Am Montag ist Zahltag. RWE muss 6,8 Milliarden Euro in einen staatlichen Fonds überweisen. Dafür übernimmt der Bund den radioaktiven Atommüll.

Woher nimmt der Dax-Konzern, der im vergangenen Jahr 5,7 Milliarden Euro Verlust machte, dieses Geld? 2014/2015 hatte der Versorger die Öl- und Gastochter Dea für 5,3 Milliarden Euro verkauft. Durch den Börsengang der Ökostromtochter Innogy nahmen die Essener 2,6 Milliarden Euro ein. Lob dafür kommt von der DZ-Bank: "Die Auslagerung der Atommüllrückstellungen hat RWE mit dem erfolgreichen Börsengang von Innogy besser gemeistert als erwartet," schreibt Analyst Werner Eisenmann in einer Studie vom vergangenen Freitag.

Die Konkurrenten Eon, EnBW und Vattenfall müssen ebenfalls in den staatlichen Entsorgungsfonds einzahlen - insgesamt rund 24 Milliarden Euro. Mit rund 10 Milliarden Euro übernimmt der Wettbewerber Eon am meisten. Spätestens Ende 2022 werden alle Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet.

Sonderdividende durch Rückerstattung der Atomsteuer



RWE hat kürzlich auch Geld vom Staat bekommen: 1,7 Milliarden Euro. Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang Juni entschieden, dass die Brennelementesteuer verfassungswidrig sei. Insgesamt sechs Milliarden Euro plus Zinsen müsse der Bund zurückzahlen.

615 Millionen Euro davon sollen nach zwei ausgefallenen Ausschüttungen in Folge als Sonderdividende an die Anleger gehen. Den Rest will der Konzern nutzen, um Schulden abzubauen.

Zunächst aber muss der Versorger sparen. Denn bislang ist RWE auf die Dividende von Innogy - zuletzt rund 680 Millionen Euro - angewiesen, um überhaupt Gewinne zu erzielen. "Wir sind mit den Erträgen hochzufrieden. Doch man muss langfristig auch beachten, dass in dieser Abhängigkeit ein großes Klumpenrisiko liegen kann," sagte RWE-Chef Rolf Martin Schmitz kürzlich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. An Innogy halten die Essener seit dem Börsengang im Herbst des vergangenen Jahres noch 77 Prozent. Der Verkauf weiterer Anteile sei nicht ausgeschlossen, sagte er.

Der Konzern wolle auch zukaufen - in Deutschland, Großbritannien oder den Benelux-Ländern. Einen konkreten Übernahmekandidaten hielt er sich dabei offen. Der Eon-Tochter Uniper erteilte er eine Absage.

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Warum der Kurs der RWE-Aktie fällt



Die RWE-Aktie lieferte sich mit der Lufthansa ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Dax-Spitze im ersten Halbjahr. Doch kurz vor Schluss fiel das Papier acht Tage in Folge um knapp 13 Prozent - und die Lufthansa-Aktie überholte. Die RWE-Aktie wirft seit Januar einen Aufschlag von rund 48 Prozent ab.

Warum der Kurs in letzter Zeit zurückgegangen ist, erklärt Eisenmann. Zunächst habe sich die Übernahmefantasie um die Tochter Innogy abgeschwächt. Im Mai gab es Gerüchte, dass der französische Energiekonzern Engie Interesse daran habe. Konzern-Chefin Isabelle Kocher dementierte jüngst.

Auch die Ankündigung der Sonderdividende konnte den Kurs nicht stützen. Es wäre sinnvoller gewesen, das gesamte Geld zur Sanierung der Bilanz zu verwenden, schreibt der Experte.

Zudem habe sich die Erwartung an die Zinswende negativ im Kurs niedergeschlagen. Versorger-Aktien sind traditionell zinssenstiv. Denn durch steigende Zinsen werden Papiere von defensiven Sektoren weniger attraktiv. Zudem kosten die Schulden der Unternehmen mehr. Doch steigende Zinsen haben auch einen positiven Effekt auf die Bilanz: Die Unternehmen müssen für die künftigen Pensionsverpflichtungen weniger zurücklegen. Dieser Aspekt werde bislang vom Markt ignoriert, glaubt Eisenmann.

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Einschätzung der Redaktion



RWE profitiert vom steigenden Kurs der Tochter Innogy. Übernahmespekulationen trieben zuletzt. Auch in Zukunft werden solche Gerüchte wohl kaum verstummen.

Für das laufende Geschäftsjahr stellte Schmitz den Aktionären eine Dividende von mindestens 50 Cent je Papier in Aussicht. "Von 2019 an wird RWE aus dem eigenen Kerngeschäft wieder Dividende erwirtschaften," kündigte er an. Sehr wenig im Vergleich zu klassischen Dividendenpapieren wie der Allianz-Aktie mit einer Dividendenrendite von 4,39 Prozent - jedoch mehr als in den vergangenen beiden Jahren, als die Dividende ganz ausgefallen ist. Der Wettbewerber Eon zahlte 2016 mit 21 Cent ebenfalls sehr wenig, Anleger erzielten damit 2,54 Prozent.

RWE belasten die niedrigen Strompreise. Jeder Euro, den die Megawattstunde Strom billiger werde, koste den Konzern 80 Millionen Euro, sagte Schmitz. Vor allem der subventionierte Ökostrom drücke auf den Preis. "Wir brauchen mindestens 28 Euro je Megawattstunde, damit wir kein Geld verbrennen." Am Montag kostet eine Einheit rund 32 Euro. Käme es infolge einer sogenannten Dunkelflaute - wenn Sonne oder Wind nicht stark genug sind - zu Engpässen, könnte RWE davon profitieren, schreibt Eisenmann.

Charttechnisch ist die RWE-Aktie angeschlagen. In den vergangenen sechs Monaten ist das Papier gut gelaufen. Die Korrektur im Dax drückt auch auf die RWE-Aktie: Anleger hatten Gewinne mitgenommen - In den vergangenen drei Wochen fiel der Kurs um gut 13 Prozent. Das Papier testet derzeit die Unterstützung bei 17,50 Euro. Dort verläuft die 50-Tage-Linie. Wenn diese Schwelle fällt, wäre ein weiterer Rückgang bis auf 16 Euro möglich. Vorsichtige Anleger warten zunächst ab, ob die Unterstützung hält.

Empfehlung: Beobachten.
Stoppkurs: 17,00 Euro
Kursziel: 20,00 Euro