Viele Anleger machen den Fehler, den Fachleute als "home-bias" kennen: Es wird zu viel an der heimischen Börse gekauft, dadurch entsteht ein Klumpenrisiko. Wenn die Märkte kriseln, macht es gleich doppelt Sinn, über den Tellerrand des nationalen Marktes zu schauen: Das Risiko lässt sich dadurch besser streuen, und gute Aktien werden ohnehin seltener, somit muss der Suchradius zwangsläufig erweitert werden.

Wie bereits bei den vorhergehenden Beiträgen zu den Top 5 im DAX und TecDAX legen wir auch diesmal wieder strenge Bewertungskriterien an: Interessant sind nur diejenigen Papiere, die einen seit Jahren relativ stabil steigenden 200-Tage-Durchschnittskurs aufweisen, und derzeit oberhalb dieses Mittelwertes notieren. Auch Papiere die gerade erst nach oben ausgebrochen sind oder generell starken Schwankungen unterliegen, klammern wir aus. Was für Trader gelegentlich spannend ist, kann aus einer langfristigen Perspektive zu einem zufällig positiven Befund führen.

Als Ergebnis erhalten wir Aktien aus verschiedenen Branchen, die teilweise kaum auf dem Radar des deutschen Durchschnittsanlegers erscheinen dürften. Doch die Charts dieser Papiere, die wir auf den kommenden Seiten vorstellen, sprechen für sich. Anleger dürfen selbstverständlich keine Wunder erwarten und müssen sich auch hier der Risiken bewusst sein. Die ausgewählten Papiere hatten in der jüngeren Vergangenheit teilweise ebenfalls Seitwärtsbewegungen von bis zu einem Jahr zu verzeichnen, und sind damit nichts für Ungeduldige. Sie zeigten sich aber in den vergangenen Jahren als weniger korrekturanfällig als der Durchschnitt und weisen ausnahmslos statistisch solide langfristige Aufwärtstrends auf.



Anheuser Busch



Der belgische Brauereikonzern ist hierzulande bekannt durch Marken wie Budweiser und Corona und zeigt seit Ende 2011 einen stabilen Aufwärtstrend. Gekauft wir momentan vor allem bei Kursen um 105 Euro verstärkt nachgefragt, knapp über der 100er-Marke verläuft zudem die 200-Tage-Linie, die bei vergangenen Korrekturen kaum um mehr als fünf Prozent unterschritten wurde. Damit ist das Risiko nach unten überschaubar, für das Potenzial nach oben helfen ebenfalls die historischen Abweichungen zum Durchschnittskurs. Sie betragen in diesem Jahrzehnt 25 bis 28 Prozent und ermöglichen so Spielraum bis jenseits der 130er-Marke.



ASML Holding



Der niederländische Hersteller von Halbleiter-Equipment gehört zu den Weltmarktführern der Branche und gehört zu den langfristig attraktivsten Papieren im europäischen Auswahlindex. Bei Rallys schießt die Aktie regelmäßig um bis zu 29 Prozent über den 200-Tage-Durchschnittskurs, wodurch Luft bis jenseits der 120erMarke bleibt. Da trotz der angespannten Börsenlage mit schöner Regelmäßigkeit neue Rekordstände markiert werden, stehen die Chancen gut dass dieses Kursziel erreicht wird. Schnäppchenjäger dürften bei 70/74 und bei 85/86 Euro zugreifen und damit einen Absturz verhindern.



Iberdrola



Der spanische Konzern gehört zu den größten Energieversorgern Europas mit dem Kerngeschäft Elektrizität und Erdgas. Während deutsche Energiekonzerne durch eine schlechte Kursentwicklung auffallen, lohnt sich hier der Blick auf den europäischen Nachbarn besonders: Seit einem spektakulären Richtungsumschwung 2012 geht es wieder kontinuierlich aufwärts, aktuell testet der Kurs die 200-Tage-Durchschnittslinie, die sich regelmäßig als Kaufbereich herausgestellt hat. Auch bei 5,10 / 5,30 Euro ist seit dem Vorjahr eine verstärkte Nachfrage zu beobachten, erst darunter würde sich die Prognose eintrüben. Nach oben ist Platz für Kursgewinne bis zu 15 Prozent über den 200-Tage-Mittelkurs, was etwa bei 6,75 Euro der Fall wäre. Anschließend zeigt ein Aufwärtstrendkanal wo es langgeht, seine Obergrenze ist erst jenseits der 7,30er-Marke erreicht.



ING



Der niederländische Bank- und Versicherungsdienstleister ING ist auch hierzulande vielen Aktionären bekannt, nicht zuletzt durch die Bank- und Brokertochter ING-DiBa. Relativ unbeeindruckt von der Krise klettert der Kurs von Hoch zu Hoch, wobei der Allzeit-Rekord weit jenseits der 30 noch ein gutes Stück entfernt ist. Doch schon ein Anstieg bis an den oberen Rand des mehrjährigen Aufwärtstrendkanals um 17 Euro würde ein Investment sehr lohnenswert machen. Rückschläge sollten an Zonen mit vielen Wendepunkten bei 13,20 oder 12 Euro wieder stoppen. Die Aufwärtstrendkanal-Untergrenze bei 11 Euro ist dann die sprichwörtliche Reißleine, darunter würden sich die Aussichten für das Papier verschlechtern. Doch bis dahin ist der langfristige Aufwärtstrend vorbildlich intakt.



Intesa SanPaolo



Die größte Bank Italiens ist weltweit aktiv und zeigt innerhalb des Euro Stoxx 50 ebenfalls einen der schönsten und stabilsten Aufwärtstrends der vergangenen Jahre. Nach oben ist innerhalb dieses Kurskorridors Luft bis an die 4-Euro-Marke, nach unten bis etwa 2,40/2,65 Euro, wo ein horizontaler Bereich mit vielen Wendepunkten im Chart mit der 200-Tage-Linie und der Aufwärtstrendkanal-Südgrenze zusammen fallen. Der daraus entstehende Haltebereich dürfte verstärkt Käufer anlocken und beschränkt das Abwärtsrisiko deutlich. Damit stehen die Chancen gut, dass sich die solide nach oben weisende Tendenz der Aktie weiter fortsetzt.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des "Index-Radar, der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Andreas Büchler ist Herausgeber des Magazins und Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft für Börsenhandelssysteme.

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