonferenz in Frankfurt verhalten optimistisch. Der Umbau würde wirken, etwa das Kreditgeschäft anziehen. Andererseits hat sein Haus Marktanteile verloren - und das besonders im strategisch so wichtigen Investmentbanking. Diese wieder zu gewinnen, wird mühselig.

Zugleich konnten Unternehmensteile, wie etwa das spanische Bankgeschäft, nicht veräußert werden. Das soll nun 2018 passieren - aber die Einnahmen gleich wieder ausgegeben werden: Die Deutsche Bank plant 2018 mit höheren Ausgaben, statt 22 Milliarden Euro will der Finanzkonzern 23 Milliarden Euro aufwenden. Dabei liegt die Aufwand-Ertrags-Quote mit rund 90 Prozent ohnehin exorbitant hoch und ein Gelingen möglicher Verkäufe ist auch in diesem Jahr nicht garantiert. Investierte Anleger sollten die Aktie halten.

Zielkurs: 20,00 Euro
Stoppkurs: 14,60 Euro

Zum Einstieg für Bankfans eignet sich die Aktie der Vermögensverwaltung der Deutschen Bank eher. Die Deutsche AM will in diesem Jahr an die Börse, der IPO könnte noch vor Ostern gelingen. Die Fondstochter hat ihre Schwäche von 2016 überwunden und im vergangenen Jahr 16 Milliarden Euro an Kapital einsammeln können. Laut Statistik des Fondsverbands BVI kommt die Deutsche AM damit auf einen Marktanteil von 27 Prozent im Neugeschäft mit offenen Publikumsfonds.

Von Birgit Haas