Europäische Versicherungsaktien haben an der Börse schon bessere Zeiten als aktuell erlebt. Von den im Februar markierten Zwischentiefs konnten sich die Notierungen zwar lösen, für 2016 steht bisher aber nach wie vor ein Minus angeschrieben. Der zum Redaktionsschluss bei 223,585 Punkten gehandelte EURO STOXX Insurance MS Kursindex bewegt sich letztlich momentan auf einem nur bereits Anfang 2014 erreichten Niveau.

Die in dieser Zeit erreichte Performance deckt sich zwar weitgehend mit dem DAX Kursindex, aber die Langfrist-Entwicklung ist schon enttäuscht. Schließlich weist der EURO STOXX Insurance MS Kursindex gegenüber dem im Jahr 2000 bei 481,26 Punkten aufgestellten Schlussrekord noch immer einen Abschlag von mehr als 50 Prozent auf.

Die aktuelle Ausgangslage für das operative Geschäft der europäischen Versicherungen wird auch dadurch nicht gerade leichter, dass auf dem erreichten tiefen Renditeniveau weitere Rückgänge und damit steigende Anleihekurse, die den Rentenportfolios helfen würden, relativ unwahrscheinlich sind. Gleichzeitig drücken aber die extrem niedrigen Zinsen die Rentabilität von Neuanlagen.

Auch die Analysten der Deutschen Bank räumen ein, dass sich das Geschäftsumfeld wenig inspirierend präsentiert. Das gelte auch für die Erstquartalszahlen, die bei den meisten Branchenvertretern Druck auf den Ergebnissen gezeigt hätten. Das wiederum habe sich auch auf die Solvabilitätskennziffern niedergeschlagen, auch wenn diese insgesamt noch relativ robust seien. Gleichzeitig stuft man aber ausgewählte Titel aus dem Sektor hinsichtlich ihrer Bewertung als ziemlich werthaltig ein. Eine Studie zu den Aktien europäischer Versicherer ist deshalb mit dem Titel "Unbeliebt, aber günstig" versehen.

Aufgrund fehlender absehbarer Kurskatalysatoren wird der Sektor allgemein mit "neutral" eingestuft. Speziell bei vier europäischen Versicherungsaktien, die als Top-Picks bezeichnet werden, wittert man aber Kurschancen. Börse Online stellt diese vier Werte zusammen mit den Gedanken der Analysten der Deutschen Bank auf den nachfolgenden Seiten etwas näher vor.



Auf Seite 2: Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer eins





Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer eins: Aviva Plc. (WKN: 854013, 4,41 britische Pfund, 5,62 Euro, alle Angaben beziehen sich auf den Stand vom 08. Juni 2016)



Zu den Branchenvertretern, die in den vergangenen Jahren keinen leichten Stand bei den Börsianern hatten, zählt mit Aviva einer der größten Versicherungskonzerne weltweit. Der Aktienkurs der Briten notiert nicht nur deutlich unter den Höchstkursen aus den Jahren 2002 und 2007, sondern auch für 2016 steht bisher ein Minus zu Buche. Der Chart bewegt sich im Niemandsland und solange sich daran nichts ändert, fehlt es zumindest charttechnisch gesehen an einem Kaufsignal.

Die Analysten der Deutschen Bank sind dennoch zuversichtlich für den Titel gestimmt. Die Aktie ist mit einer Kaufempfehlung gesehen und Aviva wird als einer von vier europäischen Versicherungs-Top-Picks bezeichnet. Als Kursziel werden 6,10 Pfund genannt, was sich immerhin um 38,3 Prozent über den aktuell gültigen Notierungen bewegt.

Damit die Kurszielvorgabe aufgeht, müssen die zuletzt von den Unternehmen vorgenommenen Umstrukturierungsmaßnahmen und der erfolgte Konzernumbau die erhoffte Wirkung zeigen. Vorstandschef Mark Wilson sagte dazu bei der Vorlage der Geschäftszahlen für 2015 folgendes: "Wir haben bei der Effizienz gute Fortschritte gemacht und unsere Bilanz ist stark sowie widerstandsfähig. Um unser volles Potenzial auszuschöpfen müssen wir aber noch mehr tun. Dazu zählt auch ein konstantes, verlässliches Wachstum auf der Ergebnisseite und bei den Dividenden."

Die Analysten der Deutschen Bank scheinen an ein Einlösen dieses Vorhabens zu glauben. Zumindest legen diesen Eindruck die Schätzungen für Aviva nahe. So wird beim Gewinn je Aktie für 2016 mit 33,7 Pence nach 22,3 Pence im Vorjahr gerechnet. 2017 sollen es dann 42,1 Pence werden und 2018 sogar 48,9 Pence. Zieht man das übernächste Jahr als Basis heran, ergibt sich ein moderates KGV von rund neun.

Zuversicht herrscht auch mit Blich auf die Dividende. Nach 20,8 Pence je Aktie für 2015 soll der Ausschüttungssatz den Prognosen zufolge für die Geschäftsjahre 2016 bis 2018 von 23,5 Pence über 27,5 Pence bis auf 30,4 Pence steigen. Am Ende der genannten Zeitreihe würde sich die Dividendenrendite somit auf ansehnliche 6,89 Prozent belaufen.

Damit die Anleger bei der Aktie aber wieder öfter anbeißen als zuletzt, sollte das Management aber einige offene Fragen beantworten. Dazu gehört es, wie mit dem Niedrigzinsumfeld und der gestiegenen Marktvolatilität erfolgreich umgegangen werden kann. Außerdem wäre es wichtig, wenn der sich noch immer über dem Branchenschnitt bewegende Verschuldungsgrad weiter verringert werden könnte.



Auf Seite 3: Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer zwei





Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer zwei: AXA S.A. (WKN: 855705, 21,56 Euro)



Weitgehend identisch mit der Entwicklung der Aviva-Aktie hat sich interessanterweise seit Ende 2008 der Kurs der Anteilsscheine von AXA geschlagen. Die Performance gibt sich hier nicht viel, obwohl beide Gesellschaften ein etwas anderes Profil aufweisen und auch aus verschiedenen Ländern kommen.

Die französische AXA zählt sich mit den im Jahr 2015 erzielten Einnahmen von 98,5 Milliarden Euro im Bereich Versicherung zur Weltspitze und das gilt aus eigener Sicht auch für das Asset Management, das 2014 ein Vermögen von 1.36 Billionen Euro verwaltete. Mit rund 161.000 Mitarbeitern und Vermittler werden weltweit 103 Millionen Kunden in 59 Ländern betreut.

Was Ausschüttungen und Ergebnisse angeht, rechnet die Deutsche Bank bei AXA mit geringeren Steigerungsraten als bei Aviva, aber immerhin werden auch hier jeweils Zuwächse prognostiziert. So wird bei der Dividende nach 1,10 Euro je Aktie für das abgelaufene Geschäftsjahr für 2016 mit 1,15 Euro kalkuliert. Kommendes und übernächstes Jahr sollen es dann 1,21 Euro und 1,29 Euro werden. Für 2018 würde sich damit die Dividendenrendite bei 5,98 Prozent bewegen.

Beim angepassten Gewinn je Aktie sehen die Prognosen wie folgt aus: 2,35 Euro für 2016 nach 2,34 Euro im Vorjahr, 2,45 Euro für 2017 und 2,59 Euro für 2018. Zieht man auch in diesem Fall wieder das übernächste Jahr als Berechnungsgrundlage zu Rate, dann würde sich das KGV ist geschätzten 8,3 im einstelligen Bereich bewegen.

Mit Spannung blicken die in dem Segment aktiven Marktteilnehmer auf den 21. Juni. An diesem Tag hält AXA einen Investorentag ab und nach Auslaufen des Programms AXA-Ambition wird ein Strategie-Update erwartet. Die Deutsche Bank geht von der Vorlage eines neuen Fünfjahresprogramms aus und davon, dass der neue Vorstandchef erste Duftmarken setzen wird, die Überraschungen beinhalten könnten. Eventuell komme es vielleicht sogar zu einer Erhöhung der Gewinnziele.

Im Vorfeld stuft Deutsche Bank-Analyst Oliver Steel die Aktie als Kauf ein und als Kursziel nennt er 27,50 Euro, ein Zielwert, der im April leicht von 27,20 Euro angehoben wurde. Gemessen an der aktuellen Notiz ergibt sich daraus theoretisch ein Aufwärtspotenzial von 27,55 Prozent. Der Titel werde auf Basis der für 2017 prognostizierten Ergebnisse mit einem Abschlag von rund zehn Prozent gegenüber Allianz gehandelt und mit einem Discount von rund 14 Prozent gegenüber dem Sektor.



Auf Seite 4: Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer drei





Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer drei: Legal & General Group Plc. (WKN: 851584, 2,34 britische Pfund, 2,97

Euro)

Ein wirklich krasses Comeback haben die Aktien von Legal & General seit März 2009 auf das Börsenparkett gezaubert. Denn damals wurde der Titel nach einem extremen Ausverkauf im Tief mit 0,23 Pfund nur noch als Penny-Stock gehandelt. Danach hat sich die Notiz aber sogar wieder auf neue Rekordhöhen erholt, wobei sich zuletzt aber eine Seitwärtstendenz breit gemacht hat.

Im Tagesgeschäft bietet das in London ansässige Unternehmen Lebens- und Krankenversicherungen sowie Renten - und weitere Versicherungen an. Der Aktienkurs dürfte zuletzt dadurch zurückgehalten worden sein, dass die Zahlen für 2015 speziell bei der Eigenkapitalquote nicht alle Erwartungen erfüllten. Aber wenigstens kam der operative Gewinn um 14 Prozent auf 1,46 Milliarden Pfund voran und die Gesamtdividende wurde auf 13,4 Pence je Aktie angehoben. Außerdem dürfte am Markt auch darauf gewartet werden, wer als Chairman John Stewart ersetzen wird, der am 01. Juni in den Ruhestand gehen wird.

Die Deutsche Bank erhofft sich ansonsten von dem Unternehmen Antworten auf die Frage, wie man auf die von den Marktteilnehmern gezeigte Enttäuschung über die für das Vorjahr gemeldeten Solvabilitätskennziffern reagieren will. Außerdem würde man gerne wissen, ob es nach den in den vergangenen Jahren bereits getätigten Aufräumarbeiten in dieser Hinsicht noch weitere Pläne gibt.

Etwas mehr Informationen hätten die zuständigen Analysten außerdem zur Dividendenpolitik. Im Vergleich mit der Konkurrenz wird die Ausschüttungsquote als hoch bezeichnet und man würde gerne wissen, welche Parameter die gewählte Quote beeinflussen. Nichtsdestotrotz geht die Deutsche Bank von weiter steigenden Zahlungen aus. Nach 13,40 Pence für 2015 wird für das Geschäftsjahr 2016 von 14,45 Pence je Aktie ausgegangen. Der Ausschüttungssatz für 2017 wird zudem auf 15,50 Pence taxiert und für 2018 auf 16,56 Pence. Stimmt diese Prognose, würde sich die Dividendenrendite für das übernächste Jahr bei 7,08 Prozent bewegen.

Auch beim voll verwässerten Gewinn je Aktie wird mit Zuwächsen gerechnet. Für 2016 wird von 19,9 Pence nach 18,0 Pence im Vorjahr ausgegangen. Für 2017 und 2018 bewegen sich die Schätzungen dann bei 22,3 Pence und bei 24,1 Pence. Nimmt man erneut die Prognose für 2018 als Maßstab, ergibt sich ein geschätztes KGV von 9,7. Die bestehende Kaufempfehlung für diesen Titel ist mit einem Kursziel von 2,98 Pfund versehen. Eine Vorgabe, die ein Kurspotenzial von 27,35 Prozent verspricht.



Auf Seite 5: Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer vier





Europäische Versicherungs-Top-Picks der Deutschen Bank, Nummer vier: Swiss Re AG (WKN: 851584, 86,90 Schweizer Franken, 79,62 Euro)



Ziemlich dramatisch gestaltet sich auch der langfristige Kursverlauf beim vierten Top-Pick der Deutschen Bank aus dem europäischen Versicherungssektor. Es handelt sich dabei um die Swiss Re, deren Aktienkurs im Zuge der Kreditkrise in den Jahren 208/09 ebenfalls massive abgestürzt war. Seitdem hat sich die Notiz wieder erholt, ohne dass es aber seitdem gelungen wäre, die vor dem Ausbruch der Krise gültigen Kurse hinter sich zu lassen. Stattdessen herrscht auch hier seit Mitte Januar 2015 ein Seitwärtstrend vor.

Keine Impulse gingen letztlich von den für die ersten drei Monate 2016 gemeldeten Ergebnissen aus. Das auf den ersten Blick positiv beurteilte Zahlenwerk habe auf den zweiten Blick doch nicht alle Ansprüche erfüllt. Wie es am Markt hieß, seien die Gewinnerwartungen zwar deutlich übertroffen worden, doch das habe vor allem an Einmalerträgen gelegen. Der deutliche Anstieg der Schaden-Kosten-Quote auf 93,3 von 84,3 wurde sogar direkt negativ bewertet.

Der Rückversicherer, der großen und mittelgroßen Firmenkunden weltweit traditionelle und nicht traditionelle Versicherungslösungen anbietet, hat sich zuletzt in Kauflaune gezeigt. Anfang 2016 wurde von den beiden US-Gesellschaften Independence Holding Company und American Independence das so genannte Stop-Loss-Geschäft für 153 Millionen Dollar gekauft und im September 2015 wurden für den da eingefädelten Kauf des britischen Unternehmens Guardian Financial Services 2,4 Milliarden Franken hingeblättert. Aktuell wird den Schweizern außerdem Interesse an einem Erwerb der britischen Deutsche Bank-Tochtergesellschaft Abbey Life nachgesagt.

Laut den Analysten der Deutschen Bank lasse die Bilanz Spielraum für weitere größere M&A-Aktivitäten. Offen seien aber die Fragen, wie groß ein mögliches Zielobjekt sein dürfe, welche Segmente und welche Regionen bevorzugt werden. Die Bilanz erlaube auch Aktienrückkäufe und bei der Dividende wird für 2016 mit einer Anhebung von 4,50 Franken auf 4,75 Franken gerechnet. 2017 soll es dann einen Ausschüttungssatz von 5,00 Franken geben, der 2018 dann auf einem konstanten Niveau gesehen wird. Werden fünf Franken bezahlt, bewegt sich die Dividendenrendite gemessen am aktuellen Kurs 5,75 Prozent.

Beim erwarteten Gewinn je Aktie ist die Deutsche Bank etwas zurückhaltender. Nach 12,99 Franken im Vorjahr wird für 2016 mit 10,02 Franken je Aktie ausgegangen. Das Ergebnis könnte dann 2017 wieder auf 8,82 Franken fallen, bevor dann 2018 wieder eine kleine Verbesserung auf 9,07 Franken drin sein könnte. Stimmt diese Prognose, würde sich das KGV für 2018 bei unter zehn bewegen. Als Kursziel werden 107,00 Franken aufgerufen. Das liegt immerhin um gut 23 Prozent über den aktuellen Notierungen.