Der Walldorfer Softwarekonzern SAP hängt so stark am US-Markt wie kaum ein anderer deutsche Konzern. Rund 30 Prozent des Umsatzes macht das Unternehmen zwischen New York und San Francisco und gut 28 Prozent seines operativen Geschäfts. Wenn der Euro gegenüber dem Dollar schwächelt, kann das ein schöner Hebel sein, wie die heute veröffentlichten Zahlen zum ersten Quartal offenbaren. Danach legte der um Sondereffekte bereinigte Umsatz um satte 22 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro zu, das bereinigte operative Ergebnis kletterte um 15 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro. Rechnet man die Währungseffekte raus, bleibt noch ein Umsatz-Plus von zehn Prozent, beim operativen Ergebnis steht dann gar ein Minus von zwei Prozent.

Investoren waren dennoch zufrieden. Mit einem Plus von rund drei Prozent lag die Aktie heute an der Dax-Spitze. Die Gründe dafür sind klar:

1. SAP hat zum Jahresauftakt im wichtigen Cloud-Geschäft den Umsatz mit 509 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Analysten hatten den Walldorfern dagegen lediglich 484 Millionen Euro zugetraut.

2. Bei den wichtigen Software-Lizenzen schaffte der Konzern 696 Millionen Euro. Die Konsensschätzung lag dagegen bei gerade 644 Millionen. Die klassischen Softwareverkäufe sind besonders wichtig, weil sie später Service- und Wartungserlöse nach sich ziehen.

3. Zudem winkt weiter Rückenwind von der Währungsseite. Wenn der Euro auf dem aktuellen Niveau bleibt , dürfte das operative Ergebnis um zehn bis 13 Prozent höher ausfallen als zunächst gedacht, erklärte das Unternehmen heute. Nach der Ende Januar veröffentlichten Prognose peilt Europas größtes Softwarehaus für 2015 beim Betriebsergebnis 5,6 bis 5,9 Milliarden Euro an. Gegenüber dem Vorjahr wäre das eine Spanne von null bis rund sechs Prozent. Dank des schwachen Euro könnten es nun spürbar mehr werden.

Die Schwachpunkte im Zahlenwerk



Allerdings zeigt das Zahlenwerk auch paar Schwachpunkte. Die Kosten legten zum Jahresauftakt um satte 13 Prozent auf 3,45 Milliarden Euro zu. Darin spiegelten sich vor allem die hohen Investitionen ins Personal, erklärte SAP-Finanzvorstand Luka Mucic in einem Interview gegenüber BÖRSE ONLINE.

Um den Umbau in Richtung Cloud zu stemmen, hatte der Konzern im Vorjahr 2200 zusätzliche Stellen geschaffen. Außerdem sind mit den Akquisitionen von Fieldglass und Concur rund 5000 Mitarbeiter zusätzlich an Bord gekommen. Dazu belasten weitere Investitionen wie der Bau neuer Rechenzentren. Das drückt zunächst auf die Marge - schlägt sich entsprechend im Nettoergebnis nieder. Nach den entsprechenden Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) schrumpfte der Gewinn im ersten Quartal gleich um satte 23 Prozent auf 413 Millionen Euro.

Analysten waren dennoch zufrieden. "Das waren solide Zahlen", urteilte etwa Citi-Software-Analyst Walter Pritchard, in einer ersten Stellungnahme. Investoren sahen das ähnlich.

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Einschätzung der Redaktion



SAP ist operativ prima unterwegs. Zwar sind die Kosten wegen der Akquisitionen und des Umbaus in Richtung Cloud zuletzt kräftig gestiegen. Aber im wichtigen Kerngeschäft mit dem Verkauf von Software-Lizenzen läuft das Geschäft unerwartet ordentlich. Und in der Cloud räumen die Walldorfer derzeit sogar richtig ab. Dazu kommt der Rückenwind von der Währungsseite. Er dürfte im laufenden Jahr für weiteren Rückenwind sorgen.

Auch charttechnisch ist das Papier wieder interessant. Der jüngste Aufwärtstrend ist intakt. Die Aktie notiert heute auf einem 15-Jahreshoch. Kurzfristig ist nun weiter Luft bis zum oberen Ende des Aufwärtstrendkanals bei 71 bis 72 Euro. Spekulative Anleger setzen darauf, dass die Marke fällt. Wir stufen die Aktie von Halten auf Kaufen hoch. Unser Kursziel: 78 Euro. Stopp: 63 Euro.