Deutliche Verluste beim Euro haben den DAX am Freitag auf ein neues Rekordhoch von über 12 300 Punkten getrieben. Allein seit Montag hat die Gemeinschaftswährung fast vier US-Cent eingebüßt, am Freitag notierte sie auf dem tiefsten Stand seit mehr als drei Wochen. Der Euro leidet vor allem unter der ultralockeren Geldpolitik der EZB, während sich in den USA eine erste Zinserhöhung seit zehn Jahren anbahnt. Ein niedriger Eurokurs kurbelt die Geschäfte deutscher Exportunternehmen an. Weitere Stützen für den DAX sind die gute Konjunktur in Deutschland und das billige Öl, das Unternehmen entlastet und die Kaufkraft der Konsumenten stärkt. Zu den größten Gewinnern zählten am Mittag Deutsche Börse, Fresenius und Deutsche Post.

Während der DAX 2015 von einem Hoch zum nächsten eilt, hinkt die Wall Street hinterher. Mit Spannung wird daher der Verlauf der nun gestarteten US-Berichtssaison für das erste Quartal verfolgt. Fällt sie gut aus, könnte dies dem Markt zusätzliche Impulse verleihen.

Der Aluminiumkonzern Alcoa legte durchwachsene Zahlen vor. Mit seinem Gewinn übertraf er die Erwartungen, enttäuschte aber beim Umsatz. Im Gegensatz zur deutschen Wirtschaft, die von der Euroschwäche profitiert, leiden viele US-Konzerne unter dem Höhenflug des Dollars. Erstmals seit Langem werden US-Konzerne zum Teil deutliche Ertragseinbußen einfahren. Allerdings, und das ist das Entscheidende für die Kurse: Unerwartet kommt der Einbruch nicht. Die Analysten haben ihre Erwartungen stark heruntergeschraubt. So wird für den S & P-500-Index mit einem deutlichen Gewinnrückgang gerechnet - mit Ausnahme der Finanzwerte, für die steigende Erträge erwartet werden. Vor allem der Ölsektor zieht die Gewinne nach unten. Ein Gewinneinbruch von bis zu 70 Prozent dürfte aber in den Kursen bereits berücksichtigt sein. "Neben den Banken und der Technologiebranche sollte die Ölindustrie positiv überraschen", glaubt Börsenexperte Markus Koch. "Insgesamt sollte die US-Berichtssaison schlecht, aber nicht katastrophal ausfallen."

Auch LBBW-Analyst Uwe Streich erwartet zwar schwache Ergebnisse. "In Summe wird die Berichtssaison aber eher positiv überraschen. In den Erwartungen steckt mehr Pessimismus als nötig." Erste Zahlen des Datendienstleisters Thomson Reuters scheinen diese These zu belegen. Vier Fünftel der US-Unternehmen, die ihre Zahlen für das erste Quartal bereits vorgelegt haben, liegen beim Gewinn über Erwartung.

Bankhaus-Lampe-Experte Ralf Zimmermann rechnet ebenfalls damit, dass viele US-Unternehmen die Analystenschätzungen übertreffen werden - dabei allerdings zunehmend auf Buchhaltungskünste zurückgreifen müssten.

Als Beispiel führt er Alcoa an. Zwar stand bei dem Rohstoffkonzern im ersten Quartal unter dem Strich ein Plus von 195 Millionen Dollar, nach einem Minus von 178 Millionen Dollar im Vorquartal. "Nur der um Einmaleffekte bereinigte Gewinn lag bei Alcoa über den Erwartungen", so Zimmermann. "Der berichtete Gewinn dagegen unter den Erwartungen." Da Firmen regelmäßig umstrukturierten, könne von "einmalig" nicht die Rede sein.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer rechnet damit, dass die USKonjunktur im Frühjahr wieder an Schwung gewinnen wird, da temporäre Faktoren wie der strenge Winter dann wegfielen.