Zugleich erklärten die Währungshüter um Fed-Chefin Janet Yellen, dass sich das Risiko für den US-Wirtschaftausblick auf kurze Sicht verringert habe. Dies gilt als Fingerzeig, dass sie die Zinszügel noch 2016 anziehen könnten. Die Fed hatte Mitte Juni signalisiert, dass sie 2016 noch zwei Schritte nach oben wagen will. Viele Experten rechnen jedoch nur mit einer Anhebung im Dezember, wenn die Auswirkungen des Brexit-Votums abgeschätzt werden können und sich zudem der Rauch des US-Präsidentschaftswahlkampfs verzogen hat.

Die Fed verwies nach dem Zinsentscheid auf die moderat wachsende Wirtschaft und den starken Stellenzuwachs im Juni. Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner hält den Ton der Fed-Erklärung für "deutlich optimistischer" als noch im Juni. Damit könnte der Weg für eine Zinserhöhung in September gebahnt werden. Doch sei eine Anhebung im Dezember wahrscheinlicher.

Die Notenbank hatte zuletzt Ende 2015 die geldpolitischen Zügel gestrafft und danach stillgehalten. Inzwischen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft zurückgenommen und dabei auch die Schätzungen für Großbritannien massiv reduziert. Dem Land mit dem global wichtigen Finanzplatz London droht nach dem EU-Austrittsvotum der Briten vom 23. Juni nach Ansicht vieler Experten eine Rezession. Die Bank of England (BoE) könnte vor diesem Hintergrund nächste Woche den historisch niedrigen Leitzins von derzeit 0,5 Prozent senken und damit der Konjunktur einen Schub verpassen.

Die US-Wirtschaft, die zu Jahresbeginn schwächelte, dürfte sich im zweiten Quartal hingegen wieder gefangen haben. Experten erwarten für die am Freitag anstehenden Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) einen aufs Jahr hochgerechneten Anstieg um 2,6 Prozent. Licht und Schatten lagen zuletzt jedoch dicht beieinander: Während die Industrie im Juni einen unerwartet starken Auftragseinbruch erlitt, heuerten Firmen und Staat unerwartet viel neues Personal an. Die Fed soll für Vollbeschäftigung und stabile Preise sorgen: Sie hat bei einer Arbeitslosenquote von zuletzt 4,9 Prozent ihr Ziel fast erreicht. Doch ist die Notenbank von ihrer für die Konjunktur als ideal angesehenen Preissteigerungsrate von zwei Prozent noch ein gutes Stück entfernt.

GELPOLITIK IN ZEITEN DES WAHLKAMPFS



Die heraufziehende heiße Phase im US-Präsidentschaftswahlkampf zwischen dem Republikaner Donald Trump und der Demokratin Hillary Clinton dürfte eine Zinserhöhung Anfang November - und damit kurz vor dem Urnengang - unwahrscheinlich erscheinen lassen. Denn ein solcher Schritt könnte als Politikum gewertet werden - zumal Trump angekündigt hat, als Präsident langfristig einen Republikaner an die Spitze der Fed berufen zu wollen. Seine umstrittenen Pläne für radikale Steuersenkungen und ein Abkehr vom Freihandel sorgen zudem für Zündstoff. "Es gibt viele Unwägbarkeiten in der Wirtschaft. Dazu gehören auch die anstehenden Wahlen", sagte jüngst der Chef des Fed-Ablegers in Philadelphia, Patrick Hacker. rtr