Das Personalkarussell in den DAX-Führungsetagen dreht sich rasend schnell: Seit Anfang 2015 hat jedes dritte Indexmitglied einen neuen Chef bekommen. Der jüngste Amtswechsel liegt gut sechs Wochen zurück. Am 1. Juli trat Stephan Sturm als Vorstandsvorsitzender von Fresenius an. Der 53-Jährige hatte keinen Vorlauf. Nur fünf Tage vor seinem Start gab der Gesundheitskonzern die Ernennung bekannt. Gleichzeitig verabschiedete sich der bisherige Konzernlenker Ulf Schneider in Richtung Schweiz, um dort Anfang 2017 die Führung des Lebensmittelriesen Nestlé zu übernehmen. Einen Sprung ins kalte Wasser bedeutet die kurzfristige Berufung für Stephan Sturm aber nicht. Der gelernte Banker arbeitet seit mehr als elf Jahren als Finanzchef für Fresenius. Insofern kennt er das Unternehmen aus dem Effeff und weiß, dass ihm um die Zukunft nicht bange sein muss.

Den besten Beleg für diese These lieferte Sturm selbst mit den Resultaten für das zweite Quartal. Bei einem Umsatzplus von zwei Prozent verbuchte der Konzern ein überproportional hohes Gewinnwachstum von zwölf Prozent."Fresenius hat jetzt zum 50. Mal in Folge das Quartalsergebnis des Vorjahres übertroffen", freute sich der neue Chef. Vor allem das Dialysegeschäft der Tochter Fresenius Medical Care schob das Ergebnis an.

Margen steigen



Sehen lassen können sich auch die Zahlen der drei weiteren Segmente. Zwar stagnierten bei der Infusionssparte Kabi im ersten Halbjahr die Umsätze, allerdings baute der auf flüssige Nachahmerpräparate spezialisierte Geschäftszweig das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um acht Prozent aus. Damit hievte Kabi die Marge auf mehr als ein Fünftel. 11,4 Prozent der Umsätze und damit 30 Basispunkte mehr als im Vorjahreszeitraum blieben von Januar bis Juni bei Fresenius Helios im Ebit hängen. Das Segment ist mit 112 Häusern und mehr als 34 000 Betten der größte Klinikbetreiber in Deutschland. Abgerundet wird das Geschäft von Vamed. Die kleinste Sparte ist weltweit als Dienstleister für Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen aktiv.

Neben den Ergebnissen präsentierte Vorstandschef Sturm eine erhöhte Prognose. 2016 soll Fresenius den Gewinn währungsbereinigt um elf bis 14 Prozent steigern. Bisher hatte das Management bestenfalls mit einem Wachstum von zwölf Prozent gerechnet. Die mittelfristigen Ziele hat der neue Konzernlenker von seinem Vorgänger übernommen. 2019 soll der Konzernumsatz 36 bis 40 Milliarden Euro erreichen, während sich die angepeilte Gewinn-Range auf zwei bis 2,25 Milliarden Euro erstreckt. Geht dieser Plan voll auf, würde des Unternehmen die Erlöse im Vergleich zu 2015 um bis zu 45 Prozent verbessern, während der Gewinn um weitere 58 Prozent anwachsen könnte. Möglicherweise forciert Fresenius die Wachstumsstrategie schon bald mit weiteren Zukäufen. Wir sind absolut offen dafür - sehr bereit", meint der neue Konzernlenker forsch. Ein mögliches Ziel gibt es bereits. Unbestätigten Gerüchten zufolge buhlt Fresenius um eine Sparte des US-Pharmakonzerns Pfizer.



Qualität hat ihren Preis



Die Fähigkeit, große Zukäufe reibungslos über die Bühne zu bringen, hat Fresenius längst bewiesen. 2013 griff das Unternehmen für mehr als drei Milliarden bei Rhön-Klinikum zu. Nicht nur, dass die erworbenen 43 Kliniken und 15 Versorgungszentren geräuschlos integriert wurden, Fresenius hat auch den zwischenzeitlich deutlich erhöhten Verschuldungsgrad rasch auf ein gesundes Maß reduziert. Zugegeben: Günstig ist das DAX-Mitglied mit einem 2017er-KGV von 21,2 nicht mehr. Allerdings gibt es ein derart krisenfestes Geschäftsmodell in Kombination mit positiven Geschäftsaussichten nicht zum Schnäppchenpreis, von der durch die jüngste Rochade in der Chefetage ausgelösten Wachstumsfantasie ganz zu schweigen.