Mit Standardwerten aus Europa war in den vergangenen Jahrzehnten als Langfrist-Anleger nicht viel zu verdienen. Festmachen lässt sich die Richtigkeit dieser These am STOXX Europe 50 Index Kursindex. Denn dieser notiert derzeit lediglich auf einem bereits im Februar 1998 erreichten Stand.

In den seitdem verstrichenen fast zwei Jahrzehnten ging es mit dem Index immer wieder volatil auf und ab. Wer da nicht zur richtigen Zeit ein- und wieder ausgestiegen ist, der hatte letztlich nicht viel Spaß mit seinen Investments. Anleger mit der Fähigkeit zum Markttiming konnten dagegen von den volatilen Ausschlägen profitieren.

Auch bei vielen europäischen Einzelaktien kam es darauf an, die richtigen Kauf- und Verkaufs-Zeitpunkte zu erwischen. Diese ausfindig zu machen ist eine der Hauptaufgabe, mit der sich Investmentbanken beschäftigen. Die hauseigenen Analysten erstellen dazu Unternehmensstudien und errechnen wie viel aus ihrer Sicht einzelne Gesellschaften wert sind.

Die jeweiligen Sales-Abteilungen trommeln dann jeweils zum Kauf oder zum Verkauf bei einzelnen Aktien, bei denen die aktuellen Kurse stark von den ermittelten Kurszielen abweichen. Bei der britischen Investmentbank Barclays fließen diese Erkenntnisse regelmäßige in eine Top-Pick-Liste ein. Darin enthalten sind jene Werte, denen die Analysten im verfolgten Anlageuniversum das größte Potenzial zutrauen.

Die entsprechende Liste für Europa wurde kürzlich aktualisiert. Börse Online hat sich die herausgestellten Werte angesehen und fünf davon herausgepickt. Auf den nachfolgenden Seiten erfahren interessierte Leser mehr zu den Gründen, warum Barclays diese Titel besonders präferiert. Die Kursziele bewegen sich dabei um 20 Prozent bis 46 Prozent über den zum Zeitpunkt der Texterstellung gültigen Notierungen.



Europa Top-Picks von Barclays, Nummer eins: BP Plc. (BP, WKN: 850517, 4,848 britische Pfund, 5,385 Euro, alle Angaben beziehen sich auf den Stand vom 12. Oktober 2016)



Der erste Barclays-Mitfavorit heißt BP und der Titel dient praktisch als Paradebeispiel für die eingangs erwähnte historisch hohe Volatilität bei den europäischen Aktien. Denn bei dem britischen Öl- und Gasunternehmen ist das Auf und Ab in den vergangenen Jahrzehnten besonders stark ausgefallen. Das Resultat davon ist eine Kursspanne, die sich seit Ende August 1997 bis heute zwischen 3,03 und 7,19 Pfund bewegt. Aktuell strebt die Notiz wieder in die Mitte dieser Bandbreite und das entspricht einem Niveau, das bereits am Anfang des genannten Zeitraums Gültigkeit hatte. In diesem Jahr hat sich ein Aufwärtstrend herausgebildet, so richtig greifen lässt sich dieser Titel charttechnisch aber nicht.

Barclays-Analystin Lydia Rainforth billigt dem Wert aber eine Chance darauf zu, sich noch weiter nach oben zu hangeln. Ihr Kursziel lautet 6,00 Pfund und bewegt sich damit um 23,8 Prozent über den derzeitigen Notierungen. Die Vorgabe basiert dabei auf der Annahme von deutlichen Ergebnisverbesserungen. Für dieses Jahr sehen die Prognosen zwar einen Gewinnrückgang von 0,21 Pfund auf 0,19 Pfund vor. 2017 und 2018 sollen dann aber 0,42 Pfund und 0,46 Pfund herausspringen. Für 2018 würde sich damit das geschätzte KGV bei 10,5 bewegen.

Als Stütze auf dem Weg dahin, diese Vorhersagen auch zu erreichen, hilft ein Ölpreis, der sich seit Januar deutlich von den da erreichten Mehrjahrestiefs gelöst hat. Bei aktuell gültigen Ölpreisen von fast 52 Dollar das Barrel ist das Unternehmen laut Rainforth in der Lage, die ersten Früchte von den in den vergangenen Jahren geleisteten Umbauarbeiten zu ernten. Das Portfolio sei inzwischen einfacher gestrickt und die Aktivitäten auf mehr Effizienz ausgerichtet. Hinzu komme außerdem auch noch der geplante Ausbau der Produktionskapazitäten.

Allgemein sieht Barclays die gesamte Branche derzeit positiv, von der mit Übergewichten eingestuften BP-Aktie erhoffen sich die Verantwortlichen aber eine besonders gute Entwicklung. Das vorteilhafte Urteil hat auch mit einem überdurchschnittlich hohen Potenzial für Kostensenkungen zu tun. Alles das sollte dazu beitragen, die Dividende zu verteidigen. Die Schätzungen sehen für das laufende Jahr eine Anhebung der Ausschüttung von 0,26 Pfund auf 0,29 Pfund vor und für 2017 auf 0,30 Pfund. Stimmt die Annahme, ergibt sich für das laufende Geschäftsjahr eine Dividendenrendite von rund sechs Prozent.

Im Idealfall hält Rainforth sogar Kurse von 6,50 Pfund für möglich, allerdings müsste sich dafür der Ölpreis langfristig auf 85 Dollar das Barrel erholen. Sollte dagegen der Ölpreis langfristig auf 40 Dollar fallen, sei ein Kursrückgang auf 4,20 Pfund einzukalkulieren.

Portrait: BP ist eines der führenden internationalen Öl- und Gasunternehmen. Die Wurzeln gehen auf die Anglo-Persian Oil Company zurück, die vor über 100 Jahren als erstes Unternehmen die Ölreserven im Nahen Osten erschloss. Heute arbeiten 84.500 Mitarbeiter in rund 80 Ländern für BP. Zu den Hauptaktivitäten zählen das Auffinden von Öl- und Erdgasvorkommen (Exploration), die Förderung von Erdöl und Erdgas sowie die Mineralölverarbeitung und der Vertrieb von Mineralölprodukten. Im Bereich der Erneuerbaren Energien konzentriert sich BP auf Biokraftstoffe und Windenergie.





Europa Top-Picks von Barclays, Nummer zwei: Nokia Corp. (BP, WKN: 870737, 4,62 Euro)



In den 90er-Jahren war die Aktie von Nokia bekanntlich eine der Gewinner-Aktien schlechthin. Doch mit dem Niedergang der hauseigenen Mobiltelefone ging es anschließend auch mit dem Aktienkurs bergab. Von Mitte 2012 bis April 2015 kam es dann nach viel Tristesse zu einer spürbaren Kurserholung. Doch wiederaufgekommene Zweifel darüber, inwieweit der Konzernumbau nachhaltig Früchte trägt, führten zuletzt zu einer Unterbrechung des eingeleiteten neuen Aufwärtstrends. Zum Redaktionsschluss sorgten außerdem schlechte Nachrichten vom Konkurrenten Ericsson für ein heftiges Tagesminus.

Bei Barclays ist der zuständige Analyst Andrew Gardiner aber zuversichtlich, dass der Telekommunikationsinfrastruktur-Konzern demnächst wieder etwas Boden gutmachen kann. Während er die Industrie allgemein neutral einstuft, führt er die Nokia-Aktien in der Kategorie Übergewichten. Das damit verbundene Kursziel beträgt 6,75 Euro, lässt damit gut 46 Prozent Luft nach oben, liegt aber unter dem Vorjahreshoch von 7,77 Euro.

In diesem Jahr ist beim Aktienkurs auch deshalb die Luft raus, weil die Geschäfte nicht so wie erhofft laufen. So ist der Gewinn des Telekomausrüsters im zweiten Quartal um 45 Prozent eingebrochen und weit hinter den Markterwartungen zurückgeblieben. Konkret sank das Ergebnis von 355 Millionen auf 194 Millionen Euro. Bei der Würdigung der Zahlen ist die Übernahme des Konkurrenten Alcatel-Lucent zu beachten. Dieser führte optisch zwar zu einem Umsatzsprung von 2,92 Milliarden auf 5,68 Milliarden Euro, aber beide Unternehmen zusammen gerechnet kam im Vorjahreszeitraum gemeinsam noch auf einen Umsatz von 6,36 Milliarden Euro.

Barclays-Analyst Gardiner steht dem Zusammenschluss aber insgesamt positiv gegenüber. Nach der jüngsten Rücksprache mit dem Unternehmen laufe bei der Integration auch alles nach Plan. Die Ziele beinhalten bis 2018 die Hebung von operativen Synergien von mehr als 1,2 Milliarden Euro. Sollte es eventuell sogar gelungen, noch deutlich höhere Synergien zu erzielen und sei Nokia gleichzeitig in der Lage, Konkurrenten wie Ericsson Marktanteile abzunehmen, dann seien theoretisch im Idealfall auch Kurse von 8,75 Euro denkbar. Sollte dagegen Integrationsprobleme auftreten, könnte die Notiz auch bis auf vier Euro zurückfallen, heißt es.

Bei den Ergebnisaussichten glaubt Gardiner, dass der Markt die vorhandenen Potenziale derzeit noch unterschätzt. Er selbst kalkuliert für 2016 mit einem Gewinnrückgang von 0,36 auf 0,19 Euro, 2017 sollen dann aber wieder 0,38 Euro und 2018 sogar 0,54 Euro herausspringen. Auf der letztgenannten Basis errechnet sich ein geschätztes KGV von 8,6. Nach Ansicht von Gardiner ist das viel zu niedrig. Bei der Dividende geht er für das laufende Geschäftsjahr von einer Kürzung von 0,26 Euro auf 0,15 Euro aus, für 2017 sollen dann aber wieder eine etwas höhere Zahlung von 0,20 Euro je Aktie folgen. Kursrelevante Nachrichten erhofft er sich außerdem neben den nächsten Quartalszahlen von einem im November stattfindenden Investorentag.

Portrait: Nokia ist ein Telekommunikationsinfrastruktur-Unternehmen. Das Unternehmen selbst sieht sich als weltweit führend bei Technologien, die Menschen und Dinge miteinander verbinden. Unterstützt durch die Innovationen von Bell Labs und Nokia Technologies, nehme man eine Spitzenposition bei der Entwicklung und Lizenzierung von Technologien ein, die zunehmend in den Mittelpunkt des vernetzten Lebens rücken, heißt es. Mit der neuesten Soft- und Hardware sowie Services für Netze aller Art werden Anbieter von Kommunikationsdiensten, Behörden und große Unternehmen dabei den Themen 5G, Cloud und Internet der Dinge unterstützt.





Europa Top-Picks von Barclays, Nummer drei: Société Générale S.A. (BP, WKN: 873403, 33,25 Euro)



Kursgewinne waren bei den Aktien von Société Générale für Langfrist-Anleger gemessen am aktuellen Stand nicht drin. Bis 2007 ging es zwar deutlich nach oben, doch dann holten die vielen Krisen in der Weltwirtschaft auch diese Bankaktie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Zuletzt entwickelten sich die Anteilsscheine der Franzosen zwar immerhin besser als die der deutschen Konkurrenten Deutsche Bank und Commerzbank, richtig einladend sieht das Chartbild aber trotzdem nicht aus.

Bei Barclays glaubt Kiri Vijayarajah nach wie vor aber an eine deutliche Kurserholung. Das Kursziel beträgt 42 Euro. Damit liegt seine Vorgabe um gut 26 Prozent über den aktuellen Notierungen. Zu erwähnen ist dabei allerdings, dass er Anfang August von 48 Euro auf 42 Euro gesenkt hatte. Trotzdem fand er auch damals lobende Worte. Die operative Entwicklung bezeichnete er als vom Markt unterschätzt, schließlich erwirtschafte das Institut bereits jetzt eine Eigenkapitalrendite von 7-8 Prozent. Außerdem sei das Geschäftsmodell relativ stabil und auch die Kapitalquoten seien in Ordnung.

Die Bankenindustrie allgemein wird bei Barclays mit neutral eingestuft, die Aktien der Société Générale werden aber unter Übergewichten geführt. Konkret sei der Titel sogar der Top Pick in dem Sektor und habe damit den niederländischen Wettbewerber ING in dieser Rolle abgelöst. Dieses Urteil habe auch damit zu tun, dass es viele Möglichkeiten gebe, das inländische Filialnetzwerk effizienter aufzustellen. Gelingt das, sollte das dabei helfen, die Margen deutlich zu verbessern. Zumal dafür auch laufende Geschäftserholungen bei den Aktivitäten in Russland und in Rumänien sprächen.

Den Gewinn je Aktie stuft Vijayarajah als relativ stabil ein. Verglichen mit 2015 könnte es 2016 zwar zu einem Rückgang von 4,49 Euro auf 4,36 Euro kommen, 2017 sollte das Ergebnis dann auf diesem Niveau stagnieren. Das läuft auf ein einstelliges KGV hinaus und auch das Verhältnis von Kurs-Buchwert bezeichnet er mit dem rund 0,6-fachen als moderat. Zudem verweist er als Kaufargument auf eine Dividendenrendite von fast sieben Prozent. In diesem Zusammenhang sei auch an eine vom SogGen-Finanzvorstand für 2016 in Aussicht gestellte Ausschüttungsquote von 50 Prozent erinnert.

Läuft alles besonders gut, kann sich Vijayarajah sogar einen Kursanstieg bis auf 55,3 Euro vorstellen, im Negativfall müsse dagegen ein Rückgang auf 22,2 Euro einkalkuliert werden. Gespannt darf man sein, was für Kosten auf das Institut noch wegen Rechtsstreitigkeiten in den USA zukommen. Wobei die Gesellschaft aber bereits eifrig dabei ist, dafür Rückstellungen zu bilden.

Portrait: Die Société Générale zählt zu den größten Finanzdienstleistern in der Eurozone. Als diversifizierte Universalbank blickt sie auf eine Tradition von mehr als 150 Jahren zurück. Das Unternehmen beschäftigt weltweit mehr als 145.000 Mitarbeiter. Auch in Deutschland ist die Gesellschaft bereits seit 1886 am Markt. Auf Frankreich entfallen rund 45 Prozent der Risiken, auf Europa 28 Prozent, Nordamerika 14 Prozent, Emerging Markets acht Prozent und auf Asien fünf Prozent. Die Marktanteile liegen in Frankreich für Hypothekenkredite bei rund zehn Prozent und für Einlagen bei neun Prozent.





Europa Top-Picks von Barclays, Nummer vier: SAP SE (BP, WKN: 716460, 79,14 Euro)



Nach einem vorangegangenen Höhenflug hatte auch der SAP-Aktie die geplatzte Blase in den Bereichen Technologie, Telekom und Internet in den Jahren nach der Jahrestausendwende zugesetzt. Doch im Verlauf des Jahres 2002 wurde dann wieder ein langfristiger Aufwärtstrend aufgenommen. Dieser hat bis heute bestand, wie in diesem Jahr markierte Mehrjahreshochs untermauern. Das Chartbild sieht dadurch bei dem Dax-Mitglied konstruktiv aus.

Aber auch auf fundamentaler Basis wittert Barclays-Analyst Gerardus Vos noch weiteres Kurspotenzial. Sein Kursziel beträgt 95,00 Euro, was dem Wert theoretisch noch rund 20 Prozent Luft nach oben lässt. Das Anlageurteil lautet auf Übergewichten, wobei die Industrie mit neutral eingestuft ist. Im Idealfall könnte die Notiz auch bis auf 115 Euro steigen, aber dafür müsste die Konjunktur mitspielen. Das maximale Abwärtsrisiko beziffert Vos auf 60 Euro, doch dafür müsste auf der Produktebene schon einiges schief laufen.

Genau in dieser Hinsicht ist Barclays aber optimistisch gestimmt für den deutschen Software-Konzern. Als großer Pluspunkt wird die Entwicklungsplattform S/4HANA bezeichnet. Der Zyklus dieses SAP-Produkts trete in eine Phase ein, in dem es auf breiter Basis angenommen werde und die Entwicklung hin zu größeren Unternehmenskunden tendiere. Gleichzeitig rücke das Ende des Ausbaus der Cloud und die Rationalisierung des Datenzentrums näher. Somit dürfte SAP sich auf eine Phase mit perfekten Rahmenbedingungen zubewegen. Dazu zähle eine Wiederbelebung des Lizenzgeschäfts, eine anhaltend gute Entwicklung bei den Cloud-Lösungen und steigende Gewinnspannen.

Dazu passt, dass Finanzvorstand Luka Mucic in einem Interview mit Börse Online unlängst sagte, dank der Fortschritte im Cloud-Geschäft sei ab 2018 von einem deutlich erhöhten Wachstumstempo auszugehen. Dann solle das bereinigte Betriebsergebnis um jahresdurchschnittlich sechs bis neun Prozent zulegen, bis 2017 dürfte diese Rate bei drei bis fünf Prozent liegen. Die Barclays-Analysten sehen den Gewinn deutlich steigen.

Nur große Fusionen/Übernahmen könnten dieses Bild trüben. SAP habe allerdings in dieser Hinsicht Disziplin bei der Fokussierung auf kleine, zu SAP passende Unternehmen gezeigt. Für 2016 geht Vos von einer Verbesserung beim Ergebnis je Aktie von 3,77 Euro auf 4,09 Euro aus. Für 2017 kalkuliert er mit 4,66 Euro und für 2018 mit 5,17 Euro.

Durch die jüngsten Kursgewinne sei der früher übliche Bewertungsaufschlag gegenüber dem DAX zwar weitgehend wieder aufgeholt, verglichen mit den europäischen Branchenkonkurrenten sei aber noch immer Nachholbedarf bei der Bewertung zu konstatieren, heißt es.

Portrait: SAP bezeichnet sich selbst im Bereich Unternehmensanwendungen weltweit als der umsatzstärkste Anbieter von Software und Softwareservices. Gemessen an der Marktkapitalisierung stuft man sich weltweit als der drittgrößte unabhängige Softwarehersteller ein. Die Walldorfer haben 320.000 Kunden in 190 Ländern und bedient werden diese Kunden von fast 80.000 Mitarbeitern. Der Jahresumsatz im Geschäftsjahr 2015 belief sich auf 20,8 Milliarden Euro und den Angaben zufolge sind 87 Prozent der Forbes-Global-2000-Unternehmen SAP-Kunden.





Europa Top-Picks von Barclays, Nummer fünf: BWM AG (BP, WKN: 519000, 77,00 Euro)



Neben SAP ist mit BMW auch noch ein zweiter deutscher Titel in den europäischen Top-Picks von Barcalys enthalten. Anders als SAP ist dieses DAX-Mitglied derzeit aber noch weit entfernt von dem Rekordhoch, das im März 2015 bei 122,60 Euro aufgestellt worden ist. Der seitdem aufgenommene Abwärtstrend ist nach wie vor intakt, weil sich die Notiz aber deutlich vom Jahrestief gelöst hat, besteht nach wie vor die Hoffnung auf bald wieder bessere Kurszeiten. Eindeutige Chartsignale dafür lassen aber noch auf sich warten.

Den Aktienkurs des Premiumautobauers halten jene Faktoren zurück, die auch andere Auto-Hersteller belasten. Dazu zählen die Sorgen um den Zustand der Weltkonjunktur, die Verunsicherung darüber, ob die Verkäufe in den USA ihren Höhepunkt nicht überschritten haben, aber auch ganz allgemeine Überlegungen wie die Frage, wie sich wohl neue aufstrebende Konkurrenten wie Tesla oder der erwartete Trend hin zu selbstfahrenden Autos auf die Geschäfte der einzelnen Anbieter auswirken werden.

Gründe wie diese spielen sicherlich dabei eine Rolle, dass Barclays die Autoindustrie insgesamt unter Anlageaspekten nur mit neutral einstuft. BMW kommt verglichen damit aber deutlich besser weg. Der Titel ist mit einem Übergewichten-Urteil versehen und er wird als Top-Pick aus dem Sektor bezeichnet. Das Kursziel beträgt 96,00 Euro. Um diese Zielvorgabe zu erreichen müsste die Notiz um fast 25 Prozent zulegen.

Läuft alles bestens seien sogar Kurse von 125,00 Euro drin, heißt es. Im schlechtesten Fall seien dagegen Kurse von 55,00 Euro denkbar. Doch dazu dürfte es nur kommen, wenn die Verkaufsvolumen ähnlich stark fallen sollten wie 2009, die Preise verfallen oder etwa die Gewinne in China um rund 20 Prozent fallen sollten.

Laut Barclays-Analystin Kristina Church lasten die zuvor erwähnten Gründe auf dem Aktienkurs von BMW. Doch die Sorgen seien übertrieben, weil sie die Qualität des Geschäftsmodells ebenso unterschätzen würden wie die Fortschritte die das Management dabei gemacht haben, den Produktzyklus auszugleichen. Es bestünden zwar Risiken, aber die im zweiten Quartal in einem bereits schwierigen Umfeld erwirtschafteten Gewinnspannen untermauerten die Fähigkeiten, mit Schwierigkeiten zurechtzukommen.

Auch auf Herausforderungen wie jene durch Tesla seien die Münchener bereits gut vorbereitet. Außerdem erinnert Church an eine starke Produktpipeline, an günstige Refinanzierungsmöglichkeiten sowie an einen verfügbaren Geldberg von 16,5 Milliarden Euro. Die unterstellte Gewinnreihe beinhaltet leicht anziehende Ergebnisse. Für 2016 sieht Church den Gewinn je Aktie bei 9,90 Euro nach 9,70 Euro im Vorjahr und im Jahr 2017 dann bei 9,99 Euro. Auf dieser Basis ergibt sich locker ein lediglich einstelliges KGV.

Portrait: Der deutsche Autobauer BMW ist eigenen Aussagen zufolge der einzige Hersteller von Automobilen und Motorrädern weltweit, der sich mit allen Marken ausschließlich auf das Premium-Segment konzentriert. Diese Fokussierung geschieht mit den drei Marken BMW, MINI und Rolls-Royce Motor Cars. Von der Entwicklung über die Produktion bis hin zur Vermarktung gilt dabei eine klare Orientierung am Premium-Anspruch. Eine Strategie, die laut der eigenen Zielsetzung klar auf profitables Wachstum abzielt.